NEWS  |   |  

UMSATZSTEUER | DREIECKSGESCHÄFTE - A (Never) Ending Story?

Die Dreiecksgeschäftsregelung soll dem Grunde nach der umsatzsteuerlichen Vereinfachung von Reihengeschäften dienen. So schreibt es zumindest die EU-Kommission in ihren Erwägungsgründen zur Mehrwertsteuersystemrichtlinie fest. Dass das Ziel eines korrekt abgebildeten Dreiecksgeschäftes jedoch mit einigen Hürden verbunden ist, zeigt sich nicht zuletzt an der Vielzahl an Gerichtsentscheidungen, die unionsweit zu diesem Themenbereich ergehen. So hat nun der österreichische Verwaltungsgerichtshof (VwGH 15.12.2021, Ro 2020/15/0003) zu Recht erkannt, dass die Anwendung der Dreiecksgeschäftsregelung auch dann möglich ist, wenn der mittlere Unternehmer im Bestimmungsland zwar registriert (aber nicht ansässig) ist,  jedoch die UID-Nummer eines anderen Mitgliedstaates verwendet. Mit diesem Urteil verdeutlicht der VwGH einmal mehr den Vereinfachungscharakter der Norm. Welches österreichische „Verwaltungshindernis“ mit dieser höchstgerichtlichen Entscheidung beseitigt wird und welche Zweifelsfragen zu Dreiecksgeschäften auch weiterhin bestehen bleiben, soll im nachfolgenden Beitrag erläutert werden.

Bei Reihengeschäften bzw insbesondere bei deren vermeintlicher „Vereinfachung“ in Form von sog. „Dreiecksgeschäften“ gibt es eine Vielzahl von Zweifelsfragen und demgemäß auch viele Rechtsmittelverfahren, die häufig erst im Wege höchstgerichtlicher Urteile geklärt werden können. Nachfolgend möchten wir eine aktuelle Entscheidung des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes erläutern: 

Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH 15.12.2021, Ro 2020/15/0003-4) 

Sachverhalt und Verfahrensgang 

In dieser Entscheidung (bzw einer Serie von im gleichen Sinne erledigter Entscheidungen) ging es um die Frage der Anwendbarkeit der Vereinfachungsregelung für Dreiecksgeschäfte auf jene Fälle, in denen das mittlere Unternehmen (= Erwerber) über eine umsatzsteuerliche Registrierung im Bestimmungsland verfügt: 

Im Ausgangsfall erwarb eine in der Schweiz ansässige Gesellschaft unter Auftritt mit ihrer österreichischen UID-Nummer Rohöl von einem italienischen Unternehmen, um dieses an ein slowenisches Unternehmen zu liefern. Dabei wurde das Rohöl direkt vom italienischen Lieferanten an den slowenischen Abnehmer befördert bzw versandt. Der Schweizer Zwischenhändler wandte die Vereinfachungsregelung für Dreiecksgeschäfte gemäß Art 25 UStG an. 

Im Zuge einer Außenprüfung versagte das zuständige österreichische Finanzamt dem Zwischenhändler die Anwendung der Dreiecksgeschäftsregelung mit der Begründung, dass dieser über eine umsatzsteuerliche Registrierung im Bestimmungsland Slowenien verfüge. Art 25 Abs 3 lit a UStG sehe jedoch als Voraussetzung für Dreiecksgeschäfte vor, dass der Erwerber keinen Wohnsitz oder Sitz im Bestimmungsland haben darf. Diese Begründung resultiert daraus, dass nach Sichtweise der österreichischen Finanzverwaltung die umsatzsteuerliche Registrierung des Zwischenhändlers im Bestimmungsland einer Ansässigkeit gleichgesetzt wird (vgl UStR Rz 4294). 

Folglich wandte sich die betroffene Schweizer Gesellschaft mittels Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG), welches der Beschwerdeführerin recht gab. 

Gegen dieses gerichtliche Erkenntnis richtete sich die Amtsrevision des Finanzamtes an den Verwaltungsgerichtshof. In seiner Entscheidung vom 15.12.2021 urteilte nun auch der VwGH grundsätzlich im Sinne der vorangegangenen Entscheidung des BFG. Dabei kommt der VwGH inhaltlich zum gleichen Ergebnis wie zuvor das BFG, wobei das Höchstgericht seine Argumentation wie folgt aufbaute:

Argumentationslinie des VwGH 

Wie schon zuvor das BFG, kam auch der VwGH zum Ergebnis, dass die umsatzsteuerliche Registrierung des Erwerbers (Zwischenhändlers) im Bestimmungsland nicht schädlich für die Anwendung der Dreiecksgeschäfteregelung sein darf. In seiner Beurteilung wendet der VwGH eine strikte Wortinterpretation des Gesetzestextes der Mehrwertsteuersystemrichtlinie sowie auch des österreichischen UStG an: 

Die unionsrechtliche Grundlage für Dreiecksgeschäfte findet sich in Art 141 RL 2006/112/EG. In lit. a) legt diese Norm als Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Vereinfachungsregelung fest, dass der Erwerber nicht im Bestimmungslandniedergelassen“ sein darf, jedoch in einem anderen Mitgliedstaatfür Mehrwertsteuerzwecke erfasst“ sein muss. Der VwGH betont, dass alleine aus dieser Formulierung des Gesetzeswortlauts abzulesen sei, dass die Erfassung für Mehrwertsteuerzwecke nicht mit der Ansässigkeit eines Steuerpflichtigen gleichgestellt werden könne. 

Im EU-Recht, konkret nach Art 11 Abs. 3 (EU) VO 282/2011/EU, ist diese Schlussfolgerung klar geregelt, da in der Durchführungsverordnung explizit dargelegt wird, dass allein mit einer Registrierung keine feste Niederlassung begründet wird. 

Auch die in Österreich in Art 25 UStG umgesetzte Bestimmung spricht in Absatz 3 lit a davon, dass der Erwerber keinenWohnsitz oder Sitz“ (= Ansässigkeit) im Bestimmungsland haben dürfe. Litera c des gleichen Absatzes setzt voraus, dass die erworbenen Gegenstände aus einem anderen Mitgliedstaat stammen müssen als jenem, in dem der Erwerber „zur Umsatzsteuer erfasst“ wird. Zudem nimmt Art 25 Abs 5 UStG auf die UID-Nummer des Zwischenhändlers Bezug. Somit gehe auch aus der österreichischen Gesetzeslage eindeutig hervor, dass die steuerliche Erfassung sowie die Ansässigkeit zwei voneinander zu unterscheidende Zustände seien. Nach der bis dato vertretenen Sichtweise der österreichischen Finanzverwaltung würde demgegenüber die steuerliche Erfassung mit der Ansässigkeit gleichgesetzt

Anders als zuvor das BFG nimmt der VwGH aber nicht in erster Linie auf den territorialen Anknüpfungspunkt Bezug. Nach der Entscheidung des BFG könne die Registrierung im Bestimmungsland im zugrundeliegenden Fall nicht schädlich sein, weil Art 25 Abs 3 UStG die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung des ig Erwerbs im Bestimmungsland normiert (das Bestimmungsland lag im gegenständlichen Rechtsmittelfall in Slowenien und nicht in Österreich). Für diese Beurteilung seien daher einzig die Regelungen des Bestimmungslandes heranzuziehen. Auch der VwGH verweist auf diese Tatsache, argumentiert jedoch primär (wie bereits beschrieben) mit der wörtlichen Auslegung sowohl des Unionsrechts als auch der österreichischen Rechtslage. 

Zudem verweist der VwGH auf die Zielsetzung der Regelung für Dreiecksgeschäfte. Einerseits sollen Steuereinnahmen in den Mitgliedstaat des Endverbrauchs verlagert werden. Andererseits soll vermieden werden, dass sich der Erwerber im Bestimmungsmitgliedstaat mehrwertsteuerlich registrieren sowie Steuererklärungen abgeben muss. Die Vermeidung der Registrierung im Bestimmungsland ist zwar in derart gelagerten Fällen hinfällig, zumal der Erwerber ja bereits über diese Registrierung verfügt. Jedoch wird dem Ziel der Besteuerung im Land des Endverbrauchs dennoch Rechnung getragen und dem Erwerber im Bestimmungsland eine zusätzliche Erklärungspflicht (für den ig Erwerb) abgenommen. Somit ist die vorgenommene Interpretation anhand des Wortlauts eher im Sinne des Vereinfachungscharakters der Norm zu verstehen und die Auslegung anhand des historischen Charakters bzw eines möglichen Zwecks der Norm (Vermeidung der Registrierung) - wie bisher seitens der österreichischen Finanzverwaltung argumentiert - NICHT maßgeblich. 

Konsequenzen der VwGH-Entscheidung 

Die eindeutige Argumentation des VwGH wird wohl eine Anpassung der österreichischen Verwaltungspraxis bedingen und demzufolge eine entsprechende Änderung der betreffenden Randziffern in den Umsatzsteuerrichtlinien nach sich ziehen. 

Eine umsatzsteuerliche Registrierung des Zwischenhändlers im Bestimmungsland kann somit im Rahmen eines Reihengeschäftes – sei es in Österreich oder einem anderen EU-Mitgliedstaat – nicht mehr dazu führen, dass die Anwendung der Dreiecksgeschäftsregelung versagt wird. Damit wird die korrekte Abbildung eines Dreiecksgeschäfts wieder um ein Stückchen erleichtert.

FAZIT 

Durch die aktuelle Entscheidung des österreichischen Höchstgerichts (VwGH 15.12.2021, Ro 2020/15/0003) kommt es zu einer wesentlichen Erleichterung bei der Abwicklung von Dreiecksgeschäften mit Österreichbezug. Der VwGH hat dabei klargestellt, dass die Regelung anhand des eindeutigen Gesetzeswortlautes auszulegen ist. Damit steht nunmehr außer Zweifel, dass eine etwaige umsatzsteuerliche Registrierung des Erwerbers im Bestimmungsland definitiv nicht mehr als schädlich zu werten ist. 

Nichtsdestotrotz birgt die korrekte Abbildung von Dreiecksgeschäften nach wie vor einige (andere) wesentliche Risiken in sich und bleibt daher auch weiterhin fehleranfällig. So führt etwa die fehlerhafte Verwendung der Rechnungsmerkmale häufig zu missglückten Dreiecksgeschäften. Dazu sind aktuell einige Vorlagefragen des VwGH zur Vorabentscheidung beim EuGH anhängig. Das europäische Höchstgericht soll - hoffentlich bald - klären, ob die Vereinfachungsregelung für Dreiecksgeschäfte trotz fehlender Rechnungshinweise angewendet werden darf. Es bleibt abzuwarten, ob das Thema „Dreiecksgeschäft“ letztlich doch noch zu einer „ending story“ werden kann oder ob die betroffenen Unternehmen auch weiterhin mit Zweifelsfragen bei der Abwicklung von Dreiecksgeschäften konfrontiert sein werden. 

Sollten Sie Fragen haben oder Unterstützung bei der umsatzsteuerlichen Umsetzung der oben erläuterten Änderungen benötigen, stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen ExpertInnen unserer Service Line "Indirect Tax & Customs"​​​​​​​ gerne zur Verfügung!