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BILANZIERUNG | Die unversteuerten Rücklagen nach dem RÄG 2014

Klammer Tobias  |  Vrba Maria

Mit unserer Artikelserie informieren wir Sie bereits seit Herbst 2014 laufend über die Neuerungen durch das Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014. Die geänderten Gesetzesbestimmungen sind erstmals für Jahresabschlüsse, die nach dem 31.12.2015 beginnen, verpflichtend anzuwenden. Der 31.12.2016 ist somit der erste Regelbilanzstichtag für die Vollanwendung des RÄG 2014. Aus diesem Anlass möchten wir Ihnen nachfolgend, anhand eines anschaulichen Beispiels, die korrekte Vorgangsweise in Zusammenhang mit den künftig nicht mehr zu bilanzierenden unversteuerten Rücklagen sowie auch die damit einhergehende steuerliche Behandlung dieses abgeschafften Bilanzpostens erläutern. 

Mit dem Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014 (RÄG 2014) wurde - nicht zuletzt im Sinne einer besseren internationalen Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen -  § 205 UGB ersatzlos gestrichen und damit der bisher auf der Passivseite der Bilanz zwischen Eigen- und Fremdkapital gesondert erfolgte Ausweis unversteuerter Rücklagen abgeschafft. Diese gesetzlichen Änderungen haben jedoch nicht nur Auswirkungen auf die Bilanzierung der Geschäftsjahre beginnend mit 1.1.2016, sondern machen auch eine Anpassung der Vorjahreszahlen aus dem Geschäftsjahr 2015 erforderlich (§ 906 Abs 36 UGB). 

Das RÄG 2014 sieht grundsätzlich eine Umgliederung der bisher als eigener Bilanzposten passivierten „unversteuerten Rücklagen“ in die Gewinnrücklagen im Eigenkapital vor. Aus dieser Umgliederung resultieren bei Kapitalgesellschaften, die als Steuersubjekt der Körperschaftsteuer unterliegen, passive latente Steuern in Höhe von 25% des Gesamtbetrages der unversteuerten Rücklagen, welche unter den Rückstellungen im Fremdkapital auszuweisen sind (§ 906 Abs 31 UGB). Demgegenüber sind bei rechnungslegungspflichtigen Einzelunternehmen und Personengesellschaften die unversteuerten Rücklagen unmittelbar und in voller Höhe in die Gewinnrücklagen einzustellen, zumal diese Rechtsformen mangels Steuersubjektivität keine passiven latenten Steuern zu berücksichtigen haben. In Zusammenhang mit diesen Übergangsbestimmungen ist insbesondere auch zu beachten, dass die Gesetzesänderungen auch bereits für die Vorjahreswerte des Jahresabschlusses 2015 zu berücksichtigen sind. Dies sei anhand der nachfolgenden Beispiele veranschaulicht:

Beispiel 1: Kapitalgesellschaft

Die A-GmbH verfüge zum 1.1.2015 über unversteuerte Rücklagen von 1.000, die im Jahr 2015 in Höhe von 200 aufgelöst wurden. Aufgrund der Rechtslage vor RÄG 2014 waren somit in der Bilanz zum 31.12.2015 noch unversteuerten Rücklagen iHv 800 auszuweisen bzw resultierte aus der anteiligen Auflösung ein Bilanzgewinn von 200.

Da es sich bei der A-GmbH um eine Kapitalgesellschaft und somit um ein KöSt-pflichtiges Steuersubjekt handelt, müssen die durch das RÄG 2014 als Bilanzposten wegfallenden unversteuerten Rücklagen in Gewinnrücklagen (Eigenkapital) und passive latente Steuern (Fremdkapital) aufgesplittet werden. Wie oben ausgeführt, sieht das RÄG 2014 zudem auch eine Anpassung der Vorjahreszahlen in Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung vor. Die unversteuerten Rücklagen müssen somit bereits in der „Eröffnungsbilanzzum 1.1.2015 fiktiv auf Gewinnrücklagen von 750 und passive latente Steuern von 250 (Vorsorge für 25 % KöSt-Belastung) aufgeteilt werden. Die Rücklagenauflösung iHv insgesamt 200 erfolgt in der G&V 2016 mit 150 als Auflösung von Gewinnrücklagen und mit 50 als Veränderung von passiven latenten Steuern im Steueraufwand (im Beispielfall als Steuerertrag). Die nach dem RÄG 2014 adaptierte Bilanz zum 31.12.2015 wird nachfolgend dargestellt (wobei in der linken Spalte die Darstellung im Jahresabschluss vor RÄG 2014 und in der rechten Spalte die Darstellung nach RÄG 2014 abgebildet wird):

 

 

Eine wesentliche Konsequenz der Anpassung der Vorjahreszahlen an das RÄG 2014 ist also, dass durch die Umgliederung und Entsteuerung der unversteuerten Rücklagen in der Bilanz bzw durch die Auflösung der passiven Steuerlatenz in der Gewinn- und Verlustrechnung zum einen die Vorjahresbeträge im Eigenkapital und zum anderen das Jahresergebnis des vorangegangenen Geschäftsjahres geändert werden. Diese Anpassungen sind allesamt im ersten vollständigen RÄG-Jahresabschluss zum 31.12.2016 darzustellen.  

Beispiel 2: Bilanzierende Einzelunternehmen und Personengesellschaften

Davon ausgehend, dass das beispielhafte Unternehmen nicht als A-GmbH sondern nunmehr in der Rechtsform eines Einzelunternehmens A bzw einer Personengesellschaft A-KG geführt wird, ergibt sich folgende geänderte Behandlung der unversteuerten Rücklagen:

Abweichend zu den Ausführungen bei Kapitalgesellschaften sind die unversteuerten Rücklagen diesfalls – mangels Steuersubjektivität - unmittelbar in voller Höhe in die Gewinnrücklagen einzustellen bzw sind bei der Umgliederung keine passiven latenten Steuern vorzusorgen. Die unversteuerten Rücklagen müssen somit zum 1.1.2015 iHv 1.000 in die Gewinnrücklagen umgegliedert werden. Die anteilige Auflösung der Gewinnrücklage iHv 200 erfolgt wiederum über den G&V-Posten Auflösung von Gewinnrücklagen. Die nach dem RÄG 2014 adaptierte Bilanz zum 31.12.2015 wird nachfolgend dargestellt:  

 

Hätte im Geschäftsjahr 2015 anstelle der Auflösung eine Zuweisung zu unversteuerten Rücklagen stattgefunden, wären die obigen Grundsätze sinngemäß anzuwenden.

Weitere Anmerkungen zur Bilanzierung

Weiters ist bei Berechnung der URG-Kennzahlen zum 31.12.2016 zu beachten, dass vom Gesamtbetrag der bisherigen unversteuerten Rücklagen aufgrund der Rückstellung für passive latente Steuern 25 % vom Eigen- in das Fremdkapital umgegliedert wurden und somit die Eigenmittelquote gemäß § 23 URG dementsprechend vermindern.

Für Jahresabschlüsse, in denen unter den unversteuerten Rücklagen bis dato (unrichtigerweise) auch Subventionen und Zuschüsse ausgewiesen wurden, sei darauf hingewiesen, dass diese bei Wesentlichkeit (wie schon bisher) als gesonderter Posten zwischen Eigenkapital und Rückstellungen ausgewiesen werden können. Alternativ ist auch ein Ausweis von Subventionen und Zuschüssen unter den passiven Rechnungsabgrenzungsposten zulässig. 

Die unversteuerten Rücklagen im Steuerrecht

Durch den Wegfall des § 205 UGB ist für unversteuerte Rücklagen auch die die grundsätzliche Maßgeblichkeit der Unternehmensbilanz für die Steuerbilanz gefallen. Die unversteuerten Rücklagen bzw Bewertungsreserven bestehen im Ertragsteuerrecht jedoch weiter (zB Gebäudesonderabschreibungen gemäß § 8 EStG, Übertragung stiller Reserven gemäß § 12 EStG, GWG gemäß § 13 EStG) und können auch die vor Inkrafttreten des RÄG 2014 bestandenen Bilanzposten ungeachtet ihrer Eliminierung im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss als steuerliche Rücklagen weitergeführt werden (§ 124b Z 271 EStG). Dies erfordert freilich entsprechende Nebenaufzeichnungen (außerbücherliche bzw steuerliche Mehr-Weniger-Rechnung) und sind für diese steuerlichen Rücklagen § 205 UGB und § 6 Z 13 erster Satz EStG, jeweils in der Fassung vor RÄG 2014, sinngemäß auch weiter anzuwenden. Die steuerlichen Rücklagen müssen gemäß der Entwicklung der Gewinnrücklagen (bisherige unversteuerte Rücklagen) im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss verfolgt und die passiven latenten Steuern entsprechend angepasst werden.

Alternativ könnten die nunmehrigen Gewinnrücklagen (bisherigen unversteuerten Rücklagen) im Geschäftsjahr 2016 auch einer sofortigen Versteuerung unterzogen werden. Diesfalls würde im obigen Beispielssachverhalt unternehmensrechtlich auch weiterhin ein Betrag von 600 als Gewinnrücklagen ausgewiesen, während die bisherige passive Steuerlatenz von 200 durch das Schlagendwerden der effektiven Steuerbelastung verbraucht würde (Erhöhung des Jahresüberschusses in der UGB-Bilanz). Passive latente Steuern wären daher im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss zum 31.12.2016 nicht mehr auszuweisen. 

Zusammenfassung und Ausblick

Aufgrund der Änderungen der Rechnungslegungsvorschriften durch das RÄG 2014 dürfen „unversteuerte Rücklagen“ auf der Passivseite der Bilanz zum 31.12.2016 nicht mehr gesondert ausgewiesen werden. Die Umgliederung der bisherigen unversteuerten Rücklagen in die Gewinnrücklagen löst auch einen Anpassungsbedarf bei den Vorjahreszahlen für das Geschäftsjahr 2015 aus. Dadurch ändert sich im Jahresabschluss 2016 das Eigenkapital sowie auch das Jahresergebnis des Vorjahres 2015. Ein weiteres Augenmerk muss auf die steuerliche Behandlung der – abgabenrechtlich weiterhin existenten - unversteuerten Rücklagen geworfen werden, zumal die korrekte Entwicklung der passiven latenten Steuern weiterhin im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss berücksichtigt werden muss.  

Hinsichtlich weiterführender Informationen dürfen wir nochmals auf unsere bereits sehr umfangreiche Artikelserie zum Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014 hinweisen (vgl zuletzt den NL-Beitrag<link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem> „BILANZIERUNG | Arbeitshilfen zur Umsetzung des RÄG 2014“ vom 12.2.2017). Selbstverständlich werden Sie auch in Zukunft über Themen der Rechnungslegung informieren und auf einzelne Problemstellungen zu Bilanzierung und Bewertung nach dem RÄG 2014 in der Praxis und daraus resultierende steuerrechtliche Thematiken näher eingehen.

Für Rückfragen stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen MitarbeiterInnen des ICON-WP- und Bilanzierungsteams natürlich gerne zur Verfügung!