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BILANZIERUNG | Ereignisse nach dem Abschlussstichtag

Mit dem nachfolgenden Beitrag möchten wir Sie für die Thematik der Ereignisse nach dem Abschlussstichtag sensibilisieren und aufzeigen, ob bzw in welcher Form derartige „subsequent events“ bereits im (geprüften oder ungeprüften) Abschluss für das vorangegangene Geschäftsjahr berücksichtigt werden müssen. 

Im Rahmen der Abschlusserstellung nach internationaler Rechnungslegung regelt IAS 10, wann ein Unternehmen welche Ereignisse nach dem Abschlussstichtag („subsequent events“) in seinem Abschluss bereits zu berücksichtigen hat. 

Der Grundgedanke des IFRS findet sich auch im nationalen Unternehmensrecht: Nach dem in § 201 Abs 2 Z 4 lit b UGB normierten Vorsichts- bzw Imparitätsprinzip sind berücksichtigungspflichtige (werterhellende) und nicht berücksichtigungspflichtige (wertbegründende) Tatsachen zu unterscheiden. Demnach sind erkennbare Risiken und drohende Verluste, die in dem betreffenden oder einem früheren Geschäftsjahr entstanden sind, zu berücksichtigen, auch wenn die Ereignisse erst nach dem Bilanzstichtag bekannt wurden. Tatsachen, die erst nach dem Bilanzstichtag eintreten und keine weiteren Erkenntnisse über bereits zum Bilanzstichtag bestehende Verhältnisse offenbaren, sind hingegen im Abschluss des vorangegangenen Geschäftsjahres noch nicht zu berücksichtigen. Vielmehr sind die Art und finanzielle Auswirkungen wesentlicher Ereignisse seit dem RÄG 2014 nicht mehr im Lagebericht sondern im Anhang von mittelgroßen und großen Gesellschaften zu erläutern. 

Die AFRAC-Stellungnahme 16 behandelt ebenso, in welcher Form und zu welchen Zeitpunkten neu hervorgetretene Erkenntnisse bzw nach dem Bilanzstichtag eingetretene Ereignisse im Abschluss des vorangegangenen Jahres noch zu berücksichtigen sind. Grundsätzlich sind die Mitglieder der Geschäftsführung bzw des Vorstandes verpflichtet, über die Verhältnisse am Abschlussstichtag zum Zeitpunkt der Aufstellung des Jahresabschlusses Kenntnis zu haben und alle für den Ansatz und die Bewertung relevanten Erkenntnisse innerhalb dieses Wertaufhellungszeitraumes zu beschaffen. Diese Pflicht umfasst alle einem ordentlichen und gewissenhaften Unternehmer zumutbaren Maßnahmen.

Ereignisse zwischen dem Abschlussstichtag eines zu prüfenden Geschäftsjahres und dem Datum des Bestätigungsvermerks

 Bei den Ereignissen nach dem Bilanzstichtag ist also zwischen Werterhellung (bzw Wertaufhellung) und Wertbegründung (bzw Wertänderung) zu unterscheiden:

  • Werterhellende Ereignisse sind bei der Aufstellung des Abschlusses zwingend zu berücksichtigen. Diese Ereignisse liefern Nachweise sowie bessere Erkenntnisse über die Verhältnisse am Bilanzstichtag (Beispiel: ein ausländisches Warenlager wird bei einem Brand kurz VOR dem Bilanzstichtag vernichtet, was jedoch erst kurz nach dem Bilanzstichtag bekannt wird).

  • Wertbegründende Ereignisse dürfen hingegen in der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung des abgelaufenen Geschäftsjahres noch nicht berücksichtigt werden, sind jedoch bei Wesentlichkeit verpflichtend im Anhang von mittelgroßen und großen Gesellschaften zu erläutern. Wertbegründende Ereignisse zeitigen neue, wertändernde Verhältnisse nach dem Bilanzstichtag (Beispiel: ein ausländisches Warenlager wird bei einem Brand kurz NACH dem Bilanzstichtag vernichtet; bei Wesentlichkeit hat dennoch eine entsprechende Anhangangabe im vorangegangenen Jahresabschluss zu erfolgen). 

Werterhellende Ereignisse können etwa ein im Werterhellungszeitraum ergehendes Gerichtsurteil über eine rechtliche Verpflichtung (bereits) zum Bilanzstichtag sein, oder die Wertminderung einer Forderung am Abschlussstichtag wird durch die Einleitung des Insolvenzverfahrens auf Schuldnerseite schlagend. Die Entdeckung eines Betrugs oder von Fehlern führt zu einer entsprechenden Berichtigungspflicht, da sie den Abschluss wesentlich falsch darstellen können.

Ereignisse nach dem Datum des Bestätigungsvermerks

Für Abschlussersteller endet die Betrachtung der „subsequent events“ zu jenem Zeitpunkt, zu dem der Vorstand die Veröffentlichung des Abschlusses genehmigt. Für Abschlussprüfer im Falle geprüfter Jahresabschlüsse endet die Pflicht zur Berücksichtigung von Ereignissen hingegen mit dem Datum des Bestätigungsvermerks. 

ISA 560 definiert den Zeitpunkt der Herausgabe des Abschlusses, an dem der geprüfte Abschluss einschließlich Bestätigungsvermerk Dritten zur Verfügung gestellt wird. Ergo dessen liegt das Datum der Herausgabe am oder nach dem Bestätigungsvermerk

Daraus resultiert die Frage, wie mit Ereignissen umzugehen ist, die nach der Erteilung des Bestätigungsvermerks, jedoch vor oder nach Herausgabe des Abschlusses an Dritte bekannt werden: 

  • Vor Herausgabe des Abschlusses 

Gemäß § 269 Abs 4 UGB müssen Veränderungen des Abschlusses nach Vorlage des Prüfungsberichts dem Abschlussprüfer bekannt gegeben werden. Dies bedeutet, dass das Management dazu verpflichtet ist, den Abschlussprüfer über Ereignisse zu informieren, die den Abschluss und den Lagebericht beeinflussen können, im Zeitraum zwischen der Erteilung des Bestätigungsvermerks und der Weitergabe des geprüften Abschlusses an Dritte. Es obliegt dem Abschlussprüfer, nach Rücksprache mit dem Management und gegebenenfalls mit dem Aufsichtsorgan zu beurteilen, ob der bereits geprüfte Abschluss und/oder Lagebericht geändert werden muss. Der Abschlussprüfer ist ggfs verpflichtet, bei einer Änderung die neuen Unterlagen und deren Auswirkungen im Rahmen einer Nachtragsprüfung zu prüfen und über deren Ergebnis zu berichten. Der Bestätigungsvermerk ist gemäß § 274 UGB entsprechend zu ergänzen und eventuell zu verändern.  

  • Nach Herausgabe des Abschlusses 

Werterhellende Ereignisse nach der Herausgabe des Abschlusses führen bei einem bereits festgestellten, grundsätzlich fehlerfreien Jahresabschluss nur dann zu einer Änderung, wenn gewichtige Gründe vorliegen. Es obliegt wiederum dem Abschlussprüfer, nach Rücksprache mit dem Management und gegebenenfalls mit dem Aufsichtsorgan zu beurteilen, ob der bereits geprüfte Abschluss und/oder Lagebericht geändert werden muss. Das Management muss jeden informieren, der den Abschluss samt dem dazugehörigen Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers erhalten hatte. Der Umfang einer erneuten Prüfung umfasst nur die vorgenommenen Änderungen sowie deren Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage.  

  • Abschlüsse ohne Bestätigungsvermerk

Insofern die Unternehmensleitung erst nach der Aufstellung des Jahresabschlusses wertaufhellende Erkenntnisse erlangt und diese für die Vermittlung eines möglichst getreuen Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens wesentlich sind, hat die Unternehmensleitung zu prüfen, ob eine Änderung des Jahresabschlusses erforderlich ist. Wird keine Änderung vorgenommen, ist das für die Feststellung des Jahresabschlusses zuständige Organ darüber zu informieren. 

Bei Erkenntnissen nach Feststellung des Jahresabschlusses hat die Geschäftsführung/der Vorstand zu entscheiden, ob das Auftreten wertaufhellender Erkenntnisse nach der Feststellung des Jahresabschlusses einen ausreichenden Grund darstellt, um einen Widerruf des Feststellungsbeschlusses beim jeweils zuständigen Organ zu beantragen, um den Jahresabschluss zu ändern. 

Zusammenfassung 

Durch die Berücksichtigung von Änderungen in der Bilanz bzw G&V (werterhellend) oder durch verbale Angaben im Anhang (wertbegründend) soll für die Abschlussadressaten ein möglichst aktuelles Gesamtbild über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage gewährleistet werden. Dabei ist eine klare Abgrenzung zwischen werterhellenden und wertbegründenden Tatsachen nicht immer ganz einfach.   

Für Rückfragen stehen Ihnen die Verfasserinnen und gerne auch die übrigen MitarbeiterInnen unseres Bilanzierungs- und WP-Teams zur Verfügung!