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KAPITALGESELLSCHAFTEN | Verteidigerkosten iZm Kartellstrafen abzugsfähig!

Während für Strafen und Geldbußen ein ausdrückliches Abzugsverbot besteht, ist die steuerliche Behandlung von mit verhängten Strafen zusammenhängenden Verfahrens- und Verteidigungskosten bislang strittig. Nunmehr hat das Bundesfinanzgericht entschieden, dass Verteidigungskosten betreffend Geldbußen für EU-Wettbewerbsverstöße bei Kapitalgesellschaften als Betriebsausgaben abzugsfähig sind und demgemäß auch ein Vorsteuerabzug zusteht. 

Gemäß § 20 Abs 1 Z 5 EStG und gleichlautend auch gemäß § 12 Abs 1 Z 4 KStG sind jedenfalls seit Inkrafttreten des Abgabenänderungsgesetzes 2011, somit seit 2.8.2011, Strafen und Geldbußen, die von Gerichten, Verwaltungsbehörden oder den Organen der Europäischen Union verhängt werden, sowie weiters auch Verbandsgeldbußen (nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz) ausdrücklich als nicht abzugsfähige Aufwendungen definiert und daher vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen. 

Abgrenzung von Strafen und damit zusammenhängenden Aufwendungen 

Vom Pönalecharakter als „Strafe“ und somit grundsätzlich auch vom kategorischen Abzugsverbot nicht betroffen ist demgegenüber ein im Rahmen eines EU-Kartellstrafverfahrens anfallender „Abschöpfungsanteil“, der (nur) unter bestimmten Voraussetzungen als Betriebsausgaben abzugsfähig ist, soferne er nämlich über den Grundbetrag der EU-Geldbuße hinaus anfällt und im zugrunde liegenden Urteil dem Grunde und der Höhe nach exakt determiniert wird (vgl zu den diesbezüglichen Restriktionen bereits unseren <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag „ERTRAGSTEUERN | EU-Kartellstrafen zur Gänze nicht abzugsfähig“ vom 18.8.2014; bzw in jüngster Rechtsprechung zuletzt auch BFG 26.8.2016, RV/5100904/2015). 

Den gesetzlichen Bestimmungen lässt sich nicht entnehmen, ob auch mit Strafen zusammenhängende Verteidigerkosten nicht abzugsfähig sein sollen, zumal dort explizit nur von „Strafen und Geldbußen“ die Rede ist. Rechts- und Beratungskosten teilen nach wohl überwiegender Literaturmeinung im Falle eines Schuldspruchs grundsätzlich das Schicksal der ertragsteuerlichen Qualifikation der Strafe selbst. Dies ist insbesondere auch die den Richtlinien vertretene Rechtsansicht der Finanzverwaltung (vgl Rz 1621 iVm Rz 4846a ff EStR; weiters auch Rz 1261 KStR). Als Folge der ertragsteuerlichen Nichtabzugsfähigkeit ergibt sich aus § 12 Abs 2 Z 2 lit a UStG zudem, dass für solcherart pönalisierte Verteidigerkosten auch kein Vorsteuerabzug zustünde.

Für eine Abzugsfähigkeit von Verteidigerkosten spricht, dass dem Steuerrecht moralische Wertungen grundsätzlich fremd sind. Folglich unterliegen auch durch (verbotene und strafbare) Preisabsprachen erzielte Gewinne der Besteuerung. Weitere Argumente für eine Abzugsfähigkeit von mit Strafen zusammenhängenden Verfahrens- und Beratungskosten wären etwa das generelle Recht auf Verteidigung sowie im Falle der vom Unternehmen zu tragenden Strafen die betriebliche Veranlassung dahingehend, dass die Verteidigung ja zu einer möglichst geringen Strafe und somit Belastung für das Unternehmen führen sollte. 

Dem ertragsteuerlichen objektiven Nettoprinzip folgend, wäre es daher nur sachgerecht, die mit steuerpflichtigen Erträgen in Zusammenhang stehenden Aufwendungen zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen, soferne ihnen nicht ein ausdrückliches gesetzliches Abzugsverbot entgegensteht. Ein derartiges Abzugsverbot hat der Gesetzgeber in § 20 EStG bzw § 12 KStG lediglich für Strafen und Geldbußen normiert. Da gesetzliche Abzugsverbote an sich regelwidrig in das System des Nettoprinzips eingreifen, dürfen sie auch nicht überschießend im Interpretationswege zur Anwendung gebracht werden. Eine allgemeine Ausdehnung der fraglichen Gesetzesbestimmung auf Verteidigerkosten erscheint daher jedenfalls problematisch. Davon abgesehen hätte es der Gesetzgeber überdies selbst in der Hand, das normierte Abzugsverbot von Strafen und Geldbußen auch auf Verteidigerkosten auszudehnen.1) 

Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung zwar die grundsätzlich private Veranlassung der Kosten eines Strafverfahrens bestätigt, zugleich aber angedeutet, dass - sofern ein Strafverfahren ausschließlich und unmittelbar aus der betrieblichen Tätigkeit eines Steuerpflichtigen resultiert – uU ausnahmsweise auch Strafverteidigungskosten Betriebsausgaben darstellen könnten (VwGH 21.4.2016, 2013/15/0182, wobei das Erkenntnis einen Gesellschafter-Geschäftsführer betraf und negativ entschieden wurde, zumal die Beschwerde laut Höchstgericht nicht dargelegt habe, dass der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Geschäftsführer zur Wehr gesetzt hat, im Beschwerdefall ausschließlich und unmittelbar aus seiner beruflichen Tätigkeit als Geschäftsführer erklärbar und damit betrieblich veranlasst gewesen wäre). 

Die Nichtabzugsfähigkeit von Strafen ergibt sich nach der vorliegenden Rechtsprechung zum EStG aus zweierlei Gesichtspunkten: Zum einen aus dem dahinterstehenden Pönalcharakter und zum anderen aus dem Gedanken, dass eine Zuwiderhandlung vorliegt, die nicht im Rahmen einer „normalen Betriebsführung“ erfolgt, sondern in den Bereich der „privaten Lebensführung“ fällt.   

Unter dem erstgenannten Aspekt des Pönalgedankens kommt eine Versagung der Abzugsfähigkeit von Verteidigerkosten grundsätzlich nicht in Betracht, zumal andernfalls der entsprechenden Abgabennorm (Nichtabzugsfähigkeit von Strafen und Geldbußen) ein über das Strafgesetz hinausgehender Charakter einer Strafnorm beigemessen würde.2) 

Die Rechtsansicht, dass neben den verhängten Strafen  auch Verteidigerkosten nicht abzugsfähig sein sollten, fußt vielmehr auf dem zweitgenannten Argument der Zuordnung zum Bereich der privaten Lebensführung. Bei Zuwiderhandlungen, die in einem schuldhaften Verhalten des Steuerpflichtigen (persönliches Fehlverhalten) und nicht im Betrieb ihre auslösende Ursache haben, sind Verteidigerkosten nämlich deshalb nicht abzugsfähig, da von vornherein kein Bezug zum betrieblichen Geschehen besteht. 

Aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzgerichts
(BFG 19.9.2016, RV/5100764/2015)

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts sei jedoch der oa Bereich der privater Lebensführung3) für Körperschaften nicht anwendbar4), weshalb bei juristischen Personen grundsätzlich nur der Pönalcharakter zum Tragen kommen kann. Eine „nichtnormale Betriebsführung“ käme im Bereich von Kapitalgesellschaften überhaupt nur dann in Betracht, wenn eine Leistung infolge der Gesellschafterstellung erbracht wird. Eine derartige Veranlassung ist jedoch bei Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht nicht erkennbar.5)

Vielmehr ist der Kontakt eines Unternehmens mit seinen Konkurrenten zum Zwecke von Preisabsprachen eindeutig betrieblich veranlasst, da hiedurch ja der Unternehmensgewinn maximiert werden soll. Eine „durch private Entschlüsse veranlasste Tat“ kann darin hingegen nicht gesehen werden. 

Der streitgegenständliche EU-Wettbewerbsverstoß ist daher ausschließlich und unmittelbar aus der betrieblichen Tätigkeit heraus erklärbar, weshalb auch die dem Unternehmen erwachsenen Verteidigerkosten betrieblich veranlasst und daher abzugsfähig sind. Dementsprechend steht auch der Vorsteuerabzug zu. 

Zusammenfassung 

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts (BFG vom 19.9.2016, RV/5100764/2015) sind Verteidigungskosten betreffend Geldbußen aus EU-Wettbewerbsverstößen bei Kapitalgesellschaften sehr wohl als Betriebsausgaben abzugsfähig: Weder aufgrund einer „nicht normalen Betriebsführung“ (terminus technicus des EStG, der im KStG nicht anwendbar ist) noch infolge des Pönalecharakters (mit Hinweis auf VwGH 16.9.1992, 90/13/0063) könne der Abzug verweigert werden. Auch der Vorsteuerabzug aus Verteidigungskosten betreffend EU-Bußgelder ist zulässig, zumal bei Wettbewerbsverstößen weder eine „klassische Privatnutzung“ gegeben sei noch eine „nichtwirtschaftliche Zweckzuwendung“ vorliege. 

Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass seitens der Finanzverwaltung gegen diese BFG-Entscheidung eine Amtsrevision eingebracht wurde, sodass das letzte Wort dem Höchstgericht vorbehalten ist. 

Bis zum Vorliegen der VwGH-Entscheidung bzw aufgrund derzeit anderslautender Richtlinienmeinung sollte im Falle einer steuerlichen Geltendmachung derartiger Verteidigungskosten als Betriebsausgaben jedenfalls auf eine hinreichende Offenlegung iS § 119 BAO in den Steuererklärungen geachtet werden, um jedwede finanzstrafrechtliche Risiken hintanzuhalten. 

Für weitere Fragen stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen Berater des ICON-Teams gerne zur Verfügung!


1) Vgl Renner, Abzugsfähige versus nicht abzugsfähige Aufwendungen, SWK 7/2015, 369 (375).

2) Vgl Laudacher, Abzugsfähigkeit von Verteidigerkosten im Zusammenhang mit einem EU-Wettbewerbsverstoß, SWK 29/2016, 1240 (1241 f).

3) Vgl auch das Abzugsverbot für Aufwendungen für die „Lebensführung“ gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG, welches per definitionem nur für natürliche Personen zur Anwendung kommt!

4) Vgl auch Lachmayer in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock (Hrsg), Die Körperschaftsteuer27 (2015) § 12 Rz 58.

5) Vgl Laudacher, SWK 29/2016, 1240 (1241).