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UMSATZSTEUER | Anzahlungen versus Teilzahlungen im Projektgeschäft

Im Projektgeschäft sind Anzahlungs-, Teil- und Schlussrechnungen allgegenwärtige Begriffe, deren Bedeutung und die damit verbundene steuerliche und unternehmensrechtliche Wirkung oftmals falsch verstanden werden. Nur in den seltensten Fällen ist eine im Rahmen einer „Teilrechnung“ fakturierte Leistung auch tatsächlich teilbar bzw. der richtige Zeitpunkt für eine Schlussrechnung sofort erkennbar. Diese Unschärfen können sich einerseits auf die periodenrichtige Erfassung einer Zahllast bzw eines Guthabens auswirken und andererseits das unternehmensrechtliche Gesamtergebnis hinsichtlich des Realisierungszeitpunktes maßgeblich beeinflussen. Im nachfolgenden Beitrag soll die steuerlich korrekte Handhabung der verschiedenen Abrechnungsarten dargestellt werden, und zwar unter Berücksichtigung eines dazu ergangenen aktuellen EuGH-Urteils.

Unterscheidung von Anzahlungs- und Teilrechnungen im Projektgeschäft

Anzahlungsrechnungen liegen dann vor, wenn noch keine Leistung erbracht wurde. Eine Leistung gilt generell dann als erbracht, wenn die Übergabe bzw Abnahme des fertigen Werkes an den Auftraggeber erfolgt. In der Regel sind alle Zahlungen vor der tatsächlichen Übergabe der vertraglich geschuldeten Leistung nur als Anzahlungen zu qualifizieren. 

Anzahlungsrechnungen unterliegen in Österreich der Ist-Besteuerung. Dies bedeutet, dass das Recht auf Vorsteuerabzug bzw die Pflicht zur Entrichtung der Umsatzsteuerschuld an die tatsächliche Zahlung gekoppelt sind. Hierbei ist zu beachten, dass ein ggfs vom Rechnungsbetrag abweichender Zahlungsbetrag maßgeblich ist. Diese Handhabung wird in den meisten EU-Mitgliedstaaten praktiziert. Es gibt jedoch auch Ausnahmen, wie beispielsweise in Luxemburg, wo bereits für Anzahlungsrechnungen das vereinbarte Entgelt für die Besteuerung maßgeblich ist (Soll-Besteuerung). 

Als Teilzahlung bezeichnet man Zahlungen für bereits erbrachte (anteilige) Leistungen. Grundsätzlich unterliegen auch Teilrechnungen der Ist-Besteuerung, wenn der Gesamtvertrag noch nicht erfüllt wurde und dementsprechend der umsatzsteuerliche Leistungszeitpunkt noch nicht vorliegt. Jedoch ist zu beachten, dass im Falle von nachweisbaren Teilleistungen diese ausnahmsweise der Soll-Besteuerung nach vereinbarten Entgelten unterliegen. Eine diesfalls als „Teilschlussrechnung“ zu bezeichnende Rechnung kann dann vorliegen, wenn alle nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt sind:  

  • Wirtschaftliche Teilbarkeit 

Die Lieferung oder Leistung muss nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten teilbar sein. Die wirtschaftliche Teilbarkeit ist jedenfalls zu bejahen, wenn an der Teilleistung gesondert die wirtschaftliche Verfügungsmacht übernommen werden kann.

  • Gesonderte Abnahme

Die Teilleistung muss gesondert abgenommen werden, insbesondere dürfen die üblichen Folgen der Abnahme (Gefahrenübergang, Umkehr der Beweislast) nicht, wenn auch nur teilweise, ausgeschlossen werden. Eine gesonderte Abnahme ist auch dann möglich, wenn seitens des Leistungserbringers noch kleinere Arbeiten durchzuführen sind, um den vertraglichen Verpflichtungen bis ins letzte Detail nachzukommen.

  • Gesonderte Vereinbarung

Vor Abnahme der Teilleistung muss vereinbart werden, dass für die gesondert abzunehmende Leistung ein entsprechendes Teilentgelt zu zahlen ist. Daher können keine Teilrechnungen gestellt werden, wenn für ein Gesamtwerk ein Fixpreis (Pauschalentgelt) vereinbart wurde. Sofern sich der Fixpreis für das Gesamtwerk jedoch aus einzelnen Pauschalen für jeweilige Teilleistungen zusammensetzt, ist die Abrechnung mittels Teilrechnungen wiederum möglich, sofern auch eine tatsächliche Abnahme der Teilleistungen stattfindet. 

  • Gesonderte Abrechnung 

Das Entgelt für die Teilleistung muss schließlich gesondert und endgültig abgerechnet werden, Abweichungen vom zuvor vertraglich Vereinbarten sind nicht zulässig.

Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realität 

Grundsätzlich entsteht der Steueranspruch mit Leistungserbringung bzw Rechnungsstellung. Jedoch ist es insbesondere in der Baubranche üblich, dass eine Leistung erst mit endgültiger Abnahme durch den Auftraggeber als erbracht anzusehen ist, unabhängig davon, ob die physische Leistung bereits zuvor vollständig erbracht worden war. 

In einem aktuellen Urteil bestätigt der Europäische Gerichtshof (EuGH 2.5.2019, Rs. C-224/18, Budimex), dass branchenübliche, wirtschaftliche Gepflogenheiten in Hinblick auf die Frage, wann der Steueranspruch entsteht, zu berücksichtigen sind. Formalitäten wie die Auflistung der entstandenen Kosten haben jedoch keinen Einfluss auf die Entstehung des Steueranspruches. Es ist daher ratsam, das tatsächlich geplante Abnahme- bzw. Übergabeprozedere exakt in den Verträgen zu regeln und darzustellen, um den Leistungszeitpunkt genau bestimmen zu können. An diesen umsatzsteuerrechtlichen Leistungszeitpunkt ist grundsätzlich auch der unternehmensrechtliche Realisierungszeitpunkt eines Projektes gekoppelt.

Fazit 

Der EuGH bestätigte, was Praktiker schon immer predigen: „Es kommt darauf an, was wirklich passiert!“ Dieser Grundsatz ist insbesondere auch bei der umsatzsteuerlichen Beurteilung von Anzahlungs- bzw Teilrechnungen zu beachten. 

Für weitere Fragen zu dieser Thematik stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen Expertinnen der Service LineIndirect Tax & Customs“ gerne zur Verfügung!