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BETEILIGUNGEN | „Mantelkauf“ auch bei mittelbarem Gesellschafterwechsel?

Verlustvorträge können infolge geänderter Identität einer Körperschaft verfallen, wobei das Tatbestandsmerkmal wesentliche Änderung der Gesellschafterstrukturbisher auf die unmittelbare Beteiligung abstellte. Laut BFG sei jedoch ein wirtschaftlicher Gesellschafterbegriff und damit die mittelbare Beteiligungsstruktur maßgeblich. Diese neue Sicht kann sich je nach Fallkonstellation positiv oder negativ auswirken!

Gemäß § 8 Abs 4 Z 2 KStG steht ein Verlustabzug ab jenem Zeitpunkt nicht mehr zu, ab dem die „Identität“ der verlustvortragenden Körperschaft infolge einer „wesentlichen Änderung“ (lt Verwaltungspraxis mehr als 75 %)

  • der organisatorischen Struktur (insb. Geschäftsführung)
  • und wirtschaftlichen Struktur (insb. Geschäftstätigkeit und Vermögen) iZm einer
  • wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage

nach dem Gesamtbild der Verhältnisse wirtschaftlich nicht mehr gegeben ist. Ein sohin definierter, zum Verfall von Verlustvorträgen führender sog. „Mantelkauf“ wird grds (erst) dann schlagend, wenn alle drei Tatbestandsmerkmale kumulativ erfüllt sind.

Bisherige Gesetzesauslegung

Hinsichtlich der Auslegung zu den beiden Mantelkauftatbestandsmerkmalen „organisatorische Struktur“ und „wirtschaftliche Struktur“ kam es in den letzten Jahren zu div. Verschärfungen der Verwaltungspraxis, dargelegt in den Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 (vgl dazu schon unseren <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag vom 30.9.2013: „BETEILIGUNGSERWERB – Warm anziehen beim Mantelkauf!“).

Hinsichtlich des hier besonders interessierenden dritten Tatbestandsmerkmals „wesentliche Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage“ sei vollständigkeitshalber zunächst darauf hingewiesen, dass das BMF im Zuge der letzten Richtlinienwartung die bereits bisher enthaltene Aussage, dass auch ein einbringungsverursachter Anteilserwerb einen Anschaffungstatbestand iS § 20 Abs 1 UmgrStG darstellt, dahingehend ergänzt hat, dass eine mantelkaufrelevante „Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage“ auch dann vorliege, wenn die betr. Beteiligung an einer verlustvortragenden Gesellschaft im Wege einer Sacheinlage nach allgemeinem Ertragsteuerrecht (gem. § 6 Z 14 lit b EStG) oder einer Einbringung nach Umgründungssteuerrecht (gem. Art III UmgrStG) auf eine andere Kapitalgesellschaft übertragen wird (Rz 997 KStR 2013 idF Wartungserlass 2014). Demgemäß kann dieses Mantelkauftatbestandsmerkmal grds auch bei umgründungsbedingter Änderung der Gesellschafterstruktur schlagend werden.

Für die Frage, wann denn nun eine wesentliche Änderung (mehr als 75 %) der „Gesellschafterstruktur“ auf entgeltlicher Grundlage (Kauf, Tausch, Einbringung etc) vorliegt, wurde nach bisher herrschender Meinung auf das stimmberechtigte Kapital bzw die Gesellschafterstruktur auf Ebene der betreffenden Gesellschaft (an deren Rechtsmantel die fraglichen Verlustvorträge hängen) abgestellt. Ein bloß mittelbarer Gesellschafterwechsel erfülle das Kriterium „Änderung der Gesellschafterstruktur“ hingegen nicht. Allenfalls könne in Extremfällen Missbrauch anzunehmen sein, wenn etwa eine Holding zwischen Erwerber und Verlustgesellschaft eigens zum Zwecke der Verlustübernahme „zwischengeschaltet“ wird (vgl mwN Kirchmayr in ACHATZ/KIRCHMAYR, KStG-Kommentar, Tz 563 zu § 8).

Entscheidung des Bundesfinanzgerichts (BFG 12.1.2015, RV/7100894/2012)

Bei dem vom Bundesfinanzgericht (BFG) ua zu beurteilenden Sachverhalt kam es zu mehreren Beteiligungsübertragungen, wobei sämtliche Anteile an einer verlustvortragenden Kapitalgesellschaft an eine Zwischenholding übertragen wurden (neue Alleingesellschafterin), in der Zielstruktur jedoch die Altgesellschafter (zwei von ursprünglich drei natürlichen Personen) noch mittelbar deutlich über 25 % beteiligt waren. Das BFG verneinte in diesem Fall die Verwirklichung des Mantelkauftatbestandsmerkmals, im wesentlichen mit folgenden Kernaussagen:

  • Schon der klare Gesetzeswortlaut erschließe, dass die „Gesellschafterstruktur“ sich nicht nur auf die unmittelbar Beteiligten beschränken könne, sondern die gesamte übergeordnete Struktur zu betrachten sei (Mutter-, Großmutterebene etc). Das bloße Zwischenschalten einer Kapitalgesellschaft zwischen Gesellschaft und bisherige Gesellschafter führe zwar zu einer gänzlichen Änderung der Gesellschafter, nicht aber der Gesellschafterstruktur. Wirtschaftlich bleibe die Entscheidungsbefugnis über das Schicksal der Gesellschaft in denselben Händen. Die tatbestandsrelevante Gesellschafterstruktur bleibe damit im wesentlichen unverändert, womit allein durch die Zwischenschaltung kein Indentitätswechsel iS § 8 Abs 4 Z 2 KStG vorliegen könne.

  • Weiters verwies das BFG auf die im Ertragsteuerrecht gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise sowie auf die Relevanz der mittelbaren Gesellschafterstellung an mehreren Stellen des KStG sowie auch in den KStR (!).

  • Dies sei auch kein Widerspruch zum Trennungsprinzip, zumal dieses die Anerkennung der Rechtsperson bzw Zurechnung von Einkommen bzw Einkunftsquellen betreffe und daher losgelöst vom Mantelkauftatbestand zu sehen sei.

  • Das BFG spricht sich auch explizit gegen die Rechtsansicht der obzitierten „herrschenden Lehre“ aus. Das Argument des Ausuferns des Mantelkaufs bei mittelbarer Betrachtung im Konzern werde nicht geteilt. Vielmehr treffe das Gegenteil zu, zumal konzerninterne Umstrukturierungen nicht vom Mantelkauf erfasst würden, was bei Identitätswahrung des Konzerns auch sachgerecht erscheine. Hingegen wären Umgehungen durch Verkauf nicht der Zielgesellschaft sondern einer darüberliegenden Holding nicht möglich bzw könnten direkt über § 8 Abs 4 KStG gelöst werden, ohne im Einzelnen meist schwierige Missbrauchsüberlegungen iS § 22 BAO anstellen zu müssen.

Schließlich äußerte sich das BFG auch noch zur Wesentlichkeit einer Änderung der (wirtschaftlichen) Beteiligungsverhältnisse: Dies müsse grds nach den Verhältnissen des Einzelfalls beurteilt werden. Das von der Verwaltungspraxis angenommene Ausmaß von zumindest 75 % könne „allenfalls als Richtwert“ dienen.

Zusammenfassung und Praxishinweise

Wenn die Rechtsansicht des BFG auch vor dem Höchstgericht (VwGH) hält, könnten durch die sohin gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise auch für mantelkaufrelevanten Gesellschafterstrukturen künftig konzerninterne Umstrukturierungen, in welche Gesellschaften mit Verlustvorträgen involviert sind, erheblich erleichtert werden. Umgekehrt könnte dann aber wohl das Risiko des Verlustuntergangs auch in Fällen schlagend werden, wo es zu gar keiner unmittelbaren Änderung der Beteiligungsverhältnisse kommt, jedoch die mittelbare Gesellschafterstruktur eine wesentliche Veränderung erfährt.

Das letzte Wort hat allerdings der Verwaltungsgerichtshof, zumal die im konkreten Fall unterlegene Finanzverwaltung bereits eine Amtsrevision eingebracht hat.

Für weitergehende Fragen im Einzelfall stehen Ihnen die Verfasser natürlich gerne zur Verfügung!