Plastikbesteuerung in Europa
Die Europäische Union hat bereits per 1.1.2021 eine Abgabe („Plastiksteuer“) eingeführt, welche sich nach der Menge an nicht recycelten Kunststoffabfällen richtet, die in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten anfallen. Dabei handelt es sich um Beiträge (Eigenmittel) zum gemeinsamen EU-Haushalt, die von den einzelnen Mitgliedstaaten aufgebracht werden müssen. Dies soll zu einer entsprechenden Reduktion von Kunststoffabfällen und Verminderung der Plastikverschmutzung beitragen. Die „Kunststoffabgabe“ ist von jedem Mitgliedstaat zu entrichten. Einige EU-Länder haben bereits ein Konzept zur Besteuerung von nicht-recycelten Kunststoffabfällen entwickelt und in ihr nationales Recht umgesetzt, um die Abgabe durch zusätzliche Steuereinnahmen zu decken (so nunmehr auch Spanien). Andere Mitgliedstaaten arbeiten noch an derartigen Konzepten für eine Plastikbesteuerung oder zahlen die Abgabe aus ihrer Staatskasse (siehe zu den europäischen Rahmenbedingungen auch bereits unseren NL-Beitrag „INDIREKTE STEUERN | Neue Plastikbesteuerung in Europa!“ vom 21.5.2022).
Die Umsetzung in Spanien
In Spanien wurde mit einem neuen Abfall- und Bodenschutzgesetz vom 8.4.2022 (Ley 7/2022) eine „Plastiksteuer“ zur Besteuerung von Einweg-Kunststoffverpackungen eingeführt, die mit 1.1.2023 in Kraft getreten ist. Besteuert werden nicht wiederverwendbare (nicht recycelbare) Kunststoffverpackungen. Demgegenüber handelt es sich bei wiederverwendbaren Verpackungen um solche, die während ihres gesamten Lebenszyklus‘ mehrfach verwendet werden können.
Steuerpflichtige Unternehmen sind nicht nur jene, die an der Herstellung oder dem Vertrieb von abgabenrelevanten Verpackungen beteiligt sind, sondern auch alle Importeure und innergemeinschaftlichen Erwerber von nicht recycelbaren Kunststoffverpackungen in Spanien.
Die Steuer wird im gesamten spanischen Hoheitsgebiet (einschließlich Ceuta, Melilla und den Kanarischen Inseln) erhoben.
Umfang der Plastikbesteuerung
Der spanischen Plastiksteuer unterliegen:
- Nicht wiederverwendbare Verpackungen, die Kunststoff enthalten.
- Kunststoffhalberzeugnisse, die für die Herstellung von Verpackungen bestimmt sind (Vorformlinge, thermoplastische Folien).
- Kunststoffprodukte, die es ermöglichen, Verpackungen zu verschließen, zu vermarkten oder zu präsentieren.
Unter „Verpackung“ werden nach der spanischen Regelung nicht nur Primär- oder Verkaufsverpackungen sondern auch Sekundär- oder Sammelverpackungen sowie Tertiär- oder Transportverpackungen verstanden. Produkte, die mehr als ein Material enthalten, werden auf Grundlage des Gewichtes des enthaltenen Kunststoffs besteuert. Besteht eine Verpackung nur zum Teil aus zu besteuerndem Kunststoff, wird genau dieser Anteil besteuert.
Der Erlass der spanischen Finanzverwaltung sowie die dazu ergangenen FAQs enthalten eine umfassende Liste mit Beispielen von Produkten, welche in den Anwendungsbereich der neuen Plastikbesteuerung fallen, sowie eine Liste mit Produkten, welche von der Steuer befreit sind.
In den Anwendungsbereich der Plastiksteuer fallen unter anderem:
- Plastiktaschen, die für verschiedene Zwecke verwendet werden ( zB Einfrieren von Lebensmitteln, Vakuumverpackungen, Versand, Windeln, Lebensmittel);
- Tetra-Paks;
- Einwegplastikgeschirr (Teller, Gläser, Krüge, Tassen, Gläser) und Strohhalme;
- Blister Verpackungen, Schachteln, Kisten und dergleichen, die ein einzelnes Produkt bzw. ein Sortiment von Produkten enthalten;
- Flaschen mit verschiedenen Produkten (Apotheke/Drogerie, Schreibwaren, Lebensmittel usw.);
- Einzeldosisbehältnisse für Lebensmittel, Apotheken/Drogerie- oder Parfümerieprodukte oder für Proben zu Werbezwecken, auch wenn diese nachgefüllt und wiederverwendet werden können;
- Maschen oder Netze (zB für Obst oder Spielzeug);
- Sterilbarrieresysteme (Beutel, Schalen und Materialien, die zur Erhaltung der Sterilität eines Produkts erforderlich sind);
- Deckel und Verschlüsse von Einwegbehältern, unabhängig vom Material, aus dem der Behälter besteht.
Außerdem sind zB auch folgende Sekundär- und Tertiärverpackungen umfasst:
- Kunststoffringe, die Einheiten einer Verpackung (zB Getränkedosen) zusammenhalten;
- Diverse Filme, Folien und andere Umhüllungen;
- Verpackungsprodukte wie Packband, Luftposterfolie oder Palettenhüllen
Es sind jedoch auch einige Befreiungstatbestände vorgesehen: Demnach sind Kunststoffverpackungen mit Verwendungszwecken für Arzneimittel, Medizinprodukte, Säuglings- und Kindernahrung von der Plastiksteuer ausgenommen. Eine wesentliche Ausnahme stellt die Befreiung der Einfuhr bzw des innergemeinschaftlichen Erwerbs von Verpackungen dar, deren Gesamtgewicht an nicht recycelbarem Kunststoff den Schwellenwert von fünf Kilogramm pro Monat nicht überschreitet.
Höhe der Steuer
Die Steuer wird in Höhe von 0,45 EUR pro Kilogramm der nicht recycelbaren Kunststoffverpackungen angesetzt. Steuerbemessungsgrundlage ist die in Kilogramm ausgedrückte Menge an Einweg-Kunststoffverpackungen.
Buchführungspflichten
Laut Erlass der spanischen Finanzverwaltung ist die verpflichtende Führung von Bestandsaufzeichnungen durch den Hersteller und den Erwerber für das erste Halbjahr 2023 sistiert. Die erforderlichen Daten sind der spanischen Behörde elektronisch bis Ende Juli 2023 zu übermitteln.
Laufende Abwicklung
Die spanische Behörde hat für die Übermittlung der Erklärungen zur Plastiksteuer ein eigenes digitales Tool entwickelt. Für die Abgabe der Steuererklärungen ist eine Anmeldung im spanischen Territorialregister der Sondersteuer auf Einweg-Kunststoffverpackungen erforderlich. Nicht ansässige Steuerpflichtige müssen eine in Spanien ansässige natürliche oder juristische Person als Vertreter für Zwecke der Plastiksteuer nominieren. Diese Benennung muss bereits vor dem ersten Umsatz erfolgen, der einen Steuertatbestand für die neue Steuer darstellt.
Hersteller oder innergemeinschaftliche Erwerber, die der Plastiksteuer unterliegen, müssen je nach Abrechnungszeitraum eine monatliche oder vierteljährliche Erklärung abgeben. Bei Importen wird die Steuer im Rahmen der Zollanmeldung abgewickelt.
Bei Nichteinhaltung der Vorschriften werden seitens der spanischen Behörde Strafen berechnet, deren Höhe sich nach der Art des Versäumnisses richtet.
Nächste Schritte
Allgemein wird erwartet, dass sich die praktische Handhabung der Berechnung und Meldung der Plastiksteuer für die betroffenen Unternehmen komplex und schwierig darstellen wird. Die Unternehmer sollten daher jedenfalls ihr gesamtes Produktportfolio zeitgerecht überprüfen und die zu erwartende Menge an nicht recycelbaren Kunststoffverpackungen feststellen, um die ersten Steuererklärungen im Jahr 2023 korrekt und fristgerecht einreichen zu können.