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UMSATZSTEUER | Rechnungskorrektur bei Dreiecksgeschäften?

Was dem Grunde nach als Vereinfachung für die Abwicklung von bestimmten Reihengeschäften gedacht war, ist seit vielen Jahren ein „Liebkind“ der österreichischen Finanzverwaltung, wobei meist ein sehr formalistischer Prüfungsansatz zur Anwendung kommt. Den sehr strengen Auslegungen zu Dreiecksgeschäftsregelungen in Österreich wurde allerdings durch die Rechtsprechung der Höchstgerichte (EuGH und VwGH) sukzessive eine Abfuhr erteilt. Die letzte formalistische Hürde, die nach wie vor erhebliches Gefahrenpotenzial hinsichtlich missglückter und somit für den Unternehmer mitunter teurer Dreiecksgeschäfte in sich birgt, ist die Problematik einer nachträglichen Rechnungskorrektur. Denn eine derartige Berichtigung zur Abfederung möglicher negativer Folgen ist in Österreich bis dato nicht möglich. Es sieht aber danach aus, dass mit dem derzeit beim Europäischen Gerichtshof anhängigen Fall „Luxury Trust Automobile GmbH auch dieses Problem entschärft werden könnte.  Was die Überlegungen des Generalanwalts zur Entscheidungsfindung des EuGH sind und wie ein missglücktes Dreiecksgeschäft künftig vielleicht doch saniert werden kann, soll im nachfolgenden Beitrag erläutert werden.

Wenngleich die Handhabung von Dreiecksgeschäften durch das EuGH-Urteil vom 19.4.2018, C-580/16, Hans Bühler (Korrekturmöglichkeit einer ZM, Registrierung im Abgangsland möglich), das VwGH-Urteil vom 15.12.2021, Ro 2020/15/0003 (Registrierung im Bestimmungsland nicht schädlich, vgl NL-Beitrag „UMSATZSTEUER | DREIECKSGESCHÄFTE - A (Never) Ending Story?​​​​​​​“ vom 17.2.2022) sowie durch die mit dem AbgÄG 2022 erfolgten Änderungen des Art. 25 UStG (Anwendung für Reihengeschäfte mir mehr als drei Beteiligten, vgl NL-Beitrag „UMSATZSTEUER | Erweiterte Dreiecksgeschäfteregelung ab 1.1.2023!“ vom 21.6.2022) erheblich verbessert und vereinfacht wurde, existiert nach wie vor das Damoklesschwert der Rechnungskorrekturen:

Wenn nämlich auf der Rechnung des Erwerbers an den Empfänger einer Dreiecksgeschäftslieferung ein gesetzlich verlangter Hinweis – wie etwa jener, dass der letzte Abnehmer zur Übernahme der Steuerschuld verpflichtet ist – fehlt, wird dem Erwerber ein „missglücktesDreiecksgeschäft unterstellt. Die Konsequenz daraus ist ein kumulativer Erwerb in Österreich, der grundsätzlich nur durch entsprechende Rechnungskorrektur bereinigt werden könnte. Die Sanierung einer fehlerhaften Rechnung und somit eines formal missglückten Dreiecksgeschäftes wird jedoch nach der österreichischen Verwaltungspraxis als unmöglich erachtet (vgl Rz 4296 UStR).

Diese formale Bürde ruft nun neuerlich den Europäischen Gerichtshof auf den Plan, um endgültig zu klären, ob eine formale Regelung tatsächlich zur endgültigen Nicht-Anwendbarkeit dieser Vereinfachungsregelung führen kann. Auch wenn die endgültige EuGH-Entscheidung noch ausständig ist, lassen die Schlussanträge des Generalanwalts vom 14.7.2022, C-247/21, Luxury Trust Automobile GmbH, bereits eine richtungsweisende Tendenz erkennen:

 

Vorabentscheidungsersuchen an EuGH: Bestimmung des Leistungsempfängers als materielle Voraussetzung für Dreiecksgeschäfte?


Hintergrund

Im derzeit anhängigen Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH in der österreichischen Rechtssache C-247/21, Luxury Trust Automobile GmbH, geht es um die „Bestimmungdes Leistungsempfängers als „materielle“ Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Vereinfachungsregelungen für Dreiecksgeschäfte:

Die Geschäftstätigkeit der „Luxury Trust Automobile GmbH“ (ansässig und umsatzsteuerlich registriert in Österreich) besteht vor allem in der grenzüberschreitenden Vermittlung und dem grenzüberschreitenden Verkauf von Luxusfahrzeugen. Im Jahr 2014 kaufte die Gesellschaft von ihrem Lieferanten in UK mehrmals Fahrzeuge, welche zum Endkunden nach Tschechien geliefert wurden (Direktlieferung aus UK nach Tschechien). Der Transport wurde von der Luxury Trust Automobile GmbH organisiert, und die Beteiligten traten jeweils mit der UID-Nummer des Ansässigkeitsstaates auf. Die Rechnungen der Luxury Trust Automobile GmbH an den tschechischen Empfänger enthielten zwar den Hinweis auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäfts, jedoch keinen Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des Empfängers. Nach der österreichischen Verwaltungspraxis liegt in einem derartigen Fall ein nicht sanierbares missglücktes Dreiecksgeschäft vor. Vor diesem Hintergrund hatte das österreichische Finanzamt der Luxury Trust Automobile GmbH die Straferwerbsteuer vorgeschrieben (kumulativer Erwerb in Österreich).

Die Meldung in der österreichischen Zusammenfassenden Meldung (ZM) wurde mit Angabe der tschechischen UID-Nummer des Leistungsempfängers sowie des Vorliegens eines Dreiecksgeschäfts durchgeführt. Seitens des tschechischen Endkunden wurde eine entsprechende Meldung in der tschechischen Umsatzsteuererklärung unterlassen.

Die österreichische Finanzverwaltung setzte mit Bescheid von 25.4.2016 die Steuerschuld der Luxury Trust Automobile GmbH fest und führte in der Begründung aus, dass die Rechnungen keinen Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld enthielten, und es sei ua ein innergemeinschaftlicher Erwerb in Österreich anzunehmen.

Die Luxury Trust Automobile GmbH hat daraufhin eine Berichtigung der Rechnungen mit dem Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld veranlasst. Diese konnten jedoch dem Endkunden nicht zugestellt werden, weil der nicht mehr auffindbar war.  
 

Vorlagefragen

Der Rechtsmittelfall landete schließlich beim VwGH, wobei das österreichische Höchstgericht ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH ua hinsichtlich der Auslegung des Art. 42 iVm. Art. 197 Abs. 1 Buchst. c der MwStSyst-RL zum Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts mangels Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld gestellt hat. Sofern das Fehlen eines derartigen Hinweises schädlich ist, möchte der VwGH auch noch wissen, ob die betroffenen Rechnungen auch noch nachträglich mit umsatzsteuerlicher Wirkung berichtigt werden können und ob die sohin korrigierten Rechnungen dem Empfänger zugehen müssen.

Art. 226 Nr. 11a der MwStSyst-RL enthält die Regelung zu den verpflichtenden Rechnungsangaben beim Übergang der Steuerschuld an den Empfänger, also den Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers. Die Steuerschuld des Empfängers im Dreiecksgeschäft wird in den Art. 197 und 141 der MwStSyst-RL geregelt. Art. 141 besagt, dass der Empfänger als Steuerschuldner für die zweite Lieferung im Bestimmungsland bestimmt sein muss. Es geht somit primär um die Auslegung des Begriffsbestimmt sein“.

Der Generalanwalt beantwortete die Vorlagefrage dahingehend, dass die „Bestimmung des Empfängers als Steuerschuldner mit dem entsprechenden Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld auf der Rechnung zu erfolgen hat. Die Angabe „innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft“ sei für die verlangte Bestimmung allerdings nicht ausreichend. Es wird jedoch in der Literatur diskutiert, ob die Bestimmung der Steuerschuldnerschaft ausdrücklich im Rahmen der Fakturierung erfolgen muss, oder ob dies etwa auch bereits bei Vertragsabschluss erfolgen kann. Ob das noch ausstehende EuGH-Urteil eine Klärung dieser Frage bringen wird, bleibt abzuwarten.


Korrektur ausgestellter Rechnungen


Nach den Schlussanträgen des Generalanwalts dürfen die ursprünglich ausgestellten Rechnungen grundsätzlich nachträglich berichtigt werden. Im Falle eines missglückten Dreiecksgeschäfts sind jedoch strengere Kriterien für die Rechnungsberichtigung zu beachten, weil es sich bei einer „fehlerhaften“ Rechnung nach Ansicht des Generalanwalts um keine rückwirkend berichtigungsfähige Rechnung handelt. Somit kann der fehlende Rechnungshinweis erst durch Neuausstellung und Übermittlung an den Empfänger berichtigt und somit das missglückte Dreiecksgeschäft saniert werden. Die Berichtigung kann daher nicht rückwirkend, sondern nur mit „ex nunc“-Wirkung erfolgen.


Praxishinweise


Letzten Endes bleibt das endgültige Urteil des EuGH abzuwarten. Wenn den Schlussanträgen des Generalanwalts gefolgt wird, stellen sich jedoch in weiterer Folge einige praxisrelevante Fragen. Zunächst wäre festzuhalten, dass eine korrekt durchgeführte Rechnungsberichtigung systematisch richtig und für die Vermeidung ungerechtfertigter Härten durch einen möglichen kumulativen Erwerb entscheidend ist. Die ex nunc-Wirkung und die damit verbundene Verpflichtung, die Korrektur dem Empfänger nachweislich zukommen zu lassen, ist allerdings Auswuchs eines spezifischen Sachverhalts, zumal der EuGH wieder einmal mit einem Betrugsszenario konfrontiert wird. Hier wird es um eine praxistaugliche Handhabung der Nachweisführung gehen bzw um die Frage, inwieweit gegebenenfalls auch eine Sammelberichtigung möglich ist. Faktisch wird auch klarzustellen sein, wie mit Meldungen in der ZM und UVA in der Vergangenheit und mit den damit zusammenhängenden Korrekturen im Rechnungsberichtigungszeitpunkt umzugehen ist.

Für Unternehmer, die regelmäßig Reihengeschäfte auch unter Anwendung der Dreiecksgeschäftsregelung durchführen, wird es ratsam sein, bereits vertraglich (möglichst durch eine entsprechende Steuerklausel) festzuhalten, welche Art der Abwicklung und welche Rechnungshinweise und Handhabung von den beteiligten Parteien infolgedessen gefordert wird. Mittlerweile hat sich bei der Durchführung von Reihengeschäften generell herauskristallisiert, dass eine gemeinsame Abstimmung in der Kette, so weit wie möglich, notwendig ist, um von vornherein aufwändige Korrekturen und ungewollte Belastungen zu verhindern, die meist aufgrund von falschen Annahmen bzw Informationsdefiziten entstehen.


FAZIT


​​​​​​​Aus den Schlussanträgen des Generalanwalts zum derzeit noch laufenden EuGH-VerfahrenLuxury Trust Automobile GmbH“ kristallisiert sich heraus, dass ein Rechnungshinweis, der auf den Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger hinweist, eine zwingende Voraussetzung für das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts darstellt. Die Berichtigung einer diesbezüglich fehlerhaften Rechnung ist allerdings durch Neuausstellung mit „ex nunc“-Wirkung möglich, wobei die berichtigte Rechnung dem Empfänger nachweislich zugegangen sein muss bzw andernfalls ein etwaiger kumulativer Erwerb nicht saniert werden kann. Eine derartige Korrekturmöglichkeit wäre für die Praxis grundsätzlich sehr zu begrüßen, jedoch mit Zweifelsfragen rund um die Handhabung der damit zusammenhängenden Meldungen verbunden. Das endgültige Urteil des EuGH darf jedenfalls mit Spannung erwartet werden.

Falls Sie Fragen haben oder Unterstützung bei der Planung und Prüfung ihrer Reihen- bzw Dreiecksgeschäftskonstellationen benötigen, stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen Expertinnen der Service Line "Indirect Tax & Customs​​​​​​​" gerne zur Verfügung!