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CORONAVIRUS | UMSATZSTEUER für verrechenbare Quarantänekosten?

Die Corona-Pandemie hat schwerwiegende Auswirkungen auf die gesamte globale Wirtschaft, insbesondere auch auf das internationale Projektgeschäft. Laufende Projekte können aufgrund verschiedener Beschränkungen oftmals nicht fristgerecht abgeschlossen werden. Wesentlicher Grund hiefür ist mitunter, dass viele Staaten Reisebeschränkungen verhängen, was dazu führen kann, dass sich betroffene Personen in Zusammenhang mit Auslandsdienstreisen verpflichtend in Quarantäne begeben müssen und beauftragte Arbeiten daher nur mit Verspätung ausgeführt bzw finalisiert werden können. Im nachfolgenden Beitrag soll beleuchtet werden, inwieweit Sie als Arbeitgeber derartige „Quarantänekosten“ für Ihre Mitarbeiter selbst tragen müssen oder Ihrem Vertragspartner weiterverrechnen können und welche steuerlichen Konsequenzen, insbesondere aus umsatzsteuerlicher Sicht, daraus resultieren.

Die nunmehr schon fast ein Jahr grassierende COVID-19-Pandemie hat sich längst zu einer dramatischen Wirtschaftskrise entwickelt, zumal aufgrund der damit einhergehenden Einschränkungen für Unternehmen (temporäre Schließungen und Betretungsverbote bzw Lockdowns, Hygienemaßnahmen, Bewegungs- bzw Reisebeschränkungen etc) negative Entwicklungen sowohl im Ertragsbereich (Umsatzeinbrüche, Stornierungen, Reklamationen etc) als auch im Aufwandsbereich (Fix-, Mehr- und Leerkosten etc) zu konstatieren sind, welche durch staatliche Unterstützungsmaßnahmen nur teilweise kompensiert werden können. 

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht stellt sich zunächst die Frage, für welche Aufwandsarten eine Kostenrefundierung von dritter Seite möglich ist (zB durch Versicherungen oder staatliche Unterstützungen wie etwa Kurzarbeitsbeihilfen, Fixkostenzuschüsse, Umsatzersatz, Ersatzansprüche für Quarantänen nach dem Epidemiegesetz etc, deren vorherige Ausschöpfung mitunter auch förderrechtliche Voraussetzung sein kann (sog. „Schadensminimierungspflicht“); vgl dazu im Detail die zahlreichen Newsletterbeiträge unserer Serie „CORONAVIRUS“ zu vielen steuerlichen und förderrechtlichen Fragestellungen HIER). Hinsichtlich der sodann tatsächlich verbleibenden Kosten ist im nächsten Schritt zu klären, inwieweit diese aufgrund von Gesetzesbestimmungen oder vertraglichen Vereinbarungen an den Kunden bzw Vertragspartner weiterverrechenbar sind. 

Die angesprochenen Restriktionen und Erschwernisse werden insbesondere auch im internationalen Projektgeschäft schlagend (vgl zu den ertragsteuerlichen Aspekten zB bereits unseren NL-Beitrag „CORONAVIRUS | BMF-Info zur DBA-Anwendung in Zeiten von COVID-19“ vom 9.6.2020). Im Folgenden soll die Kostenweiterverrechnung an Vertragspartner aus umsatzsteuerlicher Sicht näher beleuchtet werden:

Verrechnung von Quarantänekosten und Umsatzsteuer

Aktuell sind Wirtschaftstreibende mit verschiedensten Mehr- bzw Sonderkosten konfrontiert, die ihren Ursprung in der Corona-Krise haben. Im Rahmen dieses Beitrages wird die Möglichkeit der Weiterverrechnung von Quarantänekosten aus umsatzsteuerlicher Sicht analysiert. Dazu soll das folgende BEISPIEL dienen: 

Ausgangslage 

Der österreichische Auftraggeber (A) beauftragt den deutschen Subunternehmer (B) mit der Erbringung von Montageleistungen (auf Werksvertragsbasis) in den Niederlanden. Nach Beendigung der Arbeiten (Montageleistung wurde von A abgenommen) reisen die Mitarbeiter des Subunternehmers B zurück nach Deutschland. Aufgrund behördlicher Vorschriften müssen sich die Mitarbeiter nach ihrer Rückkehr aus den Niederlanden in Deutschland jedoch für mehrere Tage in Quarantäne begeben. 

Welche Kosten fallen konkret an? 

Da die Mitarbeiter des Subunternehmers B während der Quarantäne keine weiteren/anderen Montagetätigkeiten ausführen können, sind die aufgrund der Entgeltfortzahlung weiterlaufenden Personalaufwendungen als Kostenfaktor zu berücksichtigen. Weiters können auch Aufwendungen für sog. „Deckungsgeschäfte“ bzw Fremdpersonal anfallen (zumal etwa ein bereits zugesagter Folgeauftrag nicht durch das in Quarantäne befindliche eigene Personal erledigt werden kann).

Sind diese Kosten verrechenbar? 

Da B die Montageleistungen auf Werksvertragsbasis erbringt, schuldet er einen bestimmten Erfolg (bzw das vereinbarte „Werk“) zu einem bestimmten Entgelt. In unserem Beispiel tritt die Quarantänepflicht erst nach vollständiger Leistungserbringung durch B ein. Der Auftrag wurde naturgemäß vor Antritt der Quarantäne abgeschlossen, sodass etwaige Quarantänekosten grundsätzlich NICHT in den Auftragswert miteinzuberechnen sind. Bei Werkverträgen ist es ohne Bedeutung, zu welchem Zeitpunkt die Quarantänekosten anfallen. Denn wie der Subunternehmer seinen Auftrag erfüllt, bleibt ihm überlassen. Maßgeblich ist nur, dass der Auftrag bis zum vereinbarten Zeitpunkt erfüllt ist. Daher könnte der Auftragnehmer uU auch zu „Deckungsgeschäften“ (Leistungserbringung durch Dritte) verpflichtet sein, um nicht in Verzug zu geraten (und dadurch zB eine Vertragsstrafe oä auszulösen). 

Da B die Montageleistungen auf Werkvertragsbasis schuldet, kann A grundsätzlich nur dann zur Übernahme der Quarantänekosten verpflichtet werden, wenn dies vertraglich vereinbart wurde. Dabei ist es ohne Belang, ob sich die Kostenübernahme aus der Zustimmung zu einschlägigen Auftragsbedingungen (AGB) ergibt, bereits im ursprünglichen Vertrag ausdrücklich festgelegt oder erst nachträglich durch  entsprechende Vertragsanpassung vereinbart wurde. 

Da die COVID-19-Pandemie mittlerweile schon seit mehreren Monaten grassiert, wäre hingegen eine allgemeine Vertragsklausel, wonach für Schäden aufgrund von „unvorhersehbaren Ereignissen“ nicht gehaftet werden muss, jedenfalls für erst während der Krise erfolgte Vertragsabschlüsse NICHT (mehr) ausreichend bzw mangels Unvorhersehbarkeit mittlerweile wirkungslos. 

Ist die Weiterverrechnung von Quarantänekosten umsatzsteuerbar? 

Wenn die Kosten für die Quarantäne des Montagepersonals (aufgrund hinreichender vertraglicher Vereinbarung) an den Auftraggeber weiterverrechenbar sind, ist in einem nächsten Schritt zu prüfen, ob die Verrechnung dieser Kosten einen umsatzsteuerlichen Tatbestand erfüllen: 

Dabei sei zunächst festgehalten, dass aus der Einhaltung von behördlich angeordneten Quarantänebestimmungen grundsätzlich kein Leistungsaustausch abgeleitet werden kann. Allerdings teilen die Quarantänekosten das Schicksal der Hauptleistung (auftragskonforme Erbringung der Montageleistungen), wenn diese Kosten auftragswerterhöhend vereinbart wurden. Insofern sind die Quarantänekosten analog zur Hauptleistung zu fakturieren (wird der Auftrag im Reverse Charge-Verfahren abgerechnet, unterliegen somit auch die Quarantänekosten dem Reverse Charge). 

Es ist aber auch denkbar, dass die gegenständlichen Kosten zwar weiterverrechnet werden können, jedoch nicht umsatzsteuerbar sind, weil sich die Kostenübernahme unter Umständen von einem Schadenersatzanspruch ableiten lässt. Unbestritten ist, dass in derartigen Fällen ein (Vermögens-)Schaden vorliegt. Das bloße Vorliegen eines Schadens ist aber noch nicht ausreichend, um einen diesbezüglichen Schadenersatzanspruch zu begründen, sondern es muss hiefür auch ein entsprechendes Verschulden des Vertragspartners vorliegen (ohne Verschulden grundsätzlich kein zivilrechtlicher Schadenersatzanspruch!). Häufig wird es bei derartigen Konstellationen aber an einem Verschulden des Vertragspartners mangeln. Ein solches Verschulden könnte aber etwa dann zu bejahen sein, wenn seitens des Vertragspartners etwa zwingend vorgeschriebene Hygieneprotokolle nicht eingehalten wurden. 

HINWEIS: Von diesen zivil- bzw vertragsrechtlichen Ansprüchen grundsätzlich zu unterscheiden sind die oa allfälligen öffentlich-rechtlichen Ersatzansprüche (zB nach dem Epidemiegesetz) oder staatlichen Unterstützungsmaßnahmen, wofür ebenfalls kein Leistungsaustausch im umsatzsteuerlichen Sinne anzunehmen ist. 

Was sollten Sie also tun? 

Es ist jedenfalls empfehlenswert, aktuelle Verträge sowie bestehende Geschäftsbedingungen (AGB) rechtlich zu prüfen und diese im Bedarfsfalle anzupassen bzw „krisensicher“ zu machen. 

Die konkrete vertragliche Ausgestaltung ist ausschlaggebend dafür, ob Quarantänekosten zum Kostenfaktor werden. Außerdem sollten Sie Verzugsklauseln nach Möglichkeit nachverhandeln, um im Falle des Falles nicht vertragsbrüchig zu werden und daraus resultierende (nicht an den Vertragspartner verrechenbare) Kosten zu vermeiden. 

Sollten Sie Unterstützung bei der Beurteilung oder Handhabung derartiger Themen aus umsatzsteuerlicher Sicht benötigen, stehen Ihnen hierfür unsere ExpertInnen gerne zur Verfügung. Selbstverständlich können wir mögliche Auswirkungen auch hinsichtlich anderer steuerlicher Implikationen für Sie prüfen und haben dafür sowohl im nationalen wie auch im internationalen Bereich genau die richtigen Experten in unseren verschiedenen Service Lines.

FAZIT

Aufwendungen für berufsbedingte Quarantäne von Mitarbeitern iZm Auslandsmontageaufträgen sind grundsätzlich als Kostenfaktor zu kalkulieren. Durch eine optimale und rechtzeitige Vertragsgestaltung können derartige Kosten jedoch unter Umständen auf den Vertragspartner überwälzt werden. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang insbesondere, dass allgemeine „Unvorhersehbarkeitsklauseln“ aufgrund der schon seit Monaten währenden Corona-Pandemie für seither abgeschlossene Verträge keinen adäquaten Schutz mehr bieten können. 

Für Fragen und Unterstützung zu dieser Thematik aus umsatzsteuerlicher Sicht stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen Ansprechpartner unserer Service Line "Indirect Tax & Customs" gerne zur Verfügung. 

Alle bisherigen Newsletter-Beiträge zum Themenschwerpunkt „CORONAVIRUS“ finden Sie HIER​​​​​​​