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ENTSENDUNGEN | SV-Pflicht für Überlassung eines Geschäftsführers?

Hofmann Robert  |  Loizenbauer Tamara

Eine VwGH-Entscheidung des Jahres 2017 löste heftige Diskussionen aus. Das Höchstgericht hatte nämlich entschieden, dass bei Personalüberlassungen von Dienstnehmern, die eine Organfunktion (zB als Geschäftsführer) beim aufnehmenden Unternehmen ausüben, das aufnehmende Unternehmen Dienstgeber im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ist. Der österreichische Gesetzgeber hat nun erfreulicherweise auf die daraus resultierenden Praxisprobleme reagiert und die Thematik durch eine Änderung des sozialversicherungsrechtlichen Dienstgeberbegriffs in § 35 Abs 2 ASVG entschärft. 

In multinationalen Konzernen ist es gängige Praxis, Dienstnehmer im Wege einer Personalüberlassung für einen bestimmten Teil ihrer Arbeitszeit anderen (insbesondere auch ausländischen) Konzernunternehmen zu überlassen. Oftmals werden diese Dienstnehmer (leitende Angestellte) beim aufnehmenden Unternehmen auch als unternehmensrechtliche Geschäftsführer bestellt, wobei für die Dauer der Tätigkeit weiterhin nur ein Dienstverhältnis mit dem entsendenden Unternehmen besteht. Mitunter erhält der Dienstnehmer für die Ausübung der Geschäftsführerfunktion vom (zivilrechtlichen) Arbeitgeber zusätzlich zu den laufenden Vergütungen eine sog. „Funktionszulage“ ausbezahlt. 

VwGH vom 7.9.2017, 2014/08/0046 

Im Erkenntnis vom 7.9.2017, Ro 2014/08/0046, stellte der Verwaltungsgerichtshof fest, dass dann, wenn ein Dienstnehmer überlassen wird, um beim aufnehmenden Unternehmen eine Geschäftsführerfunktion auszuüben, ein gesondertes sozialversicherungsrechtliches Dienstverhältnis zum aufnehmenden Unternehmen begründet wird, zumal das aufnehmende Unternehmen als sozialversicherungsrechtlicher Dienstgeber iS § 35 ASVG anzusehen ist. 

Der höchstgerichtlichen Entscheidung lag zwar ein innerstaatlicher Sachverhalt zugrunde, jedoch waren davon grundsätzlich auch grenzüberschreitende Personalüberlassungen betroffen. 

Konsequenzen der VwGH-Entscheidung 

Auf Basis der oa VwGH-Entscheidung ist bei Personalüberlassungen das aufnehmende Unternehmen somit als Dienstgeber im Sinne des § 35 ASVG zu qualifizieren. Daraus folgt, dass die für die Geschäftsführertätigkeit gewährte „Funktionszulage“ – bei dem Grunde nach gegebener Sozialversicherungspflicht in Österreich – auch der zusätzlichen Beitragspflicht (Dienstnehmer- und Dienstgeberbeiträge) in Österreich unterliegt. 

Bei einer grenzüberschreitenden Personalüberlassung hätte dies zur Folge, 

  • dass sich das ausländische aufnehmende Unternehmen zur Sozialversicherung in Österreich zu registrieren hat und

  • die auf die Funktionszulage entfallenden Dienstnehmer- und Dienstgeberbeiträge in Österreich zu entrichten sind.

  • Die über die ASVG-Höchstbeitragsgrundlage hinaus entrichteten Dienstnehmerbeiträge können vom Arbeitnehmer rückerstattet werden. Die Dienstgeberanteile können hingegen nicht rückerstattet werden und sind somit ein zusätzlicher Kostenfaktor. 

Unklar war hingegen, wie in jenen Fällen vorzugehen ist, in denen dem überlassenen Dienstnehmer keine gesonderte Funktionszulage gewährt wird. Diesfalls wäre wohl die Beitragsgrundlage für die Dienstnehmer- und Dienstgeberbeiträge im Wege einer Schätzung nach dem anteiligen Arbeitsaufwand zu ermitteln. 

Gesetzliche Neuregelung (§ 35 Abs 2 ASVG) 

Die oa VwGH-Entscheidung stieß in der Praxis auf heftige Kritik, da dies dazu geführt hätte, dass sich viele ausländische Unternehmen in Österreich zur Sozialversicherung registrieren müssen und die Dienstgeberbeiträge einen zusätzlichen Kostenfaktor darstellen. 

Der österreichische Gesetzgeber reagierte darauf mit einer sehr zu begrüßenden Gesetzesänderung und folgte damit den Aufrufen diverser österreichischer Interessensvertretungen. Mit BGBl I 2019/8 wurde in § 35 ASVG der folgende Satz in Absatz 2 eingefügt: 

„Bei der Überlassung von Arbeitskräften innerhalb eines Zusammenschlusses rechtlich selbstständiger Unternehmen unter einheitlicher Leitung insbesondere zur Übernahme einer Organfunktion gilt der/die Beschäftiger/in nicht als Dienstgeber/in; dies gilt sinngemäß auch für Körperschaften des öffentlichen Rechts.“

Nach den Gesetzesmaterialien soll es sich bei dieser Neufassung um eine Klarstellung handeln, wonach „entsprechend des § 5 AÜG bei der Überlassung von Arbeitskräften zur Ausübung einer Organfunktion innerhalb von Unternehmensverbänden nur der Überlasser sozialversicherungsrechtlicher Dienstgeber ist“. 

Die neue Regelung in § 35 Abs 2 Satz 4 ASVG soll sinngemäß auch für Überlassungen durch öffentlich-rechtliche Körperschaften gelten. Mangels Übergangsbestimmung ist der neue § 35 Abs 2 Satz 4 ASVG mit dem auf die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt folgenden Tag (10.01.2019) in Kraft getreten. 

Conclusio 

Im Gegensatz zur alten Rechtslage wird durch die Personalüberlassung eines Geschäftsführers an ein anderes (ausländisches) Konzernunternehmen kein zusätzliches sozialversicherungsrechtliches Dienstverhältnis mehr begründet. Die SV-Höchstbeitragsgrundlage für Dienstgeberbeiträge beträgt daher weiterhin € 5.220 (keine doppelte Beitragspflicht). Ebenso sind die Dienstnehmeranteile zur Sozialversicherung mit der Höchstbeitragsgrundlage von € 5.220 gedeckelt. Eine Rückerstattung von über die Höchstbeitragsgrundlage entrichteten Dienstnehmeranteilen durch den überlassenen Geschäftsführer ist nicht vorzunehmen. 

Für weitere Fragen zu diesem Themenbereich stehen Ihnen die Verfasser mit dem gesamten Team der Service Line „Global Employment Services“ gerne zur Verfügung!