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UMSATZSTEUER | Keine Rechnungskorrektur bei Dreiecksgeschäften!

Der EuGH beschäftigte sich kürzlich im österreichischen Fall „Luxury Trust Automobil GmbH“ mit der Berichtigungsmöglichkeit einer zunächst falsch ausgestellten Rechnung des Erwerbers unter gleichzeitiger Inanspruchnahme der Vereinfachungsregelung für Dreiecksgeschäfte. Insbesondere war bisher nicht eindeutig klargestellt, inwieweit der Hinweis „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ obligatorisch bzw im Falle des Fehlens nachträglich ergänzbar ist. Im Rahmen unseres Newsletters hatten wir den vorliegenden Fall bereits vorgestellt und damals über den Verfahrensstand der Schlussanträge der Generalanwältin informiert. In diesem Folgebeitrag erfahren Sie, wie das europäische Höchstgericht letztlich entschieden hat und welche Auswirkungen dieses Urteil für die praktische Handhabung von Dreiecksgeschäften mit sich bringt.
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EuGH-Urteil vom 8.12.2022, C-247/21, Luxury Trust Automobil GmbH

 

Hintergrund

Hauptthema im kürzlich abgeschlossenen Vorabentscheidungsverfahren beim Europäischen Gerichtshof war die eindeutige Bezeichnung und somit „Bestimmungdes Leistungsempfängers als Steuerschuldner im Rahmen eines Dreiecksgeschäftes. Es galt daher dem Grunde nach die Frage zu klären, ob dieser explizite Hinweis auf einer Rechnung des Erwerbers an den Empfänger eines Reihengeschäfts, das unter Anwendung der Vereinfachungsregelung abgewickelt werden soll, eine "materielleVoraussetzung für die Inanspruchnahme dieser Sonderbestimmung darstellt. Am 14.7.2022 wurden die Ausführungen des Generalanwalts veröffentlicht, der eine Berichtigung ex nunc als grundsätzlich zulässig erachtete, soferne bestimmte Voraussetzungen erfüllt würden (siehe dazu bereits unseren NL-Beitrag „UMSATZSTEUER | Rechnungskorrektur bei Dreiecksgeschäften?“ vom 21.11.2022).
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​​​​​​​Sachverhalt

Die österreichischeLuxury Trust Automobil GmbH“ ist im Bereich der grenzüberschreitenden Vermittlung und Verkauf von Luxusfahrzeugen tätig. Im Jahr 2014 kaufte die Gesellschaft mehrmals Fahrzeuge von einem Lieferanten in UK, welche direkt an den Endkunden in Tschechien geliefert wurden. Die Transportverantwortung trug die Luxury Trust Automobil GmbH und die Parteien traten jeweils mit der UID-Nummer des Ansässigkeitsstaates auf. Luxury Trust Automobil GmbH hatte in ihren Rechnungen zwar auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäfts hingewiesen, jedoch keinen Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers angebracht. Dieser Mangel wurde von der österreichischen Finanzverwaltung als ein Versäumnis eingestuft, welches dazu führe, dass die Transaktion als „missglücktesDreiecksgeschäft anzusehen sei und dies in weiterer Folge zur Festsetzung der Steuerschuld gegenüber der Luxury Trust Automobil GmbH führte (kumulativer innergemeinschaftlicher Erwerb iSd Art. 3 Abs. 8 UStG in Österreich). Als Reaktion darauf hatte die Luxury Trust Automobil GmbH eine entsprechende Berichtigung der Rechnungen veranlasst, wobei der Rechnungsempfänger allerdings nicht mehr auffindbar war („missing trader“).

 

Vorlagefragen

Der oben geschilderte Sachverhalt wurde schließlich seitens des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) herangetragen mit dem Ersuchen, die nachfolgenden Vorlagefragen zu beantworten:

  1. Ist Art. 42 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie in Verbindung mit Art. 197 Abs. 1 Buchst. c dieser Richtlinie dahin auszulegen, dass eine Bestimmung des Empfängers der Lieferung als Steuerschuldner auch dann vorliegt, wenn in der Rechnung, in der kein Mehrwertsteuerbetrag ausgewiesen wird, angegeben wird: „Steuerfreies innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft“?
     
  2. Für den Fall der Verneinung der ersten Frage:
    a) Kann eine derartige Rechnungsangabe nachträglich wirksam berichtigt werden (durch Angabe: „Innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft gem. Art. 25 UStG [1994]. Die Steuerschuld geht auf den Leistungsempfänger über“)?
    b) 
    Ist es für eine wirksame Berichtigung erforderlich, dass die berichtigte Rechnung dem Rechnungsempfänger zugeht?
    c) Tritt die Wirkung der Berichtigung rückwirkend auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungsstellung ein?
     
  3. Ist Art. 219a der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen, dass die Vorschriften über die Rechnungsstellung jenes Mitgliedstaats anzuwenden sind, dessen Vorschriften anzuwenden wären, wenn (noch) keine Bestimmung eines „Erwerbers“ zum Steuerschuldner in der Rechnung erfolgt ist; oder sind die Vorschriften jenes Mitgliedstaats anzuwenden, dessen Vorschriften bei angenommener Wirksamkeit der Bestimmung des „Erwerbers“ zum Steuerschuldner anzuwenden wären?
     

Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes

Zur ersten Vorlagefrage

Zum Übergang der Steuerschuld hält der EuGH fest, dass die vom Erwerber (hier Luxury Trust Automobil GmbH) ausgestellte Rechnung nach Art. 197 Abs 1 lit c MwStSyst-RL dem Titel XI Kapitel 3 Abschnitte 3 bis 5 der Richtlinie entsprechen muss. Seitens des EuGH wird dabei klargestellt, dass der Hinweis Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers NICHT durch einen anderen Hinweis ersetzt werden kann, wie dies auch im Art. 226 Nr 11a der MwStSyst-RL ausdrücklich vorgeschrieben wird. Wie auch bereits in den Schlussanträgen ausgeführt, besteht der Sinn und Zweck der Setzung des entsprechenden Hinweises auf den Übergang der Steuerschuld darin, den Endempfänger über seine steuerlichen Pflichten zu informieren und gleichzeitig zu verhindern, dass der Umsatz doppelt besteuert wird.

Zur zweiten Vorlagefrage

Der EuGH verneint die Möglichkeit der rückwirkenden Rechnungsberichtigung und somit die Sanierbarkeit eines missglückten Dreiecksgeschäfts kurz und bündig. In den Rz 59 bis 62 des Urteils wird vom Höchstgericht ausgeführt, dass es sich bei der fraglichen zusätzlichen Rechnungsangabe um eine materiellrechtliche Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Dreiecksgeschäftsregelung handelt und dass lediglich formale Mängel zur Wahrung der Neutralität des Mehrwertsteuerrechts saniert werden können.  Wenn somit eine Voraussetzung für die Anwendung der Vereinfachungsregelung für Dreiecksgeschäfte, wie insbesondere auch die nach Art 226 Nr 11a MwStSyst-RL erforderliche Angabe, fehlt, kann das Dreiecksgeschäft nicht wirksam saniert werden. Wenn die Voraussetzungen nachträglich erfüllt werden (zB durch „Berichtigung“ der Rechnung mit Angabe des korrekten Hinweises), stellt dies keine Korrektur dar, sondern wird vielmehr als erstmalige Ausstellung der erforderlichen Rechnung angesehen, die keine Rückwirkung entfalten kann. Weitere Ausführungen zu der Frage betreffend das Zugehen einer berichtigten Rechnung an den Rechnungsempfänger waren daher nicht mehr erforderlich, da die Möglichkeit einer Rechnungsberichtigung dem Grunde nach ausgeschlossen wurde.

Zur dritten Vorlagefrage

Die dritte Frage wurde vom EuGH gar nicht mehr beantwortet, da sich eine Stellungnahme aufgrund der Behandlung der ersten beiden Fragen erübrigt hat.
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Auswirkungen der EuGH-Entscheidung für die Praxis


​​​​​​​Der Europäische Gerichtshof folgte zwar im Großen und Ganzen den Ausführungen der Generalanwältin in den Schlussanträgen vom 14.7.2022, allerdings machte er hinsichtlich der Sanierbarkeit eine klare Kehrtwendung. In den Schlussanträgen wurde zwar ebenfalls ausgeführt, dass eine rückwirkende Sanierung nicht möglich sei, da erst mit der Neuausstellung der Rechnungen alle Voraussetzungen für ein gültiges Dreiecksgeschäft erfüllt werden, allerdings wurde mit einem nachweislichen Zugehen dieser berichtigten Rechnung an den Rechnungsempfänger eine grundsätzliche Sanierungsmöglichkeit ex nunc in Aussicht gestellt. Die Konsequenzen wären daher diesfalls lediglich Säumnisfolgen gewesen.

Demgegenüber schloss der EuGH eine wirksame Berichtigung der Rechnung generell aus, wodurch das missglückte Dreiecksgeschäft nicht mehr nachträglich saniert werden kann. Daher vermag eine Berichtigung ex nunc (ab dem Zeitpunkt der Ausstellung) die größte Problematik eines missglückten Dreiecksgeschäftes, nämlich den kumulativen Erwerb und das gleichzeitige Entstehen einer Registrierungspflicht gemäß Art. 41 Abs. 1 MwStSyst-RL (Art. 3 Abs. 8 UStG) im Bestimmungsland, nicht mehr abzuwenden. Das bedeutet, dass die vorgeschriebene Erwerbsteuer nur durch eine Sanierung iSd Rz 3777 UStR möglich ist und der Erwerber somit die korrekte Besteuerung im Bestimmungsland nachweisen muss. Das missglückte Dreiecksgeschäft muss daher nach den Grundsätzen eines normalen Reihengeschäftes richtig gestellt werden.

Im Ergebnis ist eine nachträgliche Ergänzung des fehlenden Rechnungshinweises sinnlos, da das Dreiecksgeschäft nicht sanierbar und somit missglückt ist. Wenn der Erwerber keine Registrierung im Bestimmungsland der Warenlieferung hat, kann er also nur durch eine nachträgliche Registrierung und Versteuerung im Bestimmungsland die Erwerbsteuer in Österreich zurückfordern und hätte daher letztlich lediglich die Säumnisfolgen zu tragen. In der Praxis ist eine rückwirkende Sanierung in Sinne der Rz 3777 UStR jedoch oft nicht möglich, da hierfür auch die Eingangsrechnungen über die zugekaufte innergemeinschaftliche Lieferung, die immer noch die österreichische UID-Nummer aufweisen, berichtigt werden müssen. Erfahrungsgemäß weigern sich häufig die Lieferanten, derartige rückwirkende Korrekturen vorzunehmen, zumal dadurch ihre eigene Steuerfreiheit gefährdet sein könnte, etwa durch eine nicht korrigierbare ZM (UID-Nummer war im Lieferzeitpunkt noch nicht gültig).

Wir empfehlen daher, bei Anwendung der Dreiecksgeschäftsregelung und insbesondere bei der Angabe der notwendigen Rechnungshinweise akribisch darauf zu achten, dass alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt werden, um mitunter sehr teure Konsequenzen zu vermeiden.

 

FAZIT


Die aktuelle Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH vom 8.12.2022, C-247/21, Luxury Trust Automobil GmbH) unterstreicht die Bedeutung des Vorliegens einer ordnungsgemäßen Rechnung als materielle Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Vereinfachungsregelung für Dreiecksgeschäfte. Mit diesem Urteil wurde die sehr restriktive Sichtweise der österreichischen Finanzverwaltung bestätigt und eine rückwirkende Berichtigung von fehlenden Rechnungsangaben kategorisch ausgeschlossen.

Um Säumnisfolgen und vor allem einen oftmals nicht sanierbaren kumulativen Erwerb zu vermeiden, müssen die verwendeten Rechnungsangaben vorweg sorgfältig auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft und die Anwendung der Dreiecksgeschäftsregelung im Sinne der gesetzlichen Regelungen durchgeführt werden. Es ist daher ratsam, einen kritischen Blick auf Reihengeschäfte und Dreiecksgeschäfte im Besonderen zu haben und sich zeitgerecht Gedanken über diesbezügliche Gestaltungsmöglichkeiten zu machen, um teure Überraschungen durch proaktives Handeln zu vermeiden.

Für Fragen und Hilfestellung zu diesem Thema stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen Kolleginnen der Service Line "Indirect Tax & Customs" gerne zur Verfügung.