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STEUERREFORM | Eine schwere Geburt ...

Am 7.7.2015 hat der Nationalrat die Steuerreform 2015/2016 beschlossen, wobei es gegenüber der Regierungsvorlage noch zu einigen Änderungen kam. Erfahren Sie hier die letzten Abänderungen bzw den aktuellen Stand sowie den weiteren Fahrplan bis zur Gesetzwerdung.

Über die Gesetzesvorhaben auf Basis der Begutachtungsentwürfe des BMF vom 12.5.2015 (Bankenpaket, Änderung des Endbesteuerungsgesetzes) und 19.5.2015 (Steuerreformgesetz 2015/2016 hatten wir Sie bereits in unserem letzten Newsletter informiert (vgl <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag „STEUERREFORM | Die ganze Wahrheit!“ vom 12.6.2015). Am 16.6.2015 wurden sodann die drei Regierungsvorlagen zu der weitgehend per 1.1.2016 wirksam werdenden Steuerreform 2015/16 dem Nationalrat zur parlamentarischen Behandlung zugewiesen, wobei es aufgrund von Abänderungsanträgen im Finanzausschuss und letztlich auch noch im Plenum zu letzten Änderungen kam. Nachfolgend werden daher die wesentlichen Änderungen zwischen Begutachtungsentwurf und Regierungsvorlage sowie die allerletzten Abänderungen, insbesondere im Bereich der Unternehmensbesteuerung, erläutert:

Einschränkungen für Einlagenrückzahlungen (§ 4 Abs 12 EStG)

Die problematischen Verschärfungen des Begutachtungsentwurfs fanden zunächst textlich unverändert Eingang in die Regierungsvorlage, wobei man jedoch davon ausgegangen war, dass diese Vorgangsweise lediglich aus Zeitgründen gewählt wurde und im Rahmen der parlamentarischen Behandlung hier noch erhebliche Erleichterungen zu erwarten sind und der massiven Kritik im Begutachtungsverfahren noch hinreichend Rechnung getragen wird. Umso größer war die Enttäuschung, dass es vor der Beschlussfassung im Nationalrat nur noch zu einer Entschärfung kam: Mittels Abänderungsantrag wurde noch die Ausnahme festgelegt, dass Rückflüsse aufgrund ordentlicher Kapitalherabsetzungen idR auch ertragsteuerlich als Einlagenrückzahlungen zu qualifizieren sind. Für alle übrigen Fälle soll hingegen tatsächlich die gesetzlich angeordnete zwingende Verwendungsreihenfolge schlagend werden, wonach Ausschüttungen aus dem Bilanzgewinn steuerlich primär als Gewinnausschüttungen zu behandeln sind, soweit sie durch die Innenfinanzierung gedeckt sind (Einkommensverwendung mit KESt-Pflicht von Rückflüssen an natürliche Personen etc). Diese massive gesetzliche Einschränkung für künftige Einlagenrückzahlungen soll bereits für Wirtschaftsjahre beginnend nach dem 31.7.2015 wirksam sein. Demgemäß müßten Einlagenrückzahlungen nach der bisherigen günstigeren Rechtslage auf Jahresabschlüssen mit Bilanzstichtagen bis spätestens 31.7.2015 basieren und entsprechende bilanzielle Vorkehrungen getroffen (zB Auflösung von Kapitalrücklagen und somit Erhöhung des ausschüttungsfähigen Bilanzgewinns) bzw entsprechende Ausschüttungsbeschlüsse gefasst werden.

Wartetastenverlustregelung für „kapitalistische Mitunternehmer“ (§ 23a EStG)

Bereits in der Regierungsvorlage wurde klargestellt, dass die neue Verrechnungsbremse für Verluste aus Mitunternehmerschaften, welche über die geleisteten Einlagen hinaus gehen (negatives steuerliches Kapitalkonto), nur solche beschränkt haftenden Mitunternehmer (Kommanditisten, atypisch stille Gesellschafter) ohne hinreichend ausgeprägte Mitunternehmerinitiative betreffen soll, wenn es sich um natürliche Personen handelt. Hinsichtlich Mitunternehmerinitiative wurden die Erläuterungen zur Regierungsvorlage um zweckdienliche Hinweise für die im Einzelfall vorzunehmende Qualifizierung von Mitunternehmern ergänzt (Ev. Orientierung an Pflichtversicherung (ASVG/GSVG), Mitarbeit im Ausmaß von rund 10 Wochenstunden, Arbeitsgesellschafter idR ausreichend?). Jedenfalls „Entwarnung“ kann daher gegeben werden für Kommanditisten und atypisch Stille in der Rechtsform von Kapitalgesellschaften (Körperschaften iS § 7 Abs 3 KStG), sodass insbesondere auch für GmbH & Co KG im Konzern weiterhin eine über die Kommanditeinlagen hinausgehende Verlustverrechnung, ähnlich jener im Bereich der Gruppenbesteuerung, möglich sein wird. Demgegenüber werden jedoch die allgemeinen Einschränkungen gemäß § 2 Abs 2a EStG beibehalten (Wartetastenregelung für beworbene Verlustbeteiligungsmodelle mit hohen Steuerrenditeeffekten, Beteiligungen an Betrieben mit Unternehmensschwerpunkt in Verwaltung unkörperlicher Wirtschaftsgüter bzw gewerblicher Vermietung).

Änderungen im Bereich der Grunderwerbsteuer (GrEStG)

Im Bereich der GrESt kam es in der Regierungsvorlage gleich zu mehreren Änderungen gegenüber dem Begutachtungsentwurf:

Anteilsvereinigungen: Für die im Bereich der sog. „Anteilsvereinigung“ (künftig bekanntlich bereits ab 95 % bzw auch für Personengesellschaften bei Gesellschafterwechsel von 95 % innerhalb von fünf Jahren, Zurechnung von Treuhandanteilen beim Treugeber) anzustellende Einheitsbetrachtung ist künftig nur noch die körperschaftsteuerliche Unternehmensgruppe iS § 9 KStG zu beachten, hingegen nicht mehr die umsatzsteuerliche Organschaft iS § 2 Abs 2 UStG, was sicherlich zu einer verbesserten Rechtssicherheit beiträgt. Durch die neue Inkrafttretensbestimmung wird klargestellt, dass die nach alter Rechtslage anerkannt gewesenen Gestaltungen und Strukturen (zB Treuhandkonstruktionen, Personengesellschaften, KöSt-Gruppe) auch nach neuem Recht solange keine GrESt auslösen, als es nicht zu Veränderungen aufgrund von Erwerbsvorgängen ab 1.1.2016 kommt.

Art der Berechnung (Bemessungsgrundlage gem. § 4 GrEStG): Der künftig für gänzlich oder teilweise unentgeltliche Erwerbe von zentraler Bedeutung seiende „Grundstückswert“ wird nicht mehr als ein vom gemeinen Wert (Verkehrswert) abgeleiteter Wert sondern als ausschließlich für die GrESt-Bemessung relevanter spezieller Wert definiert. Für die Ermittlung des „Grundstückswerts“ soll es grundsätzlich zwei Berechnungsvarianten geben, nämlich entweder die Summe aus hochgerechnetem (anteiligem) dreifachen Bodenwert zuzüglich (anteiligem) Gebäudewert oder jener Wert, der von einem geeigneten (!) Immobilienpreisspiegel abgeleitet wird. Die näheren Details für diese beiden Berechnungsmethoden sollen im Detail in einer Verordnung geregelt werden, deren Entwurf jedoch leider noch immer nicht vorliegt, für Vergleichsrechnungen der GrESt-Belastungen nach altem und neuem Recht ab 1.1.2016 jedoch unverzichtbar ist (zB Umgründungen: bisher 3,5 % vom zweifachen EW, künftig 0,5 % vom Grundstückswert; Anteilsvereinigungen: bisher 3,5 % vom dreifachen EW, künftig ebenfalls 0,5 % vom Grundstückswert).

Im übrigen soll der Nachweis eines geringeren gemeinen Werts ausdrücklich zulässig sein, wobei Gutachten von allg. beeideten und gerichtlich zertifizierten Immobiliensachverständigen eine Richtigkeitsvermutung zukommt.  

Steuertarif (§ 7 GrEStG):

Familienverband: In der Regierungsvorlage findet sich nunmehr auch die gesetzliche Fiktion, wonach der Erwerb von Grundstücken unter Lebenden im sog. „Familienverband“ iS § 26a GGG immer alsunentgeltlich“ gilt, sodass also für Schenkungen zwischen nahen Angehörigen, ungeachtet einer Gegenleistung bzw Lastenübernahme etc, stets voll der begünstigte Stufentarif anzuwenden ist.

Zusammenrechnung: Bei der Fünfjahresbetrachtung sind nicht nur Erwerbe von denselben natürlichen Personen zu beachten, sondern sind laut Regierungsvorlage auch Erwerbe einer wirtschaftlichen Einheit (zB Einfamilienhaus) durch mehrere Erwerbsvorgänge zusammenzurechnen.

Betriebsfreibetrag: Aufgrund der oa Unentgeltlichkeitsfiktion für Übertragungen im Familienverband kommt insoweit auch stets der volle Freibetrag zur Anwendung (von 365 TEUR auf 900 TEUR erhöht), wobei aber die Deckelung mit maximal 0,5 % vom Grundstückswert vorgeht.

Sonstige Änderungen

  • Sachbezug für Firmen-PKW: Die im Jahr 2016 zu beachtende CO2-Ausstoß-Grenze für einen Sachbezug von weiterhin 1,5 % der AK wurde in der Regierungsvorlage (RV) auf 130 g/km (statt zuvor 120 g) erhöht, sodass sich auch die in den Jahren 2017 bis 2020 geregelte Verminderung um 4 Gramm pa entsprechend ändert. Elektroautos sind nicht nur sachbezugsfrei, sondern steht hiefür dem Arbeitgeber auch ein Vorsteuerabzug zu (unter Beachtung der Luxusgrenze).
  • Lohnsteuerbefreiungen (§ 3 EStG): Die Obergrenzen für die künftig branchenunabhängigen Mitarbeiterrabatte wurden in der RV noch verdoppelt und betragen jetzt max. 20 % bzw 1.000 EUR je Mitarbeiter und Jahr.
  • Zuzugsbegünstigung für Expatriates“: Die neue Werbungskostenpauschalierung wurde in der RV noch nachgebessert (20 % bzw max. 5.000 EUR anstatt 2.500 EUR).
  • Sonderausgaben und Arbeitnehmerveranlagung: Grds automatische Datenübermittlung für Kirchenbeiträge, Spenden, freiw. Weiterversicherungen, wobei die Spender ausdrücklich zur Nichtmeldung optieren und diesfalls Spenden nicht absetzen können; Detailregelungen für künftige automatische AN-Veranlagung ohne Antrag (§ 41 Abs 2 Z 2 EStG).
  • Aufteilung der Anschaffungskosten bebauter Liegenschaften im außerbetrieblichen Bereich (Vermietung und Verpachtung): Nachschärfung hinsichtlich der problematischen Pauschalaufteilung der AK auf Grundwert (40 %) und Gebäudewert (60 % als AfA-Bemessungsgrdl), wobei sachgerechte Detailregelungen im Verordnungswege erfolgen sollen.
  • Immobilienertragsteuer: Veräußerungsverlustverrechnung (erhöht auf 60 %) soll im außerbetrieblichen Bereich lt RV künftig auf 15 Jahre verteilt werden, soferne der Steuerpflichtige nicht ausdrücklichen Antrag auf Sofortausgleich im Verlustentstehungsjahr stellt.
  • Kapitalertragsteuer: Verlustverrechnung im außerbetrieblichen Bereich lt RV erhöht auf 55 % bei Ausgleich mit progressiv besteuerten Einkünften.
  • Umsatzsteuer: Lt Abänderungsantrag Verschiebung der Steuersatzerhöhung von 10 % auf 13 % für Tourismusbetriebe (Buchung Saison 2015/16) sowie Theater- und Musikaufführungen (bereits verkaufte Abos) um einen weiteren Monat von 1.4.2016 auf 1.5.2016.
  • Registrierkassenpflicht (Abänderungsantrag): Erleichterungen bei Buchführungspflicht, Registrierkassenpflicht, Belegerteilungspflicht bei Automatenumsätzen; neben Jahresumsatz von 15.000 EUR ist auch Barumsatzgrenze von 7.500 EUR zu überschreiten.
  • Einsichtnahme in Bankkonten (Abänderungsantrag): Kontenöffnung wird nur über richterliche Anordnung möglich sein!
  • Meldepflicht für Kreditinstitute: Die Rückwirkung der Mitteilung höherer Kontobewegungen soll iZm der sog. „Abschleicherproblematik“ auch Geldflüsse vor Inkrafttreten der Steuerabkommen mit Schweiz und Liechtenstein erfassen („kalte Repatriierungen“ ins Inland)!  

Ausblick und Handlungsbedarf

Der Gesetzeswerdungsprozess dieser Steuerreform war von heftigen Diskussionen und Nachverhandlungen der politischen Parteien bis zur letzten Minute begleitet, sodass es zu mehreren Verzögerungen kam und selbst in der Pressemitteilung des Parlaments von einer „schweren Geburt“ gesprochen wurde. Nun liegen aber wenigstens die wesentlichen Gesetzesgrundlagen vor, die in einem wahren Sitzungsmarathon noch vor der Sommerpause im Parlament beschlossen wurden.

Nach der parlamentarischen Beschlussfassung im Nationalrat vom 7.7.2015 soll das Gesetzeswerk noch in diesem Monat vom Bundesrat abgesegnet werden (voraussichtlich am 23.7.2015). In weiterer Folge ist sodann die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt abzuwarten.

Aufgrund des überwiegenden Inkrafttretens der gesetzlichen Änderungen erst per 1.1.2016 sollten in der bis dahin verbleibenden Zeit allenfalls geplante Maßnahmen vorgezogen werden, soweit mit gesetzlichen Verschlechterungen zu rechnen ist (zB KESt-freie Einlagenrückzahlungen, Immobilientransfers, ev. auch Umgründungen). Dies jedoch erst, nachdem verläßliche Entscheidungsgrundlagen vorliegen, wobei insbesondere die noch ausständige Verordnung zur Berechnung des sog.Grundstückswerts“ zu nennen ist, welcher künftig nicht nur für un- und teilentgeltliche Liegenschaftstransfers sondern auch für Umgründungen und Anteilsvereinigungen die maßgebliche Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist.

Für Rückfragen stehen Ihnen der Verfasser sowie gerne auch die übrigen Betreuer der ICON zur Verfügung!