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ZINSSCHRANKE | Zinsbegriff, Beratungskosten und Passiveinkünfte

Der Zinsbegriff des § 12a Abs. 3 KStG hat vermehrt Abgrenzungsfragen aufgeworfen. Die Kammer der Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen (KSW) hat dem Bundesministerium für Finanzen (BMF) eine Anfrage zur Klarstellung diverser Zweifelsfragen, die sich zum Teil auch aus den Körperschaftsteuerrichtlinien (KStR) ergeben, übermittelt. Im Rahmen dieses Newsletters dürfen wir Sie über die Rechtsauffassung des BMF zu den angefragten Abgrenzungsfragen informieren.

Zweifelsfragen zur Berechnung der Zinsschranken

Auf Grundlage der OECD Initiative zur (Wieder-)Herstellung der Steuergerechtigkeit und den daraus entwickelten Handlungsempfehlungen (BEPS Action Plan) hat die Europäische Union in 2016 die Richtlinie 2016/1164 zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken (ATAD) erlassen. Die Richtline umfasst u.a. auch eine Regelung zur Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalkosten ("Zinsschranke"). Mit dieser Regelung soll insbesondere verhindert werden, dass u.a. Konzerne Steuersubstrat über Zinszahlungen von höher besteuerten Ländern in Niedrigsteuerländer verlagern. In Österreich wurde die Zinsschrankenregelung mit §12a KStG mit Wirkung ab 01.01.2021 eingeführt.

Wie bereits in unseren Newsletter vom 22.01.2021 “KÖRPERSCHAFTSTEUER | EU-Zinsschranke seit 1.1.2021 in Kraft!”  und vom 20.02.2022 "“ZINSSCHRANKE | Übergang von Zins-/EBITDA-Vorträgen bei Umgründungen” dargestellt, ist im Anwendungsbereich des § 12a KStG der steuerliche Abzug des Zinsüberhangs mit 30 % des steuerlichen EBITDA (Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization) begrenzt.

Hinsichtlich diverser Zweifelsfragen zum Zinsabzug hat sich die KSW an das BMF zur Klarstellung gewandt.

Reichweite des Zinsbegriffes

Die Definition gemäß § 12a Abs. 3 KStG beruht auf der Umsetzung der Anti-BEPS-Richtlinie und bezeichnet einen Aufwand bzw. Ertrag als „jegliche Vergütungen für Fremdkapital einschließlich sämtlicher Zahlungen für dessen Beschaffung sowie sonstige Vergütungen, die wirtschaftlich gleichwertig sind." Systematisch wird der Aufwand beim Schuldner und der Ertrag bei dem Gläubiger geltend gemacht.

Aus der obigen Definition ergibt sich, dass die Aufwendungen oder Erträge in eine der folgenden Kategorien fallen müssen:

  • Die Vergütungen für Fremdkapital,
  • sämtliche Zahlungen für die Beschaffung von Fremdkapital sowie,
  • sonstige Vergütungen die den beiden vorgenannten Kategorien, wirtschaftlich gleichwertig sind.

Durch die Einbeziehung der Kosten für die Beschaffung von Fremdkapital sind somit auch Geldbeschaffungs- und Nebenkosten für die Zinsschranke zu berücksichtigen.

Wird ein Wirtschaftsgut angeschafft und die Zahlung über ein Jahr gestundet oder eine Ratenzahlung vereinbart, so sind auch in diesem Fall, die über den Kaufpreis hinausgehenden Beträge beim Käufer als Zinsaufwand und beim Verkäufer als Zinsertrag berücksichtigt werden.

Vom Zinsbegriff sind auch Bereitstellungskosten sowie, vertragliche und gesetzliche Verzugszinsen erfasst.

Beratungskosten iZm dem Zinsbegriff

Eine Zweifelsfrage stellte sich im Kontext der Beratungskosten. Wie bereits erwähnt, umfasst der Zinsbegriff alle Geldbeschaffungs- und Nebenkosten der Fremdkapitalaufnahme, einschließlich der Vermittlungs- und Beratungsgebühren sowie sonstiger in diesem Zusammenhang anfallender Kosten. Aus Sicht der KSW wäre bei Beratungsleistungen zwischen unmittelbaren und mittelbaren Kosten im Zusammenhang mit der Fremdkapitalaufnahme zu unterscheiden. 

Werden Beratungsleistungen erbracht, die einem direkten Zusammenhang mit der Aufnahme von Fremdkapital stehen, so fallen diese jedenfalls unter den Zinsbegriff und werden den Geldschaffungs- und Nebenkosten zugeordnet.

Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der Aufnahme von Fremdkapital etwa durch Rechtsanwälte und Notare oder Vertragserrichtungs- oder Emissionskosten bei der Ausgabe von Anleihen, die nicht an die Kreditgeber geleistet werden, stehen nur in einem mittelbaren Zusammenhang mit der Aufnahme von Fremdkapital. Aus Sicht der KSW können solche Kosten weder als Zahlung für die Beschaffung von Fremdkapital noch als wirtschaftlich gleichwertige Vergütung betrachtet werden und wären somit nicht vom Zinsbegriff des § 12a KStG umfasst.

Dieser Schlussfolgerung ist das BMF jedoch nicht gefolgt. Aus Sicht des BMF kann auf Grundlage des Zinsbegriffes der ATAD nicht zwischen Beratungskosten in unmittelbarem Zusammenhang mit der Fremdkapitalaufnahme und Beratungskosten, die nur in mittelbarem Zusammenhang stehen, unterschieden werden. Vielmehr spreche die ATAD für eine pauschale Erfassung jeglicher Kosten „im Zusammenhang“ mit der Fremdkapitalaufnahme, ohne dabei Einschränkungen vorzunehmen, so das BMF in Ihrer Stellungnahme.

Passiveinkünfte gem. § 10a Abs. 2 Ziffer 1 KStG

Im Zusammenhang mit den Passiveinkünften stellt sich die Frage, wie die in § 10a Abs. 2 Ziffer 1 KStG normierten „Zinsen oder sonstige Einkünfte aus Finanzanlagevermögen“ von im Ausland niedrig besteuerte Körperschaften, im System der Zinsschranke zu qualifizieren sind.

Zwischen den positiven und negativen Passiveinkünften wird eine Saldierung vorgenommen und das positive Ergebnis ist der inländischen Gesellschaft als Einkunft aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen. Ein etwaiger Verlust ist gemäß § 10 Abs. 5 Ziffer 3 KStG nicht zu berücksichtigen, kann aber mit positiven Einkünften in Folgejahren gegengerechnet werden. Der inländischen Gesellschaft werden also nicht Einzelpositionen, sondern tatsächlich nur ein bereits ermittelter Gesamtbetrag hinzugerechnet.

Die KSW befürchtet aufgrund der unterschiedlichen Behandlung von einem positiven und negativen Ergebnis eine Verzerrung der Zinsschranke und argumentiert, dass hinzugerechnete Passiveinkünfte bei der Ermittlung des Zinsüberhangs gemäß § 12a Abs. 3 KStG nicht zu berücksichtigen seien.

Das BMF führt in seiner Stellungnahme dazu aus, dass bei der Ermittlung des steuerlichen EBITDA der Hinzurechnungsbetrag gemäß § 10a KStG in seine „zinsschrankenrelevanten“ Einzelbestandteile zu zerlegen ist. Es wäre daher nach seiner Auffassung nur folgerichtig, diese Vorgehensweise auch bei der Ermittlung des Zinsüberhangs anzuwenden. Die im Hinzurechnungsbetrag enthaltenen Zinsaufwendungen und Zinserträge sind in ihre Bestandteile aufzugliedern und beim Zinsüberhang als einzelne Positionen zu berücksichtigen. Wie bisher sollen Aufwendungen den Zinsüberhang erhöhen und Zinserträge ihn vermindern. 

Im nächsten KStR-Wartungserlass beabsichtig das BMF nähere Ausführungen zur Behandlung des Hinzurechnungsbetrages bei der Ermittlung des Zinsüberhanges aufzunehmen.

FAZIT

Befasst man sich mit dem Zinsabzug hat man vor allem Positionen der Gewinn- und Verlustrechnung “unterhalb” des operativen Ergebnisses vor Augen. Nachdem der Zinsbegriff gemäß § 12a KStG aus Sicht der Finanzverwaltung sehr weit zu sehen ist, können vom Abzugsverbot aber durchaus auch GuV-Positionen betroffen sein, die sich nicht im Finanzergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung abbilden. In unseren Newslettern werden wir Sie über die aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden halten.