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BETEILIGUNGEN | KESt-Vorschreibung für verdeckte Ausschüttungen

Die Finanz ändert ihre bisherige Verwaltungspraxis, wonach die Kapitalertragsteuer für „verdeckte Ausschüttungen“ grundsätzlich der für die KESt haftenden Körperschaft vorgeschrieben wurde. Aufgrund aktueller Rechtsprechung soll fortan die KESt für derartige Vorteilszuwendungen den Empfängern vorgeschrieben werden, wodurch ua auch eine Anspruchsverzinsung schlagend wird. 

Weder offene Ausschüttungen aus dem Bilanzgewinn (lt Gesellschaftsvertrag bzw Gesellschafterbeschluss) noch sog. „verdeckte Ausschüttungen“ dürfen als Einkommensverwendung das körperschaftsteuerpflichtige Einkommen der gewinnerzielenden Gesellschaft vermindern (§ 8 Abs 2 KStG). Offene wie auch verdeckte Ausschüttungen einer Gesellschaft an ihre Gesellschafter, insbesondere wenn diese natürliche Personen sind, unterliegen weiters der Kapitalertragsteuer (derzeit gültiger KESt-Satz 25 %, siehe im Detail §§ 93 ff EStG). Nach dem Gesamtbesteuerungskonzept für Kapitalgesellschaften werden die Gewinne der Gesellschaft zunächst mit 25 % KöSt (1. Besteuerungsebene) und (erst) bei Ausschüttung an die (nicht befreiten) Gesellschafter mit weiteren 25 % KESt (2. Besteuerungsebene) besteuert, woraus eine Gesamtsteuerbelastung von 43,75 % resultiert.

Gesetzlich vorgesehene Steuerbefreiungen für Zwecke der Körperschaftsteuer und/oder Kapitalertragsteuer gelten grds sowohl für offene als auch verdeckte Ausschüttungen (zB Vermeidung der Mehrfachbesteuerung von Schachteldividenden zwischen Kapitalgesellschaften gemäß § 10 Abs 1 KStG iVm § 94 Z 2 EStG).

Im Falle (offener) Gewinnausschüttungen/Dividenden aus Bilanzgewinnen hat die ausschüttende Gesellschaft grds im Zuflusszeitpunkt 25 % KESt einzubehalten und binnen Wochenfrist an das zuständige Finanzamt abzuführen (§§ 95 und 96 EStG).

Bisherige KESt-Vorschreibungen bei verdeckten Ausschüttungen

Anders verhält es sich bei sog. „verdeckten Ausschüttungen“ (vA), also oftmals nicht sofort als Ausschüttungen erkennbare Vorteilszuwendungen an den/die Gesellschafter, die in den unterschiedlichsten Spielarten vorkommen (siehe zu Definition und Formen auch unseren <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag vom 12.3.2015: „GEWINNAUSSCHÜTTUNGEN | Verrechnungskonten als vGA?“) und häufig erst mit erheblicher Verspätung als vA identifiziert werden, sodass es im Ausschüttungszeitpunkt naturgemäß auch (noch) zu keinem KESt-Abzug der bloß haftenden Gesellschaft zulasten des Gesellschafters (als Empfänger der Kapitalerträge und Steuerschuldner der KESt) gekommen ist. Für derlei Sachverhalte sind die Bestimmungen des § 94 Abs 4 EStG zu beachten, wonach die KEStausnahmsweisedem Empfänger der Kapitalerträge vorzuschreiben ist, wenn der Abzugsverpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat oder der Empfänger weiß, dass der Abzugsverpflichtete die einbehaltene KESt nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt.

Ungeachtet dieser seit Jahren bestehenden Ausnahmeregelung wurden jedoch für insb. im Zuge von Betriebsprüfungen festgestellte verdeckte Ausschüttungen die daraus resultierenden nachträglichen KESt-Vorschreibungen in der Regel dennoch nicht direkt an die begünstigten Gesellschafter adressiert sondern erfolgten die Vorschreibungen zumeist direkt gegenüber der (geprüften) Gesellschaft. Dies deshalb, weil die herrschende Meinung bis dato davon ausging, dass es im Ermessen der Abgabenbehörde stehe, ob sie sich mit der nachträglichen KESt-Vorschreibung an die eine vA zuwendende Gesellschaft (mittels Haftungsbescheid) oder aber direkt an den/die begünstigten Gesellschafter (mittels Abgabenbescheid) wendet.

Demgegenüber hat das Bundesfinanzgericht (gleich in mehreren jüngeren Entscheidungen) erkannt, dass im Falle von verdeckten Ausschüttungen kein derartiges Wahlrecht der Finanzverwaltung bestehe sondern nach dem Wortlaut des § 95 Abs 4 EStG  diesfalls zwingend der Empfänger der Kapitalerträge (KESt-Schuldner) in Anspruch zu nehmen sei (vgl insb. BFG 3.10.2014, RV/5100083/2013).

Neue Verwaltungspraxis für KESt-Vorschreibungen bei vA (BMF-Info vom 30.3.2015)

Aufgrund dieser neueren BFG-Judikatur und daraus resultierender Beanstandung einer Vorschreibung gegenüber der Gesellschaft kam es sogar zu einer Verjährung von KESt-Ansprüchen. Deshalb hat die Finanzverwaltung rasch reagiert und – ungeachtet dessen, dass die Literatur überwiegend ein Ermessen der Behörde bejaht (vgl mwN BLASINA in SWK 2015, S. 529 ff) und es auch schon wieder anderslautende jüngere Judikatur gibt (BFG 12.3.2015, RV/7102276/2012) - mit Informationsschreiben vom 30.3.2015 (BMF-010200/0015-VI/1/2015)  ihre Verwaltungspraxis dahingehend geändert, dass die KESt künftig mittels Abgabenbescheid vorrangig dem Empfänger der Kapitalerträge vorgeschrieben wird.

Eine nachrangige Vorschreibung an die Gesellschaft im Wege eines Haftungsbescheides bleibt unter gewissen Umständen aber auch weiterhin zulässig bzw kann auch zusätzlich zur Direktvorschreibung beim Empfänger oder auch anstelle dessen erfolgen. Anwendungsfälle hiefür sind:

  • Feststehen der Uneinbringlichkeit der KESt beim Empfänger der Kapitalerträge bzw

  • begründete Zweifel an der Einbringlichkeit beim Empfänger der Kapitalerträge;

  • Vorschreibung an die ausschüttende Gesellschaft ggfs auch aus Gründen der Verwaltungsökonomie (zB Vielzahl von KESt-Schuldnern).

Wird die Kapitalertragsteuer sowohl dem Eigenschuldner (mittels Abgabenbescheid) als auch der ausschüttenden Gesellschaft (mittels Haftungsbescheid) vorgeschrieben, so entfällt die Verpflichtung zur Zahlung der KESt mit Entrichtung durch einen der beiden für den jeweils anderen.

Insbesondere ist auch darauf hinzuweisen, dass (nur) im Falle einer direkten Vorschreibung beim Eigenschuldner auch Anspruchszinsen iS § 205 BAO anfallen (dh eine Verzinsung von ESt-/KöSt-Nachzahlungen, die sich aus Abgabenbescheiden ergeben und die erst nach dem 30. September des Folgejahres entrichtet werden). Verdeckte Ausschüttungen ziehen zukünftig sohin auch Zinsbelastungen nach sich. Bescheidmäßig vorgeschriebene Anspruchszinsen gegenüber dem Empfänger der Kapitalerträge bleiben aber auch im Falle der Zahlung durch die ausschüttende Gesellschaft aufrecht. Entrichtet daher die ausschüttende Gesellschaft die KESt au Basis eines Haftungsbescheides, hat der Empfänger der Kapitalerträge dennoch die Anspruchszinsen zu bezahlen bzw haftet die in Vorlage getretene Gesellschaft wiederum auch für diese Nebenansprüche.

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Durch die infolge der BFG-Rechtsprechung geänderte Verwaltungspraxis wird die Kapitalertragsteuer (25 % KESt) für verdeckte Gewinnausschüttungen ab sofort (vorrangig) mittels Abgabenbescheid beim Empfänger der Kapitalerträge als KESt-Schuldner eingehoben. Dadurch entstehen neben einer entsprechenden Liquiditätsbelastung auf Gesellschafterebene insbesondere auch zusätzliche Aufwendungen für Anspruchszinsen.

Für eine auch weiterhin mögliche (nachrangige) Inanspruchnahme der vorteilszuwendenden Gesellschaft mittels Haftungsbescheid wird in Hinkunft besonderes Augenmerk auf eine hinreichende Begründung für diese alternative oder ergänzende Maßnahme zu legen sein.

Die korrekte Vorgangsweise iS § 95 Abs 4 EStG ist insbesondere auch hinsichtlich der Verjährung von KESt-Ansprüchen von Relevanz, wobei zu beachten ist, dass die KESt eine besondere Erhebungsform der ESt ist und eine nachträgliche KESt-Vorschreibung somit von der Verjährung des Rechts auf Festsetzung der Jahreseinkommensteuer abhängt. Eine Außenprüfung ist grds auch für nachträgliche KESt-Vorschreibungen als Verlängerungshandlung iS § 209 BAO anzusehen, soferne die KESt auch vom Prüfungsauftrag der BP umfasst ist.


Für weitergehende Fragen im Einzelfall stehen Ihnen die Verfasser natürlich gerne zur Verfügung!