NEWS  |   |  

BETEILIGUNGEN | Zinsenabzug für Konzernerwerbe von Gruppenmitgliedern?

Das Bundesfinanzgericht hat unlängst entschieden, dass das Zinsenabzugsverbot für konzerninterne Beteiligungserwerbe dann nicht greift, wenn die fremdfinanzierte Beteiligung in eine steuerliche Unternehmensgruppe einbezogen wird. Dies deshalb, weil aufgrund der Besteuerung des Gruppenmitglieds auf Ebene des Gruppenträgers die Beteiligungskreditzinsen keine Aufwendungen iS § 12 Abs 2 KStG darstellen sondern mit steuerpflichtigen Erträgen in Zusammenhang stehen würden. 

Über die Abzugsfähigkeit von Zinsen für fremdfinanzierte Beteiligungserwerbe und die diesbezüglichen mehrfachen körperschaftsteuerlichen Änderungen durch Gesetzgebung und Rechtsprechung in den letzten Jahren haben wir Sie bereits öfters informiert (vgl zuletzt unseren <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag vom 10.7.2015 „BETEILIGUNGSERWERB – Geldbeschaffungskosten bis 12.6.2014 abzugsfähig?“). In § 12 Abs 2 KStG findet sich die generalklauselartige Bestimmung, wonach bei der steuerlichen Gewinnermittlung Aufwendungen bzw Ausgaben nicht abgezogen werden dürfen, soweit sie mit nicht steuerpflichtigen (steuerneutralen) Vermögensvermehrungen und Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Von diesem grundsätzlichen Abzugsverbot wären insbesondere auch Zinsen für fremdfinanzierte Beteiligungen betroffen, zumal Gewinnausschüttungen aus Beteiligungsgesellschaften bei der beteiligten Körperschaft „steuerfreieErträge gemäß § 10 Abs 1 KStG darstellen und daher ein schädlicher Zusammenhang zwischen Aufwendungen (Kreditzinsen) und Erträgen (Ausschüttung) vorliegt. Mittels ausdrücklicher Ausnahmebestimmung wurde jedoch gemäß § 11 Abs 1 Z 4 KStG ab dem Jahr 2005 der Beteiligungskreditzinsenabzug zugelassen, ab dem Jahr 2011 jedoch wiederum eingeschränkt auf Beteiligungserwerbe von fremden Dritten (sog. „Konzernzinsschranke“, nunmehr normiert in § 12 Abs 1 Z 9 KStG). 

Entscheidung des Bundesfinanzgerichts (BFG 22.10.2015, RV/4100145/2012) 

Der gegenständliche Rechtsmittelfall betraf den fremdfinanzierten Erwerb einer 99%-Beteiligung an einer (inländischen) Kapitalgesellschaft von einer (ausländischen) Konzerngesellschaft im Jahr 2009, wobei die erworbene Beteiligungsgesellschaft ab dem Folgejahr 2010 als Gruppenmitglied in eine körperschaftsteuerliche Unternehmensgruppe gemäß § 9 KStG einbezogen wurde. Der geltend gemachte Zinsenabzug war aufgrund der damals geltenden Rechtslage für die Jahre 2009 und 2010 unstrittig. Hingegen stellte sich die Frage, ob bzw inwieweit die ab dem Jahr 2011 eingeführte Konzernzinsschranke gemäß § 11 Abs 1 Z 4 KStG idF BBG 2011 im vorliegenden Fall schlagend würde (konkret ging es um einen KöSt-Vorauszahlungsbescheid für das Jahr 2011). 

Das BFG gab im Wesentlichen dem beschwerdeführenden Gruppenträger recht und führte zunächst aus, dass die Bildung der Gruppe als solche im gegenständlichen Fall zwar steuerfreie Gewinnausschüttungen iS § 10 Abs 1 Z 1 KStG grundsätzlich nicht verhindere. Und weiter: „Eine Gewinnausschüttung des Gruppenmitgliedes an den Gruppenträger (Bf), die allerdings nicht höher ist als das steuerpflichtige Einkommen des Gruppenmitgliedes, das durch den Gruppenträger gem. § 9 Abs 6 Z 2 KStG zu versteuern ist, begründet jedenfalls einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem strittigen Zinsaufwand und steuerpflichtigen Einnahmen des Gruppenträgers. …“. Jedoch: „Eine Gewinnausschüttung … die höher wäre als das steuerpflichtige Einkommen des Gruppenmitgliedes … würde insoweit (dh im Ausmaß des das steuerpflichtige Einkommen übersteigenden Betrages) einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem strittigen Zinsaufwand und steuerfreien Einnahmen des Gruppenträgers herstellen (§ 10 KStG). … Wenn alle Ausschüttungen des Gruppenmitgliedes an den Gruppenträger maximal so hoch wären wie das steuerpflichtige Einkommen des Gruppenmitgliedes, das durch den Gruppenträger zu versteuern ist, stünden die Zinsen zunächst (vorbehaltlich einer Beendigung der Gruppe oder des Ausscheidens des Gruppenmitgliedes aus der Gruppe) ausnahmslos im Zusammenhang mit steuerpflichtigen Einnahmen der Bf. Es gibt keinerlei Anzeichen, dass das Gruppenmitglied körperschaftsteuerfreie Einnahmen erwirtschaftet … Eine Ausschüttung des Gruppenmitgliedes an die Bf (Gruppenträger), die höher wäre als das Einkommen des Gruppenmitgliedes, wäre vom wirtschaftlichen Standpunkt aus unsinnig und ist daher nicht zu erwarten. Sollte es dennoch wider Erwarten zu einer wirtschaftlich unvernünftigen Ausschüttung kommen, wäre immer noch Gelegenheit … darauf entsprechend zu reagieren. Nach Erlassung des Körperschaftsteuerbescheides wäre ein derartiger Vorgang ein Grund für eine Wiederaufnahme oder für einen Bescheid gemäß § 295a BAO. Jedenfalls ab dem Zeitpunkt der Veräußerung oder des Unterganges der Beteiligung der Bf am Gruppenmitglied wird mit mathematischer Sicherheit feststellbar sein, welcher Teil der strittigen Zinsen steuerpflichtigen Einnahmen und … steuerfreien Einnahmen zuzuordnen ist. Allerdings gibt es bereits aus heutiger Sicht keinerlei Anzeichen dafür, dass sich ein Zusammenhang der Zinsen zu steuerfreien Einnahmen ergeben könnte. Dies rechtfertigt die sofortige Anerkennung des Zinsenaufwandes (Achatz/Kirchmayr, KStG-Kommentar, Art 60 Z 5 BBG 2011, TZ 12, S. 1729). Die Fälle, die der bisherigen RSp zu Grunde lagen … sind mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, weil sich … bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise im vorliegenden Fall ein Zusammenhang zu steuerpflichtigen Vermögenserhöhungen geradezu aufdrängt. Durch die Bildung der Unternehmensgruppe ist zu erwarten, dass das gesamte an die Bf steuerfrei (insbesondere § 10 KStG) ausgeschüttete Einkommen des Gruppenmitgliedes bei der Bf gem. § 9 Abs 6 KStG der Körperschaftsteuer zu unterwerfen ist, soweit die Höhe der Betriebsausgaben der Bf eine Besteuerung ermöglicht … § 11 Abs 1 Z 4 KStG ist nur im Zusammenhang mit Zinsen anzuwenden, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien oder steuerneutralen Vermögensmehrungen stehen (§ 12 Abs 2 KStG). … Es wäre durch nichts zu rechtfertigen, Aufwendungen, die in einem klar erkennbaren Zusammenhang mit steuerpflichtigen Vermögensmehrungen stehen, nicht zum Abzug als Betriebsausgaben zuzulassen. Ein solcher klar erkennbarer Zusammenhang besteht im vorliegenden Fall. Ein Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen erscheint im vorliegenden Fall als unrealistisch. …“

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen 

Das BFG kam also zum Schluss, dass kein Zinsenabzugsverbot für konzerninterne Beteiligungserwerbe im Rahmen der Gruppenbesteuerung schlagend würde, zumal durch die Zurechnungsbesteuerung gemäß § 9 Abs 6 Z 2 KStG eben kein schädlicher Zusammenhang zwischen Beteiligungskreditzinsen und nicht steuerpflichtigen Erträgen iS § 12 Abs 2 KStG vorliege. Das Ergebnis erinnert ein wenig an den bis zum Jahr 2004 ebenfalls möglichen Zinsenabzug im Rahmen der alten Vollorganschaft, bei der es jedoch aufgrund eines zivilrechtlichen Ergebnisabführungsvertrages zu einem tatsächlichen Gewinntransfer von der Organgesellschaft zum Organträger kam (anstelle einer Gewinnausschüttung gemäß § 10 Abs 1 KStG), während es sich bei § 9 Abs 6 KStG lediglich um eine fiktive Zurechnung der Ergebnisse der Gruppenmitglieder bei den übergeordneten Gruppenmitgliedern bzw letztlich zur Besteuerung auf Ebene des Gruppenträgers handelt.

Wenngleich die Rechtsauslegung des BFG schon in der Literatur vereinzelt vorzufinden war, überrascht dieses für die Steuerpflichtigen natürlich erfreuliche Ergebnis dennoch sehr. Hält man sich vor Augen, dass insbesondere die Kombination von Beteiligungszinsenabzug und Gruppenbesteuerung steuerliche Optimierungen ermöglicht und dass diesbezügliche „unerwünschte Gestaltungen im Konzern“ den Steuergesetzgeber eben zur Einführung einer Konzernzinsschranke veranlasst haben (vgl Erläuterungen zum BBG 2011), so mutet diese vom BFG aufgezeigte Gestaltungsmöglichkeit geradezu kurios an. 

Weiters werden bei genauerem Studium der Ausführungen in der BFG-Entscheidung zugleich auch diverse Zweifelsfragen angesprochen (Behandlung bzw Aufteilung der Fremdfinanzierungszinsen, wenn sich das betr. Gruppenmitglied in der Verlustzone befindet oder wenn die Gewinnausschüttungen höher sind als das steuerliche Einkommen; ggfs nachträgliche Berichtigungen). 

Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts kann aber grundsätzlich als vertretbare Rechtsansicht angesehen werden. Im Hinblick darauf, dass der gegenständliche Fall jedoch zwischenzeitig seitens der Finanzverwaltung im Wege einer Amtsrevision an den Verwaltungsgerichtshof herangetragen wurde und das letzte Wort daher dem Höchstgericht vorbehalten ist, sollte bei Geltendmachung von Fremdfinanzierungszinsen für Beteiligungen an konzernintern erworbenen (inländischen) Gruppenmitgliedern jedenfalls auf eine hinreichend klare Offenlegung iS § 119 BAO geachtet werden.
 

Für weitergehende Fragen stehen Ihnen der Verfasser sowie auch die übrigen Ansprechpartner der ICON gerne zur Verfügung!