NEWS  |   |  

UMGRÜNDUNGEN | Verrechnung von MiKöSt-Guthaben beim Rechtsnachfolger

Bestimmte Kapitalgesellschaften haben - ungeachtet eines steuerlichen Gewinns - eine jährliche Mindest(körperschaft)steuer zu entrichten. Diese MiKöSt ist ggfs auch erst auf die Körperschaftsteuerschuld in späteren Gewinnjahren anzurechnen (gemäß § 24 Abs 4 KStG bzw § 24a Abs 4 KStG).  Für den Fall, dass eine über noch unverrechnete MiKöSt-Guthaben verfügende Körperschaft umgründungsbedingt untergeht, stellt sich die Frage, ob und zu welchem Zeitpunkt ein Übergang auf den Rechtsnachfolger erfolgen und in weiterer Folge dort verwertet werden kann. Mit dieser Thematik hatte sich kürzlich der Verwaltungsgerichtshof in einem Verschmelzungsfall (von zwei Gruppenmitgliedern) auseinanderzusetzen, wobei die übertragende und die übernehmende Gesellschaft unterschiedliche Wirtschaftsjahre bzw Bilanzstichtage hatten. Darüber möchten wir Sie im nachfolgenden Beitrag informieren.


​​​​​​​Unbeschränkt steuerpflichtige inländische Kapitalgesellschaften sowie div. andere KöSt-Subjekte haben grundsätzlich für jedes volle Kalendervierteljahr eine „Mindeststeuer“ in bestimmter Höhe zu entrichten (zB 1.750 EUR pa für ältere GmbH, 3.500 EUR pa für AG), die im Sinne einer KöSt-Vorauszahlung auf die tatsächliche Körperschaftsteuerschuld des betreffenden Jahres oder ggfs – bei Verlusten oder zu niedrigen steuerlichen Gewinnen – erst in den Folgejahren anzurechnen ist (§ 24 Abs 4 KStG). Für körperschaftsteuerliche Unternehmensgruppen iS § 9 KStG sind entsprechende Sonderbestimmungen zu beachten (siehe § 24a Abs 4 KStG).

In diesem Zusammenhang ergeben sich insbesondere dann Sonderfragen, wenn ein über noch unverrechnete Mindeststeuern (im Folgenden „MiKöSt-Guthaben“) verfügender Rechtsträger noch vor der MiKöSt-Verrechnung infolge einer Umgründung untergeht und das gesamte Vermögen einer solcherart übertragenden Gesellschaft auf eine übernehmende Gesellschaft als Rechtsnachfolger übergeht. Mit einem derartigen Umgründungsfall – nämlich einer Verschmelzung von zwei inländischen Kapitalgesellschaften (GmbHs, die zudem Gruppenmitglieder einer KöSt-Gruppe waren) hatte sich unlängst der Verwaltungsgerichtshof auseinanderzusetzen:


Verschmelzungen nach dem UmgrStG


​​​​​​​Sollen zwei Kapitalgesellschaften vereinigt bzw „fusioniert“ werden, sieht das Umgründungssteuergesetz (UmgrStG) insbesondere die Verschmelzung (Art I UmgrStG) als begünstigte steuerliche Übertragungsform vor. Soferne sämtliche Voraussetzungen des § 1 Abs 1 und 2 UmgrStG erfüllt sind, unterbleibt eine Aufdeckung von stillen Reserven im Übertragungsvermögen sondern kommt es zu einer Buchwertfortführung bei der übernehmenden Körperschaft.

Im Zuge der mit einer Verschmelzung verbundenen Gesamtrechtsnachfolge gehen - neben allen übrigen Rechten und Pflichten des Rechtvorgängers – insbesondere auch bisher noch unverrechnete MiKöSt-Guthaben (gemäß § 24 Abs 4 Z 4  bzw § 24a Abs 4 Z 2 KStG) auf den Rechtsnachfolger (übernehmende Körperschaft) über.

Eine explizite gesetzliche Regelung für den Übergang von MiKöSt-Guthaben auf die übernehmende Körperschaft ist für den Verschmelzungsfall allerdings nicht vorgesehen sondern vielmehr auf die allgemeinen steuerlichen Bestimmungen für verschmelzungsbedingte Vermögensübertragungen abzustellen (zumal MiKöSt-Guthaben ja einen vermögenswerten Anspruch darstellen): Für den steuerlich relevanten Vermögensübergang im Zuge einer Verschmelzung wird für die übertragende Körperschaft gemäß § 2 Abs 3 UmgrStG fingiert, dass dieser Übergang mit Ablauf des Verschmelzungsstichtages erfolgt. Für die übernehmende Körperschaft ist in § 3 Abs 1 Z 4 iVm § 2 Abs 3 UmgrStG normiert, dass das Vermögen mit dem auf den Verschmelzungsstichtag folgenden Tag dem Rechtsnachfolger zugerechnet wird. Dadurch wird aus körperschaftsteuerlicher Sicht ein nahtloser Übergang sämtlichen Vermögens gewährleistet.


Rechtsmittelverfahren vor dem VwGH


​​​​​​​Sachverhalt und Verfahrensablauf

Im Rahmen einer Verschmelzung wurden zum Verschmelzungsstichtag 31.12.2011 zwei inländische Gruppenmitglieder miteinander (side-stream) fusioniert. Die (mit erfolgter Verschmelzung untergehende) übertragende Körperschaft verfügte noch über MiKöSt-Guthaben (aus Vorgruppenzeiten), welche im Zuge der Verschmelzung grundsätzlich auf die übernehmende Körperschaft (als Gesamtrechtsnachfolgerin) übergingen.

Die Wirtschaftsjahre bzw Bilanzstichtage der beiden fusionierten Gesellschaften waren nicht ident (das Wirtschaftsjahr der übernehmenden Körperschaft endete bereits am 31.10.2011, jenes der übertragenden Körperschaft erst am 31.12.2011, wobei dieser Bilanzstichtag auch der Verschmelzungsstichtag war). Seitens der steuerpflichtigen Gesellschaft(en) wurde eine Verrechnung des übergegangenen MiKöSt-Guthabens bereits für die Veranlagung 2011 begehrt (wohl auch deshalb, weil die KöSt-Gruppe mit der Veranlagung 2011 beendet wurde), nach Ansicht des Finanzamtes sei dies hingegen erst ab der Veranlagung 2012 möglich.

Seitens der Finanzverwaltung wurde dazu begründend ausgeführt, dass im Verschmelzungswege übergegangene MiKöSt-Guthaben zwar grundsätzlich bereits in jenem Veranlagungszeitraum zur Verrechnung geltend gemacht werden können, in welchem der Verschmelzungsstichtag liegt. Da im konkreten Fall jedoch das Veranlagungsjahr 2011 bei der übernehmenden Gesellschaft bereits am 31.10.2011 geendet hatte, der Verschmelzungsstichtag hingegen erst am 31.12.2011 war, liege der Verschmelzungsstichtag nicht im Veranlagungsjahr 2011 der übernehmenden Gesellschaft. Das fragliche MiKöSt-Guthaben könne daher erst im Veranlagungsjahr 2012 angerechnet werden.

Die mitbeteiligten Parteien (Gruppenträger und übernehmendes Gruppenmitglied) erhoben daraufhin Berufung und begehrten die Berücksichtigung der MiKöSt-Guthaben bereits im Rahmen der Veranlagung 2011.

Das Bundesfinanzgericht gab der nunmehrigen Beschwerde statt (BFG 5.5.2021, RV/7101072/2013) und rechnete das verschmelzungsbedingt übergegangene MiKöSt-Guthaben bereits im Veranlagungszeitraum 2011 zugunsten der übernehmenden Körperschaft an. Dies mit der – wohl auf die (zivilrechtliche) Gesamtrechtsnachfolge abstellende - Begründung, dass der Veranlagungszeitraum dem Kalenderjahr entspreche. Auch wenn der Bilanzstichtag der übernehmenden Gesellschaft vom Ende des Kalenderjahres abweiche (31.10.2011), liege der Verschmelzungsstichtag (31.12.2011) im Veranlagungszeitraum 2011. Das MiKöSt-Guthaben könne somit bereits im Rahmen der Veranlagung 2011 verrechnet werden.

Da zur maßgeblichen Frage des Anrechnungszeitpunktes eines verschmelzungsbedingt übergegangenen MiKöSt-Guthabens noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorlag, wurde eine ordentliche Revision zugelassen. Darauf basierte die in weiterer Folge durch das zuständige Finanzamt (FAÖ) eingebrachte Amtsrevision an den Verwaltungsgerichtshof:


Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 8.4.2022, Ro 2021/13/0015)

​​​​​​​Der VwGH bestätigte zunächst die Rechtsansicht des BFG, dass der Übergang des MiKöSt-Guthabens von der (mit erfolgter Verschmelzung untergehenden) übertragenden auf die übernehmende Körperschaft (Gesamtrechtsnachfolgerin) grundsätzlich außer Zweifel steht. Strittig sei lediglich, ab welchem Zeitraum die übergegangenen unverrechneten Mindeststeuern beim Rechtsnachfolger zu berücksichtigen sind.

In diesem Zusammenhang weist das Höchstgericht darauf hin, dass auch bei zivilrechtlicher Gesamtrechtsnachfolge (hier: § 96 GmbHG) für die Frage des Übergangs steuerrechtlicher Positionen iS § 19 Abs 1 BAO entscheidend ist, ob die betreffenden Positionen auch nach materiellem Steuerrecht (hier also das UmgrStG) übertragbar sind.

Weiters weist der VwGH darauf hin, dass das Umgründungssteuergesetz explizite Vorschriften zum Übergang unverrechneter Mindeststeuern iS § 24 Abs 4 KStG nur im Bereich der Umwandlungen iS Art II UmgrStG enthält, wonach MiKöSt-Guthaben den Rechtsnachfolgern ab dem dem Umwandlungsstichtag folgenden Wirtschaftsjahr (anteilig) zuzurechnen sind (gemäß § 9 Abs 8 UmgrStG, aus dessen Gesetzesmaterialien hervorgehe, dass ein solcher Übergang nur im Rahmen von Gesamtrechtsnachfolgevorgängen nach dem UmgrStG bei Untergang des Rechtsvorgängers erfolgen soll).

Zum hier vorliegenden Fall einer Verschmelzung gemäß Art I UmgrStG führt der VwGH sodann aus, dass auch für MiKöSt-Guthaben  der übertragenden Körperschaft (als „vermögenswerter Anspruch“ betreffend Mindeststeuern) die steuerlichen Bestimmungen zum Vermögensübergang (§ 2 Abs 3 iVm § 3 Abs 1 Z 4 UmgrStG) zur Anwendung kommen. Somit geht auch ein solches Steuerguthaben erst mit Beginn des auf den Verschmelzungsstichtag folgenden Tages auf die übernehmende Körperschaft über.

Folglich entschied der VwGH, dass eine Verrechnung der übergegangenen MiKöSt-Guthaben grundsätzlich erst in jenem Veranlagungszeitraum erfolgen kann, in welchen der Verschmelzungsstichtag fällt. Nachdem im vorliegenden Rechtsstreit jedoch der Verschmelzungsstichtag (31.12.2011) nicht mehr innerhalb des Veranlagungszeitraumes 2011 der übernehmenden Körperschaft lag (deren abweichendes Wirtschaftsjahr  lief von 1.11.2010 bis 31.10.2011), konnte das fragliche MiKöSt-Guthaben erst ab der Veranlagung 2012 zur Verrechnung berücksichtigt werden.


FAZIT


Mit dem obigen VwGH-Erkenntnis stellte das Höchstgericht nunmehr klar, dass im Zuge von Verschmelzungen auch für den Übergang unverrechneter Mindeststeuern (MiKöSt-Guthaben) der übertragenden Körperschaft und deren Verwertung bei der übernehmenden Körperschaft die allgemeinen umgründungssteuerrechtlichen Regelungen für die Vermögensübertragung (§§ 2 und 3 UmgrStG) anzuwenden sind. Die Verrechenbarkeit ist ab jenem Veranlagungszeitraum möglich, in welchem das Wirtschaftsjahr endete, in das der Tag nach dem Verschmelzungsstichtag fällt. Bei unterschiedlichen Wirtschaftsjahren von übertragender und übernehmender Gesellschaft kann es – so wie im oa Rechtsmittelfall – uU zu einer entsprechenden Verschiebung kommen.

Wenngleich die gegenständliche VwGH-Entscheidung den konkreten Fall einer Verschmelzung von Gruppenmitgliedern betraf, sind die daraus resultierenden Grundsätze natürlich auch für einzelne KöSt-Subjekte (außerhalb von Unternehmensgruppen) bzw auch für andere Umgründungsszenarien unter Gesamtrechtsnachfolge mit Untergang des Rechtsvorgängers (zB Umwandlungen, Aufspaltungen) sinngemäß anzuwenden.

Für weitere Fragen zu diesem Themenbereich stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen MitarbeiterInnen unserer Service Line "Mergers & Acquisitions"​​​​​​​ gerne zur Verfügung!