NEWS  |   |  

BILANZIERUNG | Steuerliche Abschreibungssätze auch in der UGB-Bilanz?

Im Zuge der Steuerreform 2015/16 kam es für Wirtschaftsjahre beginnend ab 1.1.2016 zu einer Verminderung der steuerlichen AfA-Sätze für Gebäude. Aus Vereinfachungsgründen stellt sich daher die Frage, ob die aus der geänderten Steuergesetzgebung resultierenden Adaptierungen auch im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss berücksichtigt werden dürfen, insbesondere um auch weiterhin keine Abweichungen zwischen Steuer- und UGB-Bilanz administrieren zu müssen. Lesen Sie hier, worauf dabei zu achten ist! 

Für Steuersubjekte, die der Rechnungslegungspflicht gemäß § 189 UGB unterliegen und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen, sind die unternehmensrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung bzw Bilanzierung (GoB) maßgebend, soweit nicht zwingende steuerrechtliche Vorschriften abweichende Regelungen treffen (§ 5 Abs 1 EStG). Zu den abweichenden steuerrechtlichen Regelungen, welche für die steuerliche Gewinnermittlung zwingend zu beachten sind, gehören insbesondere auch die im Einkommensteuergesetz definierten Nutzungsdauern für bestimmte abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens bzw die daraus resultierenden Abschreibungssätze (AfA-Sätze gemäß §§ 7 und 8 EStG, insbesondere für Gebäude und PKW). In der Bilanzierungspraxis wird im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung bzw „umgekehrten Maßgeblichkeit“ häufig versucht, die steuerlichen Abschreibungssätze auch im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss anzuwenden, soweit dies nach Bilanzrecht zulässig bzw vertretbar ist (planmäßige Abschreibungen im Anlagevermögen gemäß § 204 UGB). Besondere Fragestellungen tun sich in diesem Zusammenhang auf, wenn aufgrund von Änderungen der steuerlichen AfA auch die bisherigen unternehmensrechtlichen Abschreibungssätze geändert werden sollen:

Geänderte steuerliche Gebäudeabschreibungen ab 1.1.2016

Mit dem Steuerreformgesetz 2015/2016 wurde die steuerliche Absetzung für Abnutzung (AfA) für Gebäude grundsätzlich mit (maximal) 2,5 % pa der Anschaffungs- bzw Herstellungskosten festgelegt (zuvor bis zu 3 % pa). Davon abweichend beträgt bei für Wohnzwecke überlassenen Gebäuden die AfA nunmehr (maximal) 1,5 % pa (zuvor bis zu 2 % pa). Die gesetzlichen AfA-Sätze sind – wie schon bisher - dann zwingend, wenn keine (davon abweichenden) Nutzungsdauern nachgewiesen werden (§ 8 Abs 1 EStG idF StRefG 2015/2016). Gemäß der Übergangsbestimmung sind die neuen Gebäude-AfA-Sätze erstmalig für nach dem 31.12.2015 beginnende Wirtschaftsjahre anzuwenden (§ 124b Z 283 EStG), was im Ergebnis einer entsprechend verlängerten Restabschreibungsdauer gleichkommt. Im Detail verweisen wir dazu auch nochmals auf unseren <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag „STEUERREFORM | Geänderte Abschreibungssätze für Betriebsgebäude ab 2016“ vom 11.3.2016.

Änderung auch der unternehmensrechtlichen Gebäudeabschreibungen ab 1.1.2016?

Für diese primär von Vereinfachungsüberlegungen getragene Frage sind zunächst die maßgeblichen unternehmensrechtlichen Bestimmungen zu betrachten (bereits nach den Vorschriften des RÄG 2014, welches ebenfalls für Geschäftsjahre anzuwenden ist, die nach dem 31.12.2015 beginnen): Die Anschaffungs- bzw Herstellungskosten von Vermögensgegenständen des Anlagevermögens mit zeitlich begrenzter Nutzung sind alljährlich um „planmäßige Abschreibungen“ zu vermindern. Der grundsätzlich also jedem Gegenstand des abnutzbaren Anlagevermögens zugrunde zu legende Abschreibungsplan muss die Anschaffungs- bzw Herstellungskosten auf jene Geschäftsjahre verteilen, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich wirtschaftlich genutzt werden kann (§ 204 Abs 1 UGB). Die einmal gewählten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, somit insbesondere auch die Abschreibungsmethoden und Nutzungsdauern der wesentlichen Anlagengruppen, sind auch im Anhang zu erläutern (§ 236 UGB). 

Eine spätere Änderung der Abschreibungspläne für bereits in Nutzung befindlicher Anlagen ist nicht ohne weiteres möglich, zumal die auf den vorangegangenen Jahresabschluss angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden grundsätzlich beizubehalten sind (Grundsatz der Bewertungsstetigkeit gemäß § 201 Abs 2 Z 1 UGB). Ein Abweichen vom Stetigkeitsgrundsatz ist nur bei Vorliegen besonderer Umstände zulässig, jedoch unter Beachtung der Generalnorm betreffend ein möglichst getreues Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (§ 201 Abs 3 UGB). Als Beispiele für begründete Ausnahmefälle werden etwa in der Stellungnahme des Fachsenats für Unternehmensrecht und Revision der Kammer der Wirtschaftstreuhänder (KFS/RL 1) angeführt:  

  • Änderungen von Gesetzen und Rechtsprechung

  • Übergang oder Verzicht auf die Anwendung von Bewertungsvereinfachungsverfahren

  • Ereignisse, die zu strukturellen Änderungen des Unternehmens führen (zB wesentliche Veränderungen der Gesellschafterstruktur, Einbeziehung in bzw Ausscheiden aus Konzernverbund, Änderungen der unternehmerischen Konzeption (Wechsel des Managements, Sanierungsmaßnahmen), wesentliche Produktions- bzw Sortimentsumstellungen, technische Umwälzungen)

  • Steuerliche Gründe, und zwar Ergebnisse einer Betriebsprüfung, bestmögliche Verwertung von Verlustvorträgen, soweit dem nicht unternehmensrechtliche Vorschriften entgegenstehen.

Wesentliche Änderungen der Bewertungsmethoden sind schließlich auch im Anhang darzulegen und zu begründen (§ 237 Abs 1 Z 1 UGB). 

Die grundsätzliche Frage ist jedoch, inwieweit es sich bei der Änderung von Abschreibungsplänen überhaupt um eine „Bewertungsmethode“ (bzw Auslegung) handelt, welche vom Stetigkeitsgebot tangiert ist? Dabei ist zu beachten, dass ein Abschreibungsplan aus mehreren Komponenten besteht, insbesondere der Nutzungsdauer sowie der Abschreibungsmethode (zB lineare, degressive, progressive oder leistungsabhängige Abschreibung). Die Abschreibungsmethode bleibt bei den hier interessierenden Überlegungen zur Gebäudeabschreibung unverändert. Hingegen käme es sehr wohl zu einer Änderung der Nutzungsdauern, wobei es sich nach überwiegender Ansicht jedoch um keine Frage der Bewertungsmethode sondern vielmehr um eine Sachverhaltsfrage handelt. Dennoch wird eine bloße Anpassung der unternehmensrechtlichen planmäßigen Abschreibungen (gemäß § 204 UGB) an steuerlich geänderte AfA-Sätze (gemäß § 8 Abs 1 EStG) kritisch gesehen, soferne es dafür nicht eine hinreichende unternehmensrechtliche Begründung bzw Rechtfertigung gibt. Etwa dahingehend, dass als „Methode“ zur Bestimmung der planmäßigen Abschreibungen aus Vereinfachungsgründen die steuerrechtlichen Nutzungsdauern gewählt wurden, welche jeweils auch innerhalb der Bandbreite unternehmensrechtlich bzw wirtschaftlich vertretbarer Nutzungsdauern liegen. Bezogen auf neue Gebäude entspricht eine Änderung des steuerlichen AfA-Satzes von 3 % auf 2,5 % einer Verlängerung der Nutzungs- bzw Abschreibungsdauer von 33,3 auf 40 Jahre, deren wirtschaftliche Rechtfertigung im Rahmen der möglichen Bandbreite zu argumentieren ist. Noch problematischer erscheint die Umstellung der AfA-Sätze ab 1.1.2016 für bereits in Nutzung bzw in Abschreibung befindliche ältere Gebäude, zumal sich aufgrund der steuerlichen Übergangsbestimmung gleichsam eine vom Alterszustand abhängige Verlängerung der Restnutzungs- bzw Restabschreibungsdauer ergibt, deren unternehmensrechtliche Zulässigkeit in jedem Einzelfall kritisch zu prüfen bzw zu begründen sein wird (vgl mit anschaulichen Zahlenbeispielen etwa BERTL/HIRSCHLER, Änderung des Abschreibungsplans aufgrund der Änderung der steuerrechtlichen AfA-Sätze, in RWZ 2016/44).

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen 

Insoweit die planmäßigen Abschreibungen für Gebäude (gemäß § 204 UGB) schon bisher den steuerlichen AfA-Sätzen (gemäß § 8 EStG) entsprochen haben, stellt sich die Frage, inwieweit die für Wirtschaftsjahre beginnend ab 1.1.2016 geänderte Gebäude-AfA auch weiterhin für Zwecke der UGB-Bilanz zur Anwendung kommen darf. Dies insbesondere aus Vereinfachungsüberlegungen, um Abweichungen zwischen Steuer- und UGB-Bilanz (bzw uU sogar die Führung von zwei verschiedenen Anlagenverzeichnissen) zu vermeiden. 

Soferne die Änderung der unternehmensrechtlichen Abschreibungspläne (geänderte Nutzungsdauern) lediglich als Sachverhaltsfrage anzusehen ist, bedarf es primär einer hinreichenden Rechtfertigung der sohin verlängerten wirtschaftlichen Nutzbarkeit der betreffenden Baulichkeiten (in Ansehung ihres tatsächlichen Zustandes), wobei insbesondere auch das bilanzielle Vorsichtsprinzip zu beachten ist. 

Geht man hingegen von der Änderung einer Bewertungsmethode aus, so ist der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit zu beachten bzw darf von diesem nur bei Vorliegen besonderer Umstände abgewichen werden (§ 201 UGB) und ist dies im Anhang hinreichend zu begründen (§ 237 UGB). In der Stellungnahme zur Bewertungsstetigkeit (KFS/RL 1) finden sich Hinweise, dass auch bestimmte steuerrechtliche Änderungen solche besonderen Umstände sein können (zumal in KFS/RL 1 unter Rz 32 als Beispiele für begründete Ausnahmefälle ua auch Gesetzesänderungen und verschiedene steuerliche Gründe genannt werden). 

Es sei auch noch darauf hingewiesen, dass mit dem RÄG 2014 auch der Wesentlichkeitsgrundsatz explizit in das Gesetz aufgenommen wurde (§ 196a Abs 2 UGB), so dass bei der Würdigung der aus einer Änderung von AfA-Sätzen resultierenden Auswirkung auf den Jahresabschluss auch auf diesen Aspekt Bedacht zu nehmen sein wird. 

Aufgrund der steuerrechtlichen Übergangsbestimmungen (§ 124b Z 283 EStG) sind die verminderten AfA-Sätze nicht nur für Neuzugänge anzuwenden sondern auch auf den baulichen Altbestand. Bei letzteren resultieren aus der AfA-Satz-Umstellung per 1.1.2016 im Ergebnis altersabhängige Restnutzungsdauern, die im Lichte des Stetigkeitsgebots besonders kritisch zu prüfen sind. 

Soferne der unternehmensrechtliche Jahresabschluss zu prüfen ist, empfiehlt sich vor einer Änderung der Gebäudeabschreibungen jedenfalls eine vorherige Abstimmung mit dem Abschlussprüfer.
 

Für weitergehende Fragen stehen Ihnen die Verfasser sowie das gesamte WP- und Bilanzierungsteam der ICON gerne zur Verfügung!