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BILANZIERUNG | Zuschreibung und Steuerstundung nach RÄG 2014

Presslmayer Elisabeth  |  Vrba Maria

Mit unserer Artikelserie informieren wir Sie bereits seit Herbst 2014 laufend über die Neuerungen durch das Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014. Die geänderten Gesetzesbestimmungen sind erstmals für Jahresabschlüsse, die nach dem 31.12.2015 beginnen, verpflichtend anzuwenden. Der 31.12.2016 ist somit der erste Regelbilanzstichtag für die Vollanwendung des RÄG 2014. Aus diesem Anlass möchten wir Ihnen nachfolgend die nunmehr geltende generelle Zuschreibungspflicht nochmals im Detail erläutern und insbesondere auch aufzeigen, wie die sofortige volle Steuerbelastung für nachgeholte Zuschreibungen durch Bildung einer Zuschreibungsrücklage hinausgeschoben werden kann. 

Über die mit dem Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014 insbesondere auch verschärften Wertaufholungsvorschriften gemäß § 208 iVm § 906 Abs 32 UGB idF RÄG 2014, die aufgrund der Maßgeblichkeit der UGB- für die Steuerbilanz gemäß § 6 Z 13 EStG auch ertragsteuerliche Wirkung entfalten, haben wir im Rahmen unserer Newsletter-Serie bereits informiert (vgl insb. <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag „BILANZIERUNG | Unterlassene Zuschreibungen nach dem RÄG 2014“ vom 10.3.2015). Mit dem nachfolgenden Beitrag sollen aus Aktualitätsgründen noch diverse Umsetzungsdetails und Praxishinweise sowie ein anschauliches Beispiel nachgereicht werden:

Unternehmensrechtliche Bestimmungen

§ 208 Abs 1 UGB idF RÄG 2014 sieht nunmehr eine generelle Zuschreibungspflicht vor, sodass nach vorangegangenen außerplanmäßigen Abschreibungen mit Wegfall der Abwertungsgründe eine ehestmögliche und zwingende Wertaufholung geboten ist, und zwar nicht nur für Finanzanlagen sondern für das gesamte Anlage- und Umlaufvermögen. Als Obergrenze für gebotene Zuschreibungen sind die (im Falle planmäßiger Abschreibungen fortgeschriebenen) Anschaffungs- und Herstellungskosten zu beachten. Vom neuen allgemeinen Zuschreibungsgebot ausgenommen sind gemäß § 208 Abs 2 UGB lediglich zuvor außerplanmäßig abgeschriebene Geschäfts- und Firmenwerte (insbesondere zur Vermeidung der Aktivierung eines zwischenzeitig geschaffenen originären Firmenwerts).

Das RÄG 2014 brachte somit eine Abschaffung des bisher geltenden Wertbeibehaltungswahlrechts mit sich, wonach gemäß § 208 Abs 2 UGB aF bis dato von einer Zuschreibung abgesehen werden durfte, wenn ein niedrigerer Wertansatz für Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung unter der Voraussetzung beibehalten werden konnte, dass er auch im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss beibehalten wurde.

Die Übergangsregelung in § 906 Abs 32 UGB sieht vor, dass mit Inkrafttreten des RÄG 2014 – somit ab dem Kalenderjahr 2016 bzw abweichendem Wirtschaftsjahr 2016/17 – neben den aktuellen Wertaufholungen auch die nach der alten Rechtslage unterlassenen Zuschreibungen nachzuholen sind und somit unternehmensrechtlich grundsätzlich eine sofortige Realisierung zu erfolgen hat, für welche auch keine Ausschüttungssperre mehr besteht.

Für die zuletzt genannten, aus Jahren vor Inkrafttreten des RÄG 2014 nachzuholende Zuschreibungen kann für Steuerstundungszwecke eine „Zuschreibungsrücklage“ geltend gemacht werden (siehe dazu unten), wobei diesfalls gemäß § 906 Abs 32 UGB auch in der UGB-Bilanz nach RÄG 2014 ein Passivposten eingestellt werden darf, der jedoch unter den „passiven Rechnungsabgrenzungsposten“ (!) gesondert auszuweisen ist und dessen Auflösung im Gleichklang mit der steuerlichen Zuschreibungsrücklage zu erfolgen hat. In diesem Fall erübrigt sich die Bildung einer Rückstellung für latente Steuern.

Durch die Geltendmachung der nachfolgend erläuterten steuerlichen „Zuschreibungsrücklage“ ergibt sich im Falle der Nichtberücksichtigung in der UGB-Bilanz (dh bei Nichtausübung des oa Passivierungswahlrechts als PRA) hingegen eine Abweichung zwischen steuerlichen und unternehmensrechtlichen Bilanzansätzen. Es ist daher diesfalls jedenfalls eine Rückstellung für latente Steuern im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss zu bilden. Die Entscheidung über die Geltendmachung einer ua steuerlichen Zuschreibungsrücklage ist daher nicht erst bei Erstellung der Steuererklärung sondern bereits im Zeitpunkt der Jahresabschlusserstellung zu treffen.

Praxishinweis: Von wesentlicher Bedeutung ist die nunmehr generelle Zuschreibungspflicht insbesondere auch im Bereich der Wertpapiere und Wertrechte im Finanzanlage- als auch im Umlaufvermögen. Da für „Beteiligungen“ iS § 228 Abs 1 UGB (ds idR Gesellschaftsanteile ab einem Beteiligungsausmaß von 20 %) jedoch bereits vor Inkrafttreten des RÄG 2014 eine Zuschreibungspflicht bestand (nämlich gemäß § 6 Z 13 EStG aF), sollten für qualifizierte Beteiligungen nur in Ausnahmefällen unterlassene Zuschreibungen bestehen (insbesondere Wertaufholungen aus Veranlagungszeiträumen bis 2008, die aufgrund der damals herrschenden Rechtsauslegung des § 6 Z 13 EStG jedoch nicht zuschreibungspflichtig waren, vgl Rz 2584 EStR).

Steuerrechtliche Bestimmungen

Das oa nunmehr allgemeine unternehmensrechtliche Zuschreibungsgebot schlägt durch die in § 6 Z 13 EStG verankerte Maßgeblichkeit ab 2016 grundsätzlich auch steuerlich voll durch. Demgemäß erhöhen Zuschreibungen im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss grundsätzlich auch den steuerlichen Gewinn des betreffenden Jahres entsprechend.

Aufgrund einer speziellen steuerlichen Übergangsbestimmung kann gemäß § 124b Z 270 EStG jedoch eine sofortige volle Steuerwirksamkeit von unternehmensrechtlich für Vorperioden nachzuholende Zuschreibungen vermieden und durch Bildung einer steuerlichen sog. „Zuschreibungsrücklage“ eine Steuerstundung spätestens bis zum Ausscheiden der betreffenden Wirtschaftsgüter ermöglicht werden.

Aber ACHTUNG: Die steuerliche Zuschreibungsrücklage kann nur für bisher unterlassene Zuschreibungen geltend gemacht werden, also nur für Werterholungen, die bereits aus Zeiträumen vor der erstmaligen Anwendung des RÄG 2014 stammen (bei Kalenderwirtschaftsjahren also für Regelbilanzstichtage bis 31.12.2015). Zuschreibungsbeträge im Jahr 2016 sind daher ggfs aufzuteilen in einen Betrag betreffend die Werterhöhung 2016 sowie  jenen Betrag, der eine Nachholung für vorangegangene Zeiträume betrifft. Nur letzterer ist einer Zuschreibungsrücklage und somit einer Steuerstundung zugänglich. Für Zuschreibungsbeträge ab 2017 sowie grundsätzlich für Zuschreibungen auf Beteiligungen iS § 228 UGB (zu den Ausnahmen siehe oben) kann somit keine Zuschreibungsrücklage gebildet werden.

Die Bildung einer Zuschreibungsrücklage gemäß § 124b Z 270 EStG ist durch gesonderte Antragstellung im Rahmen der Steuererklärung bzw Feststellstellungserklärung geltend zu machen (durch Setzen des vorgesehenen Kreuzchens jeweils auf Seite eins der Formulare K1 bzw. E1a bzw. E6a). Die betreffenden aufzuwertenden Wirtschaftsgüter sind zudem in einem eigenen Verzeichnis auszuweisen, in welchem der steuerliche Bilanzansatz sowie die Zuschreibungsrücklage bis zum Ausscheiden der betreffenden Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen jährlich evident zu halten sind. Wir empfehlen, dieses Verzeichnis als Beilage zur Steuererklärung auch der Finanzverwaltung alljährlich zu übermitteln.

Eine steuerwirksame Auflösung erfolgt insofern, als der spätere Teilwert eines betroffenen Wirtschaftsgutes jenen im Zeitpunkt der Bildung der Zuschreibungsrücklage unterschreitet oder steuerliche Abschreibungen gemäß §§ 7 und 8 EStG vorgenommen werden. Die Zuschreibungsrücklage ist spätestens im Zeitpunkt des Ausscheidens des Wirtschaftsgutes steuerwirksam aufzulösen, wahlweise aber auch bereits früher. 

Vorteilhaftigkeit einer Zuschreibungsrücklage?

Da durch die Bildung einer Zuschreibungsrücklage (entweder nur außerbücherlich im Rahmen der Steuererklärung oder aber auch Erfassung in der UGB-Bilanz als PRA) die Steuerschuld lediglich hinausgeschoben, nicht aber gänzlich beseitigt werden kann, erscheint ein Ansatz insbesondere dann sinnvoll, wenn die Zuschreibung auch tatsächlich zu einer sofortigen Steuerbelastung führen würde. Insofern die laufenden steuerpflichtigen Einkünfte hingegen negativ sind bzw ausreichende steuerliche Verlustvorträge vorhanden und auch verrechenbar sind, könnte die Bildung dieser unversteuerten Rücklage auch unterbleiben. Darüber hinaus ist bei dieser Entscheidung auch der oa Verwaltungsaufwand für die laufende Dokumentation, Fortrechnung und Evidenzhaltung zu bedenken.

Bei einkommensteuer- und bilanzierungspflichtigen Steuersubjekten ist schließlich zu beachten, dass Zuschreibungen auf die im Betriebsvermögen befindlichen Beteiligungen, ebenso wie die Auflösung einer diesbezüglichen Zuschreibungsrücklage und Veräußerungsgewinne, dem Sondersteuersatz von 27,5 % unterliegen. 

BEISPIEL zur Zuschreibungsrücklage (für Beteiligung) 

  • 2013: Eine im betrieblichen Anlagevermögen befindliche steuerhängige Beteiligung (Kapitalanteil) im Ausmaß von
    10 %
    mit Anschaffungskosten von EUR 1 Mio. wird zum 31.12.2013 nach UGB und EStG auf EUR 0,5 Mio. abgewertet (bei Körperschaften erfolgt eine Siebtelung der TWA gemäß § 12 Abs 3 Z 2 KStG).

  • 2014 und 2015: Werterhöhung auf EUR 0,8 Mio.: Eine Zuschreibung wurde unterlassen, zumal keine Beteiligung iS § 228 Abs. 1 UGB vorliegt (§ 6 Z 13 EStG iVm § 208 Abs 2 UGB aF)!

  • 2016: Werterhöhung zum 31.12.2016 auf EUR 0,9 Mio.: Sowohl die in den Vorjahren unterlassenen Zuschreibungen iHv EUR 0,3 Mio. als auch die weitere Werterhöhung in 2016 iHv EUR 0,1 Mio. sind nach RÄG 2014 zwingend zuzuschreiben. Es ist eine steuerliche Neutralisierung von EUR 0,3 Mio. durch Abzug in der Mehr-Weniger-Rechnung möglich, und zwar mittels zu beantragender Dotierung einer unversteuerten außerbücherlichen Zuschreibungsrücklage. Daraus resultiert für die UGB-Bilanz ein zwingender Ansatz von passiven latenten Steuern in Höhe von 75 TEUR. Unternehmensrechtlich kann aber in Höhe des steuerlichen Betrages EUR 0,3 Mio. alternativ auch eine passive Rechnungsabgrenzung gebildet werden, sodass sich der Ansatz von passiven latenten Steuern diesfalls erübrigen würde. Der Buchwert nach Gesamtzuschreibung im UGB und im EStG zum 31.12.2016 beträgt EUR 0,9 Mio. Bei Körperschaften laufen die offenen TWA-Siebtel aus 2013 unverändert weiter. 
  • 2017: Wertverminderung zum 31.12.2017 auf EUR 0,8 Mio.: Abwertung im UGB und EStG steuerwirksam, im KStG ggfs Siebtelung; die steuerfreie außerbücherliche Zuschreibungsrücklage (bzw auch eine allenfalls gebildete PRA) für die Zone EUR 0,5 bis 0,8 Mio. bleibt vorerst unberührt.

  • 2018: Wertverminderung zum 31.12.2018 auf EUR 0,7 Mio.: Die Abwertung um weitere EUR 0,1 gemäß UGB und EStG ist steuerwirksam; gleichzeitig ist die steuerliche Zuschreibungsrücklage iHv EUR 0,1 Mio. ertragswirksam aufzulösen; die passiven latenten Steuern vermindern sich um 25 TEUR. Gleiches gilt für eine allenfalls gebildete PRA; Achtung bei der Mehr-Weniger-Rechnung: keine Doppelerfassung des Ertrages. Im Ergebnis ist die außerplanmäßige Abschreibung in der Zone von EUR 0,5 bis 0,8 Mio. also steuerneutral.
    Unklar ist bis dato, ob bei Körperschaften nach KStG die Abschreibung auch in diesen Fällen nur mit je einem Siebentel pro Jahr geltend gemacht werden kann; aus teleologischer Sicht  sollte eine vorherige Verrechnung mit der Auflösung der Rücklage erfolgen können.

  • 2019: Werterhöhung zum 31.12.2019 auf 1,1 Mio., daher hat unternehmensrechtlich und steuerlich eine Zuschreibung um EUR 0,3 Mio. auf EUR 1,0 Mio. (Anschaffungskostenobergrenze!) zu erfolgen. Die alte Zuschreibungsrücklage von EUR 0,2 Mio. und die passiven latenten Steuern bleiben unverändert.

  • 2020: Am 28.5.2020 wird die Beteiligung um EUR 1,2 Mio. veräußert, der Veräußerungsgewinn beträgt gemäß UGB und EStG somit EUR 0,2 Mio. Zusätzlich ist anlässlich des Ausscheidens der Beteiligung die restliche steuerfreie Zuschreibungsrücklage von EUR 0,2 Mio. steuerwirksam aufzulösen; die Rückstellung für passive latente Steuern im Jahresabschluss ist ebenfalls aufzulösen. Gleiches gilt für eine allenfalls bilanzierte passive Rechnungsabgrenzung; Achtung bei der Mehr-Weniger-Rechnung: keine Doppelerfassung des Ertrages! 

Zusammenfassung 

Aufgrund der Änderungen der Rechnungslegungsvorschriften durch das RÄG 2014 besteht ab 2016 eine generelle Zuschreibungspflicht, unter Beachtung der Anschaffungskostenobergrenze, und zwar für das gesamte Anlage- und Umlaufvermögen (ausgenommen Firmenwerte). Um jedoch die sofortige Versteuerung von Erträgen aus nachgeholten Zuschreibungen der Vorjahre hinauszuschieben, kann auf Antrag eine steuerliche Zuschreibungsrücklage gebildet werden. Inwieweit dies eine tatsächliche Steuerstundung bewirkt bzw vorteilhaft ist, ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen. Eine diesbezügliche Antragstellung ist grundsätzlich bis zur Abgabe der Steuererklärung jenes Veranlagungszeitraumes möglich, welcher auf dem ersten Jahresabschluss nach RÄG 2014 basiert (für Kalenderwirtschaftsjahre also Veranlagung 2016). Es ist jedoch zu beachten, dass die grundsätzliche Entscheidung über die Bildung der Zuschreibungsrücklage bereits im Zuge der Bilanzerstellung getroffen werden muss, zumal diesfalls schon im Jahresabschluss entweder die Rückstellung von passiven latenten Steuern oder die Einstellung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens für den Zuschreibungsbetrag zu berücksichtigen ist. 

Hinsichtlich weiterführender Informationen dürfen wir nochmals auf unsere bereits sehr umfangreiche Artikelserie zum Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014 hinweisen (vgl zuletzt den<link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem> NL-Beitrag „BILANZIERUNG | Die unversteuerten Rücklagen nach dem RÄG 2014“ vom 14.3.2017). Selbstverständlich werden wir Sie auch in Zukunft über weitere Themen der Rechnungslegung informieren und auf einzelne Problemstellungen zu Bilanzierung und Bewertung nach dem RÄG 2014 in der Praxis und daraus resultierende steuerrechtliche Thematiken näher eingehen. 

Für Rückfragen stehen Ihnen die Verfasserinnen und gerne auch die übrigen MitarbeiterInnen unseres Bilanzierungs- und WP-Teams sowie selbstverständlich auch Ihre Ansprechpartner in der Steuerberatung zur Verfügung!