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BILANZIERUNG | Rechnungslegung von Vereinen

Am 19.4.2021 hat der Fachsenat für Unternehmensrecht und Revision der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ein neues Fachgutachten zur Rechnungslegung der Vereine (als Neufassung der Stellungnahme KFS/RL 19) beschlossen. Anstatt einer Stellungnahme zu Einzelfragen ist dieses Fachgutachten nunmehr systematisch aufgebaut und beinhaltet klare Leitlinien für die Umsetzung der Rechnungslegungsbestimmungen im Vereinsgesetz (§§ 21 und 22 VerG). Wesentliche Inhalte sind neben Hilfestellungen bei der Einordnung in die maßgeblichen Größenklassen auch zahlreiche Antworten zu den Anforderungen und die Darstellung des Jahresabschlusses. Der nachfolgende Beitrag soll Ihnen einen strukturierten Überblick über die Kerninhalte des neuen Fachgutachtens zur Vereinsrechnungslegung geben.

Rechtsgrundlagen und Größenklassen

Die grundlegenden Bestimmungen zur Rechnungslegung von Vereinen finden sich im Vereinsgesetz 2002 (insb. §§ 21 und 22 VerG), wobei jedoch auf zahlreiche unternehmensrechtliche Rechnungslegungsvorschriften des UGB verwiesen wird. Nach den vereinsrechtlichen Vorschriften muss das Leitungsorgan dafür sorgen, dass die Finanzlage des Vereins rechtzeitig und hinreichend erkennbar ist und hat daher ein entsprechendes Rechnungswesen im Verein zu implementieren. 

Die nachfolgende Tabelle zeigt die gesetzlich definierten Größenklassen sowie die dafür geltenden Einstufungskriterien (die Anzahl von Mitgliedern, Zweigvereinen oder Arbeitnehmern ist für die größenabhängig gestaffelten Rechnungslegungsverpflichtungen hingegen nicht relevant): 

 

Die Bestimmungen der jeweiligen Größenklasse sind anzuwenden, wenn zumindest einer der Schwellenwerte in zwei aufeinanderfolgenden Rechnungsjahren über- bzw. unterschritten wurde. Die Definitionen der einzelnen Kriterien werden durch nachfolgende Begriffsbestimmungen erläutert:

Begriffsbestimmungen 

Gewöhnliche Einnahmen und Ausgaben

Einnahmen und Ausgaben, die über einen längeren Zeitraum regelmäßig anfallen, gelten als „gewöhnlich“. Bei dieser Beurteilung sind sinngemäß die §§ 231 und 233 UGB in der Fassung VOR 2015 heranzuziehen. Demnach sind alle Erträge und Aufwendungen, die nicht explizit als „außergewöhnlich“ gelten, insbesondere die in § 22 Abs 2 VerG genannten Einnahmen (Mitgliedsbeiträge, öffentliche Subventionen, Spenden und sonstige Zuwendungen sowie Einkünfte aus wirtschaftlicher Tätigkeit), der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit zuzurechnen. Beispiele für außergewöhnliche Einnahmen sind einmalige Erbschaften, Veräußerungserlöse oder statutenwidrige Mittelflüsse. 

Spenden und sonstige Zuwendungen

Spenden sind freiwillige Geld- oder Sachzuwendungen und können zweckgebunden oder auch ohne konkrete Auflagen überlassen werden. Darunter sind auch Sponsorzahlungen mit geringer Werbewirkung und Erbschaften zu verstehen. Es ist dabei zwischen Publikumsspenden (Erlagscheinaktionen, Straßensammlungen etc.) und anderen Spenden zu unterscheiden. Auch Spenden mit konkreten Auflagen sind nicht als Verbindlichkeiten anzusehen, da diese in der rechtlichen Verfügungsmacht des Vereins stehen. 

Öffentliche Subventionen

Subventionen können in Form von Geld- oder Sachleistungen (Zuschüsse, Beihilfen, Prämien, Ausgleichsbeträge, Förderungen etc.) erfolgen und stammen von der öffentlichen Hand. Voraussetzung für Subventionen ist ein förderungswürdiges Verhalten bzw. ein förderungswürdiger Zweck. Hingegen können Spenden und sonstige Zuwendungen, die nicht von der öffentlichen Hand stammen, gewidmet oder vorbehaltslos geleistet werden – entscheidend ist dies für die Darstellung (siehe weiter unten). Zeitspenden sowie Nutzungseinlagen sind im Rechenwerk der Vereine nicht abzubilden, können jedoch allenfalls Anhangangaben bei wesentlichem Umfang in großen Vereinen auslösen. 

Anforderungen an die Rechnungslegung 

Kleine Vereine

Die Aufzeichnungs- oder Buchführungs- bzw. Rechnungslegungspflicht entsteht bereits mit dem ersten Geschäftsvorfall. Gemäß § 21 Abs. 1 VerG muss innerhalb von fünf Monaten nach Ende des Rechnungsjahres eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung samt Vermögensübersicht aufgestellt werden. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, strengere Rechnungslegungsgrundsätze anzuwenden. Folgende Mindestgliederung wird empfohlen:

 

In der Vermögensübersicht sind folgende Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten zu erfassen, zu bewerten und gesondert darzustellen: 

  • Vorräte
  • Forderungen
  • Wertpapiere
  • Kassa, Guthaben bei Kreditinstituten
  • Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten
  • Lieferverbindlichkeiten und andere Verbindlichkeiten 

Anlagevermögen ist nur mengen- und nicht wertmäßig anzuführen. Infolgedessen sind Ausgaben und Einnahmen aus Anlagenkäufen und -verkäufen gesondert in der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung darzustellen. Es ist aber auch möglich, dass ein Verein anstelle der Anschaffungskosten für Anlagevermögen die Abschreibungen des Anlagevermögens aufnimmt, wenn die Rechnung als adaptierte Einnahmen-Ausgaben-Rechnung bezeichnet wird und in der Vermögensübersicht die Entwicklung des Anlagevermögens dargestellt wird (Anlagenspiegel). 

Wichtig ist bei der Erstellung der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung jedoch vor allem, dass das Leitungsorgan die zugrunde liegenden Rechnungslegungsgrundsätze des Abschlusses schriftlich festhält. 

Mittelgroße Vereine

Bei mittelgroßen Vereinen ist eine qualifizierte Rechnungslegung nach § 22 VerG unter sinngemäßer Anwendung der relevanten UGB-Bestimmungen zu führen. Somit werden nicht nur die Einnahmen und Ausgaben, sondern auch die Erträge und Aufwendungen des Vereins erfasst. Die Aufstellung eines Anhangs oder Lageberichts sowie die Angabe von Vorjahreswerten ist nicht verpflichtend. Gesetzlich vorgeschrieben sind bei mittelgroßen Vereinen jedoch Erläuterungen über die angewendeten Grundsätze bei der Erstellung des Jahresabschlusses. 

Ziel der nachfolgenden Bestimmungen soll einerseits eine periodengerechte Zuordnung von Mittelflüssen sein, andererseits soll die Darstellung sämtlicher in den einzelnen Rechnungsjahren gewährten Zuwendungen gesichert werden. 

Zuwendungen und Spenden, die mit Auflagen versehen sind, müssen in der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert ausgewiesen werden. Sind diese Bedingungen zum Abschlussstichtag noch nicht erfüllt, so ist in der Bilanz ein gesonderter Passivposten vor den Verbindlichkeiten als „Verpflichtungen aus noch nicht widmungsgemäß verwendeten Zuwendungen“ auszuweisen. Eine weitere Ausweismöglichkeit ist es, die Zuwendungen unter den Passiven Rechnungsabgrenzungsposten gesondert, ebenfalls als „Noch nicht widmungsgemäß verwendete Zuwendungen“, darzustellen. Werden die Auflagen in einem darauffolgenden Jahr erfüllt, so wird der passivierte Betrag erst dann als „Ertrag aufgrund der Erfüllung von Widmungsauflagen aus Vorjahren“ unter „Spenden und sonstige Zuwendungen“ aufgelöst. Zu beachten ist die Saldierungspflicht bei der Erhöhung und Auflösung des Passivpostens.

Wird mithilfe zweckgewidmeter Zuwendungen Anlagevermögen angeschafft, so ist der damit finanzierte Teil der Anschaffungskosten mit der Bezeichnung „Zweckgebundene Finanzierungsbeiträge für Anlagegegenstände“ zu passivieren. Dieser Passivposten wird analog zur Abschreibung bzw. des Abgangs aufgelöst. 

Große Vereine

Wie bei mittelgroßen Vereinen ist insbesondere auch bei großen Vereinen eine qualifizierte Rechnungslegung nach § 22 VerG zu führen. Jedoch tritt hier noch die Verpflichtung zur Aufstellung eines erweiterten Jahresabschlusses (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang) samt Erläuterungen und Anlagenspiegel hinzu. Somit werden die bereits für mittelgroße Vereine sinngemäß geltenden unternehmensrechtlichen Vorschriften (§§ 190 bis 193 Abs. 1 und 193 Abs. 3 bis 216 UGB) noch um die §§ 222 bis 234 bzw 236 bis 240 und 242 Abs. 2 bis 4 UGB erweitert. Für größenabhängige Erleichterungen sind die Bestimmungen des § 221 UGB maßgeblich. Bei großen Vereinen ist zu beachten, dass die Umsatzerlöse iSd § 189a Z 5 UGB heranzuziehen sind und daher die Umsatzerlöse nicht mit den gewöhnlichen Einnahmen und Ausgaben gleichzusetzen sind. Folglich stellen bei der Einordnung in die Größenklassen iS § 221 UGB sonstige Einnahmequellen wie Mitgliedsbeiträge oder Spenden KEINE Umsatzerlöse dar. 

In den Anlagen zum neuen Fachgutachten KFS/RL 19 sind Beispiele angeführt, wie die wichtigsten Erträge (Einnahmequellen) sowie die ihnen jeweils zugeordneten Aufwendungen zu den Einnahmekategorien im Anhang darstellt werden könnten. Die Zuordnung von Aufwendungen zu den jeweiligen Einkunftsquellen kann nach den entsprechenden steuerlichen Bestimmungen erfolgen. Grundsätzlich werden die verbleibenden Aufwendungen, die keinen bestimmten Erträgen zugeordnet werden können, gesammelt als Block den Mitgliedsbeiträgen gegenübergestellt. 

Die Bilanzierung von zweckgewidmeten Spenden und sonstigen Zuwendungen ist analog zu mittelgroßen Vereinen durchzuführen. 

Gliederung der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung 

Da im VerG auf die sinngemäße Anwendung der im UGB geregelten Bestimmungen verwiesen wird, gibt die KSW im Fachgutachten KFS/RL 19 folgende Empfehlung zur Darstellung des Eigenkapitals von Vereinen ab:

 

Die Entwicklung des Vereinskapitals kann entweder direkt in der Bilanz oder im Anhang dargestellt werden. Angemessene Rücklagen für Personalkosten, Aufwendungen für Vertragsaufwendungen und andere Verpflichtungen dürfen gebildet werden. Für Projekte können aus dem Ergebnis ebenfalls Rücklagen gebildet werden, sofern diese Vorhaben für die Erfüllung des statutarischen Zweckes förderlich sind. In welchem Ausmaß eine Reservenbildung angemessen ist, obliegt den Vereinsorganen, wobei sie dies gegenüber den Rechnungsprüfern zu argumentieren und dokumentieren haben.

FAZIT 

Das neue Fachgutachten KFS/RL 19 der KSW vom April 2021 beinhaltet umfassende Erläuterungen zu den Anforderungen an das Rechnungswesen und die Rechnungslegung von Vereinen. Es werden darin auch kontrovers diskutierte Fragen, insbesondere bezüglich der Bilanzierung von zweckgebundenen Zuwendungen, Spenden und Subventionen, beantwortet. 

Das Fachgutachten ist auf Rechnungsjahre anzuwenden, die am oder nach dem 30. Juni 2021 enden, wobei eine frühere Anwendung ausdrücklich empfohlen wird. 

Für Rückfragen dazu sowie weitere Fragen der Rechnungslegung stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen MitarbeiterInnen des Bilanzierungs- und WP-Teams der Service Line "Audit"​​​​​​​ gerne zur Verfügung!