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QUELLENSTEUER | Lizenzzahlungen an mittelbar beteiligte Gesellschaft

Im Rahmen des „Express Antwort Service“ (EAS) nimmt das österreichische Finanzministerium (BMF) regelmäßig zu Auslegungsfragen des internationalen Steuerrechts Stellung. In der EAS-Auskunft 3437 vom 19.4.2022 hatte sich das BMF mit der abkommenskonformen Quellensteuerentlastung einer Lizenzzahlung zu beschäftigen, die eine österreichische Kapitalgesellschaft an eine mittelbar beteiligte italienische Konzerngesellschaft („Urgroßmutter“) zu bezahlen hatte.

Im angefragten Fall bezahlte eine österreichische Kapitalgesellschaft Lizenzgebühren an ihre in Italien ansässige indirekte Gesellschafterin („Urgroßmuttergesellschaft“), die insgesamt mit mehr als 50% mittelbar an der österreichischen Gesellschaft beteiligt war. Die italienische Zahlungsempfängerin unterliegt nach österreichischem Steuerrecht mit den erhaltenen Lizenzgebühren gemäß § 98 Abs 1 Z 6 EStG der beschränkten Steuerpflicht in Österreich. Die österreichische Gesellschaft hat gemäß § 99 Abs 1 Z 6 iVm § 100 Abs 1 EStG von den Lizenzgebühren eine Abzugsteuer iHv 20% einzubehalten und abzuführen.

Nach dem maßgeblichen Doppelbesteuerungsabkommen (Art 12 Abs 1 DBA Italien-Österreich) dürfen Lizenzzahlungen an eine Italien ansässige Person in Italien besteuert werden. Österreich stünde nach dieser Bestimmung also kein Quellensteuerabzug zu. Jedoch sieht Art 12 Abs 2 DBA Italien-Österreich vor, dass Österreich ein Quellenbesteuerungsrecht iHv 10% zusteht, wenn die die Vergütung empfangende Person zu mehr als 50% am Kapital der auszahlenden Gesellschaft beteiligt ist. Im Rahmen des EAS war nun zu klären, ob diese Bestimmung nur auf unmittelbare oder auch auf mittelbare Beteiligungsstrukturen anwendbar ist.
 

EAS-Auskunft des BMF


Da das als Voraussetzung für die Steuerpflicht vorgesehene Beteiligungserfordernis in Art 12 Abs 2 DBA Italien-Österreich nicht ausdrücklich auf unmittelbare Beteiligungen eingeschränkt wurde, wird seitens des österreichischen BMF die Auffassung vertreten, dass hiefür auch mittelbare Beteiligungen ausreichend sind (vgl auch EAS 375, EAS 697, EAS 1337, EAS 1965). Für eine Einschränkung des Quellensteuerrechts auf unmittelbare Beteiligungen – wie dies etwa im Verhältnis zu Griechenland der Fall ist (siehe EAS 2666 und EAS 2701) - bedürfte es hingegen einer entsprechenden Verständigung mit dem DBA-Partnerstaat Italien.

Die abkommenskonforme Quellensteuerentlastung von 20% auf 10% kann die italienische Urgroßmuttergesellschaft im gegenständlichen Fall entweder im Rückerstattungswege oder direkt bei Zahlung (an der Quelle) herbeiführen. Für eine direkte Entlastung an der Quelle muss der österreichischen Vergütungsschuldnerin allerdings eine Ansässigkeitsbescheinigung in Form eines ausgefüllten und unterschriebenen Formulars „ZS-QU2“ vorgelegt werden. Insofern die Zahlungen an die italienische Urgroßmuttergesellschaft 10.000 EUR im Kalenderjahr übersteigen, ist auf diesem Formular auch eine Ansässigkeitsbestätigung durch die italienische Finanzverwaltung einzuholen.

Der Anwendungsbereich der EU-Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie, die innerstaatlich in § 99a EStG umgesetzt wurde und ggfs eine gänzliche Entlastung von der Quellensteuer ermöglichen würde, ist im konkreten Fall hingegen NICHT angesprochen. Dafür wäre nämlich gemäß § 99a Abs. 6 EStG ein unmittelbares Beteiligungsverhältnis zwischen der österreichischen Lizenzzahlerin und der italienischen Lizenzempfängerin notwendig.  

Sollte sich Italien nicht der Auffassung des österreichischen BMF anschließen und den Anwendungsbereich von Art 12 Abs 1 DBA Italien-Österreich nur auf unmittelbare Beteiligungsverhältnisse einschränken, so würde der italienischen Lizenzempfängerin wohl die Anrechnung der österreichischen Abzugsteuer versagt und es käme zu einer Doppelbesteuerung. Für diesen Fall verweist das BMF auf die Möglichkeit, ein Verständigungsverfahren nach Art 25 DBA Italien-Österreich einzuleiten. Dafür ist eine dreijährige Antragsfrist zu beachten, die ab der ersten Mitteilung der Maßnahme, die zu einer abkommenswidrigen Doppelbesteuerung führt, zu laufen beginnt. Ausführliche Informationen über Verständigungsverfahren finden sich in der kürzlich aktualisierten BMF-Info zu Verständigungs- und Schiedsverfahren (vgl dazu bereits unseren NL-Beitrag „DBA-RECHT | Aktuelle BMF-Info zu Verständigungs- und Schiedsverfahren“ vom 20.5.2022).
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FAZIT


Die obige aktuelle EAS-Auskunft des österreichischen BMF zeigt, dass bei der DBA-Anwendung ein hohes Augenmerk auf den exakten Wortlaut der abkommensrechtlichen Bestimmungen zu legen ist. Ist die Anwendbarkeit einer konkreten Bestimmung ua vom Vorliegen eines bestimmten Beteiligungsausmaßes abhängig, so reicht dafür - nach Ansicht des BMF - auch ein mittelbares Beteiligungsverhältnis aus, soferne die jeweilige Bestimmung nicht explizit auf unmittelbare Beteiligungen abstellt. Daher darf Österreich auch bei Zahlung einer Lizenzgebühr an eine bloß mittelbar zu mehr als 50% beteiligte italienische Gesellschaft („Urgroßmutter“) eine DBA-konforme Quellensteuer iHv 10% einbehalten.

In diesem Zusammenhang dürfen wir auch auf unseren „Leitfaden Abzugsteuer“ verweisen, den Sie gerne (kostenlos) anfordern können. Möchten Sie wissen, welche Quellensteuersätze für Dividenden, Zinsen und Lizenzzahlungen in den österreichischen DBA vorgesehen sind? Dann werfen Sie doch einfach einen Blick in unsere umfangreiche Tabelle (Stand 1.3.2020).

Sie haben weitere Fragen zu Quellensteuern? Gerne stehen Ihnen die Verfasser sowie die übrigen Ansprechpartner:innen unserer Service Line „International Tax​​​​​​​“ zur Verfügung!