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FREIWILLIGE ABFERTIGUNGEN | Neuregelung des Abzugsverbots ante portas!

Das derzeitige Abzugsverbot gemäß § 20 Abs 1 Z 8 EStG für - auf Dienstnehmerebene NICHT begünstigt besteuerte - freiwillige Abfertigungen (ua auch im Rahmen von Sozialplänen) wurde bekanntlich im März d. J. vom VfGH als verfassungswidrig erkannt und die beanstandete Gesetzesnorm mit Wirkung ab 1.1.2023 aufgehoben. Demgemäß hat der Gesetzgeber noch bis Jahresende Zeit, die verfassungwidrige Regelung zu reparieren bzw würde sie andernfalls ersatzlos auslaufen. Letzterenfalls wären freiwillige Abfertigungen ab 1.1.2023 wieder (wie auch bereits für Zeiträume vor 1.3.2014) uneingeschränkt als steuerliche Betriebsausgaben abzugsfähig. Allerdings wurde im Oktober d. J. ein Initiativantrag zur Novellierung div. Gesetzesbestimmungen an den Nationalrat herangetragen, worin ua auch eine Neuregelung des § 20 Abs 1 Z 8 EStG vorgesehen ist. Die betreffende Sammelnovelle wurde am 15.11.2022 im Nationalrat beschlossen, die Gesetzwerdung bleibt abzuwarten. Im nachfolgenden Beitrag möchten wir Sie jedoch bereits jetzt über die voraussichtliche steuerliche Behandlung von freiwilligen Abfertigungen auf Arbeitgeberseite ab dem neuen Jahr informieren.


​​​​​​​Historische Entwicklung


Mit der Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs für freiwillige Abfertigungen ab 1.3.2014 wollte der Gesetzgeber seinerzeit einen Beitrag zur Schließung der Lohnschere setzen, wobei insbesondere klassische „Golden Handshakes“ dadurch steuerlich unattraktiver werden sollten. Zugleich erwartete man sich von der Maßnahme, dass dadurch ältere Arbeitnehmer länger in Beschäftigung bleiben würden.

Wenig überraschend hatte sich der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits im Jahr 2014 mit der restriktiven Neuregelung in § 20 Abs 1 Z 8 EStG idF AbgÄG 2014 zu befassen. Damals hatte das Höchstgericht allerdings – entsprechend seiner ständigen Rechtsprechung – für Recht erkannt, dass es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liege, im Steuerrecht neben fiskalischen auch andere Zwecke zu verfolgen. Es stehe dem Gesetzgeber somit auch frei, steuerliche Anreize für eine Verhaltensänderung der Steuerpflichtigen zu setzen, sofern er sich dabei nicht von vorherein völlig ungeeigneter Mittel bedient. Im Ergebnis hatte der VfGH daher die mit dem Abgabenänderungsgesetz 2014 vorgenommenen Grundrechtseingriffe zunächst als verhältnismäßig erachtet (VfSlg 19.933/2014).

Bedauerlicherweise waren vom Abzugsverbot gemäß § 20 Abs 1 Z 8 EStG idF AbgÄG 2014 auch Sozialplanzahlungen umfasst (vgl dazu bereits unseren ausführlichen NL-Beitrag „SOZIALPLANZAHLUNGEN | Ausschluss vom Betriebsausgabenabzug!“ vom 23.4.2020). Diese waren jedoch im Jahr 2014 nicht Gegenstand der Beschwerde gewesen. Das Höchstgericht wurde daher neuerlich – in einem von uns betreuten Verfahren – mit der Frage der Verfassungskonformität der betreffenden Gesetzesbestimmung befasst. Und der Verfassungsgerichtshof vermochte vor dem nunmehrigen Hintergrund nicht zu erkennen, dass ein Abzugsverbot für Sozialplanabfertigungen geeignet wäre, Gerechtigkeits- und Solidaritätsaspekte im Steuerrecht zu stärken. Vielmehr bewirke das umstrittene Abzugsverbot des § 20 Abs 1 Z 8 EStG idF AbgÄG 2014, dass die wesentlich ungleichen Sachverhalte einer individuell vereinbarten freiwilligen Abfertigung im Zuge einer Arbeitgeberkündigung einerseits und Sozialplanabfertigungen im Zuge einer Betriebsänderung andererseits ohne sachlichen Grund gleich behandelt werden. Um einen verfassungskonformen Zustand herbeizuführen, sah es der VfGH folglich als erforderlich an, § 20 Abs 1 Z 8 EStG idF AbgÄG 2014 aus dem Rechtsbestand zu entfernen (VfGH 16. 3. 2022, G 228/2021). Um dem Gesetzgeber jedoch Zeit für eine Gesetzesreparatur zu geben, verfügte der VfGH die Aufhebung der verfassungswidrigen Norm erst pro futuro, nämlich mit Ablauf des Jahres 2022 (siehe dazu im Detail bereits unseren NL-Beitrag „SOZIALPLÄNE | VfGH kippt Abzugsverbot für freiwillige Abfertigungen!“ vom 21.4.2022; weiters auch den Aufsatz von Grubmüller/Winkler/Bruckmüller in der Fachzeitschrift SWK 13-14/2022, S. 578 ff: VfGH erkennt Betriebsausgabenabzugsverbot für freiwillige Abfertigungen als gleichheitswidrig).
 

Geltende Rechtslage bis 31.12.2022


§ 20 Abs 1 Z 8 EStG idF AbgÄG 2014 normiert ein steuerliches Abzugsverbot fürAufwendungen oder Ausgaben für Entgelte, die beim Empfänger sonstige Bezüge nach § 67 Abs 6 [EStG] darstellen, soweit sie bei diesem nicht mit dem Steuersatz von 6% zu versteuern sind“.

Vor Aufhebung dieser Bestimmung durch den VfGH hatte sich bereits der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) mit dem normierten Inhalt des Abzugsverbots zu befassen. In seinem Versuch einer „verfassungskonformen“ Interpretation hatte der VwGH damals für Recht erkannt, dass freiwillige Abfertigungen innerhalb der Grenzen des § 67 Abs 6 EStG stets als Betriebsausgaben abzugsfähig sind (VwGH 7. 12. 2020, Ro 2020/13/0013). Im Ergebnis bedeutete dies, dass es - entgegen dem Gesetzeswortlaut des § 20 Abs 1 Z 8 EStG idF AbgÄG 2014 - nicht (mehr) auf die begünstigte Besteuerung beim empfangenden Dienstnehmer ankommt. Aus Sicht des Arbeitgebers war für Belange des Betriebsausgabenabzugs folglich nicht mehr zu unterscheiden, ob sich der betreffende Dienstnehmer im Abfertigungsregime Neu oder Alt befand. Solange die betraglichen Grenzen des § 67 Abs 6 EStG eingehalten wurden, steht ein Betriebsausgabenabzug zu. Der im Jahr 2022 abzugsfähige Betrag beläuft sich demnach auf 68.040 EUR (aus der jedenfalls zustehenden „Viertelregelung“) sowie einem zusätzlichen (dienstzeitabhängigen) Betrag von maximal 204.212 EUR (aus der „Zwölftelregelung“ bei 25 Dienstjahren).

Da der VfGH jedoch die fragliche Bestimmung mit Wirkung ab Ende d. J. aufgehoben hat, wäre sohin auch die Rechtsprechung des VwGH ab 1.1.2023 obsolet und freiwillige Abfertigungen ab dann (wieder) zur Gänze abzugsfähig. Allerdings zeichnet sich bereits eine gesetzliche Neuregelung zu diesem Themenkomplex ab:
 

Neuregelung des Abzugsverbots für freiwillige Abfertigungen ab 1.1.2023


Am 13.10.2022 haben Abgeordnete des Nationalrates einen Initiativantrag betreffend der Novellierung mehrerer Gesetzesbestimmungen, insbesondere auch des EStG, eingebracht. Im Zuge dessen wurde auch folgende Neufassung des § 20 Abs 1 Z 8 EStG betreffend das Abzugsverbot für freiwillige Abfertigungen vorgeschlagen:

Demnach sollen künftig „Aufwendungen oder Ausgaben für Entgelte im Sinne des § 67 Abs. 6 [EStG], soweit sie die Grenzen des § 67 Abs. 6 Z 1 bis 3 [EStG] übersteigen“, nicht abzugsfähig sein. Davon ausgenommen wären „Entgelte, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses im Rahmen von Sozialplänen als Folge von Betriebsänderungen im Sinne des § 109 Abs. 1 Z 1 bis 6 des Arbeitsverfassungsgesetzes oder vergleichbarer gesetzlicher Bestimmungen anfallen.

Die geplante Neutextierung würde somit das Abzugsverbot neuerlich in Kraft setzen, dabei jedoch der höchstgerichtlichen Rechtsprechung von VwGH und VfGH Rechnung tragen. Einerseits wird in der vorgeschlagenen Neufassung also nicht mehr auf die begünstigte Besteuerung auf Ebene des Dienstnehmers abgestellt, andererseits wären Sozialplanabfertigungen generell vom Abzugsverbot ausgenommen. Hinsichtlich individuell vereinbarter freiwilliger Abfertigungen würde folglich der Status quo weiter aufrechterhalten, wie er bereits seit dem oa VwGH-Erkenntnis vom 7.12.2020 zu beachten ist.

Die Beschlussfassung im Nationalrat ist am 15.11.2022 bereits erfolgt, die Gesetzwerdung (Kundmachung im Bundesgesetzblatt) bleibt abzuwarten.
 

FAZIT


Mit Aufhebung des § 20 Abs 1 Z 8 EStG idF AbgÄG 2014 durch den Verfassungsgerichtshof und der gleichzeitig eingeräumten Frist bis zum Jahresende hatte der Gesetzgeber die Wahl, das noch bis 31.12.2022 geltende Abzugsverbot für freiwillige Abfertigungen ersatzlos auslaufen zu lassen oder aber eine zeitgerechte Reparatur der verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung vorzunehmen.

Mit Einbringung des oa Initiativantrages hat man sich offenbar für Letzteres entschieden. Demnach ist zu erwarten, dass freiwillige Abfertigungen künftig als steuerliche Betriebsausgaben abzugsfähig sein werden, sofern sie sich innerhalb der Grenzen des § 67 Abs 6 EStG bewegen. Die lohnsteuerliche Behandlung beim Dienstnehmer (insb. die Frage „Abfertigung Alt“ versus „Abfertigung Neu“) soll dabei - entsprechend der bereits seit 7.12.2020 anwendbaren VwGH-Rechtsprechung - keine Rolle (mehr) spielen. Für Sozialplanabfertigungen ist hingegen eine generelle Ausnahme geplant, sodass deren Abzugsfähigkeit keiner betraglichen Obergrenze mehr unterliegen soll.

Die Beschlussfassung der Gesetzesnovellierung ist im Nationalrat bereits erfolgt, die endgültige Gesetzwerdung bleibt abzuwarten.

Für weitere Fragen zu diesem Themenbereich bzw ggfs auch zu allfälligen Optimierungsüberlegungen (alte vs neue Rechtslage) stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen Ansprechpartner des ICON  Teams gerne zur Verfügung!