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BILANZSTEUERRECHT | Langfristige Rückstellungen ab 1.7.2014

Langfristige Rückstellungen sind erstmals für Bilanzstichtage nach dem 30.6.2014 nach den neuen steuerlichen Bestimmungen des AbgÄG 2014 zu berechnen. Für Altrückstellungen, die bereits vor der Gesetzesänderung bestanden, sind spezielle Übergangsregelungen zu beachten, die jedoch mehrere Zweifelsfragen aufwerfen. Zu Ihrer Unterstützung wird Ihnen die ICON im neuen Jahr ein Berechnungs-Tool kostenlos zur Verfügung stellen! 

Das Jahresende naht … und für einen Großteil der österreichischen Unternehmen damit auch der erste Jahresabschluss nach Inkrafttreten des Abgabenänderungsgesetzes 2014. Für die bilanzierenden Unternehmen bedeutet das insbesondere auch die erstmalige Auseinandersetzung mit den neuen steuerrechtlichen Bestimmungen für langfristige Verbindlichkeiten- und Drohverlustrückstellungen (gemäß § 9 Abs 5 iVm § 124b Z 251 EStG idF AbgÄG 2014).

Wir haben Sie bereits darüber informiert, dass für Wirtschaftsjahre, die nach dem 30.6.2014 enden, derartige Rückstellungen, deren (Rest-)Laufzeit am Bilanzstichtag mehr als 12 Monate beträgt, für ertragsteuerliche Zwecke nunmehr unter Berücksichtigung eines fixen Abzinsungssatzes von 3,5 % pa anzusetzen sind. Die Abzinsung ist auf den Teilwert, welcher dem künftigen Erfüllungsbetrag entspricht, anzuwenden (vgl dazu unseren <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag „AbgÄG 2014 – Bewertung langfristiger Rückstellungen“ vom 14.4.2014). 

Wie mit Rückstellungen zu verfahren ist, die bereits in Steuerbilanzen vor dem 1.7.2014 gebildet wurden (sog. „Altrückstellungen“), und in welchen Fällen die alte steuerrechtliche Regelung mit dem Pauschalansatz von 80 % des Teilwertes auch weiterhin zur Anwendung kommen soll, ist in speziellen Übergangsregelungen normiert (§ 124b Z 251 lit b EStG). 

Übergangsregelungen

Die Übergangsregelungen des AbgÄG 2014 zu den langfristigen Rückstellungen sind von rein fiskalistischen Überlegungen des Gesetzgebers getragen, dh die Anwendung der Neuregelung auf bereits bestehende Rückstellungen soll zu einem Mehraufkommen an Steuern führen: Ergäbe nämlich die erstmalige Abzinsung einer bereits zum vorangegangenen Bilanzstichtag passivierten Rückstellung mit 3,5 % pa einen höheren als den bisher rückgestellten Betrag, so ist die Rückstellung weiterhin mit 80 % des Teilwerts anzusetzen. Eine steuerwirksame Nachdotierung ist diesfalls nicht möglich. Ergibt die erstmalige Abzinsung nach der neuen Vorschrift hingegen einen niedrigeren als den bisher rückgestellten Betrag, ist eine steuerwirksame Auflösung der Rückstellung in Höhe des Differenzbetrages vorzunehmen. Um die daraus resultierende Steuerbelastung etwas abzumildern, ist der Auflösungsbetrag gleichmäßig auf drei Jahre zu verteilen.

Diese Übergangsbestimmungen sehen auf den ersten Blick recht einfach aus, werfen aber im Detail etliche Zweifelsfragen auf. Wie ist etwa zu verfahren, wenn sich der Rückstellungsbetrag bei erstmaliger oder späterer Abzinsung erhöht oder wenn sich die Laufzeit verlängert?

Ein einfaches Beispiel soll das Problem veranschaulichen:

Zum 31.12.2013 wurde eine langfristige Rückstellung mit einem (künftigen) Erfüllungsbetrag (= Teilwert) von 100 mit 80 % = 80 angesetzt. Die erstmalige Abzinsung zum 31.12.2014 ergibt einen Wert von z.B. 93,35 (die Restlaufzeit beträgt zwei Jahre). Auf Grund der Übergangsbestimmungen darf weiterhin nur der Wert von 80 angesetzt werde. Infolge einer Neueinschätzung zum 31.12.2014 erhöht sich der Erfüllungsbetrag nunmehr auf 120. Wie ist hier vorzugehen? Ist die 80 %-Regelung nur auf den bisherigen Erfüllungsbetrag von 100 anzuwenden oder auf 120?

Wir teilen hier die Auffassungen von Moser (SWK 33/2014, 1396 f) bzw. Weinhandl (ÖStZ 2014, 213), wonach es auf den ursprünglichen Rückstellungsgrund ankomme. Wurde die Rückstellung dem Grunde nach bereits vor dem 1.7.2014 angesetzt, so ist sie wohl einheitlich zu behandeln und auch der neu dotierte Rückstellungsbetrag mit 80 % anzusetzen. Für das gezeigte Beispiel bedeutet das somit einen steuerlichen Ansatz von 96. Würde im obigen Beispiel die Restlaufzeit nicht zwei Jahre sondern zB sieben Jahre betragen, wäre die Rückstellung (inklusive dem Erhöhungsbetrag von 20) mit 94,32 (120 / 1,0357) anzusetzen. Der Betrag von 94,32 ist kleiner als 96, somit sind 1,68 aufzulösen, davon 1/3 zum 31.12.2014.

Demgegenüber vertreten Bertl/Hirschler (RWZ 2014, 299) die Auffassung, dass der abgezinste Teilwert unabhängig von einer allfälligen Veränderung nur mit dem bisher rückgestellten Betrag zu vergleichen sei. Allein die Erhöhung des Erfüllungsbetrages kann demnach zu einer Beibehaltung des 80 %-Wertes führen. Im obigen Beispiel ergibt sich lediglich in der Variante mit der Restlaufzeit von sieben Jahren daraus ein unterschiedliches Ergebnis. Danach wäre nach Bertl/Hirschler die Rückstellung mit insgesamt 96 anzusetzen (80 % von 120), da der Wert von 96 über dem Vorjahreswert von 80 liegt. Eine steuerwirksame Auflösung wäre nicht vorzunehmen. Unseres Erachtens dürfte das aber nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen.

Welche Rechtsauffassung sich letztlich durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Die diesbezügliche Auslegung der Finanzverwaltung wird sich insbesondere im nächsten Wartungserlass zu den Einkommensteuerrichtlinien niederschlagen.

Vollständigkeitshalber sei an dieser Stelle noch darauf hingewiesen, dass die obigen steuerlichen Vorschriften grundsätzlich nicht auch für die Bewertung langfristiger Rückstellungen in der UGB-Bilanz heranzuziehen sind bzw dass – jedenfalls nach derzeitigem Informationsstand – auch mit der geplanten Rechnungslegungsreform (RÄG 2014) keine Harmonisierung in Sicht ist.  

ICON Tool

Um Ihnen die erstmalige Anwendung der neuen Bestimmungen des § 9 Abs 5 EStG idF AbgÄG 2014 zu erleichtern, wird Ihnen das ICON-Team als besondere „Bilanzierungshilfe“ im Jänner 2015 ein von uns entwickeltes Berechnungs-Tool kostenlos zur Verfügung stellen. Dazu erhalten Sie in Kürze noch eine gesonderte Information!