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UMSATZSTEUER | Verpflichtende e-Rechnungssysteme in Europa

In Österreich ist die Fakturierung auf elektronischem Wege (e-Rechnungstellung) gegenüber dem Bund bereits seit dem Jahr 2014 obligatorisch. Auch gibt es bereits in einigen EU-Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene unterschiedliche Regelungen für e-Rechnungen. Nunmehr ist seitens der EU-Kommission ein Richtlinienentwurf geplant, um einen weiteren Schritt in Richtung digitaler Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung zu setzen. Demgemäß soll auf EU-Ebene eine elektronische Meldepflicht mittels e-Rechnung eingeführt werden. Im folgenden Beitrag erläutern wir die aktuellen Regelungen, skizzieren die Kerninhalte des geplanten EU-Richtlinienentwurfs und geben einen Überblick über bereits bestehende individuelle nationale Regime einer e-Rechnungstellung in den verschiedenen EU-Ländern.
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Hintergrund und aktuelle Rechtslage


​​​​​​​Eingangs möchten wir auf die Begriffe „e-Rechnungen“ bzw e-Rechnungsausstellung/-übermittlung und elektronische Rechnungen im Sinne des § 11 Abs 2 UStG eingehen. Das österreichische Umsatzsteuergesetz verlangt, dass die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit einer elektronischen Rechnung für die Dauer von sieben Jahren zu gewährleisten ist. Werden elektronische Rechnungen an die Kunden versandt, sind diese Voraussetzungen zu erfüllen und gelten als Originalbelege. In das österreichische UStG wurden die Voraussetzungen an elektronische Belege gemäß der EU-Richtlinie 2010/45/EU aufgenommen, die zwingend zu erfüllen sind, damit eine auf elektronischem Weg ausgestellte und/oder auf elektronischem Weg übermittelte Rechnung für Zwecke der Dokumentation sowie des Vorsteuerabzugsrechts einer Papierrechnung gleichgestellt ist. In dieser EU-RL vom 13.7.2010 erfolgte allerdings keine Festlegung auf ein bestimmtes Format oder eine bestimmte Art der Übermittlung.

e-Rechnungen im heutigen Sinne müssen in einem bestimmten Format (XML-Datei, PDF, Format der Finanzbuchführungs-Software des Unternehmens) ausgestellt werden. Diese e-Rechnungen sind zudem meist über spezielle Plattformen an die Steuerverwaltung zu übermitteln. Derartige e-Rechnungen erfüllen auch die Vorgaben für eine elektronische Rechnung gemäß § 11 Abs 2 UStG.

Mehrere EU-Mitgliedstaaten haben bereits ein vereinfachtes oder auch umfassendes obligatorisches e-Rechnungssystem eingeführt, das - anknüpfend an die EU-Richtlinienvorgaben - ein spezielles Prozedere bei der Ausstellung sowie Übermittlung von elektronischen Rechnungen vorsieht. Darunter befindet sich ua auch Österreich, allerdings bislang nur betreffend die Ausstellung und Übermittlung von e-Rechnungen an den Bund.

Hintergrund für die Einführung der diversen e-Rechnungssysteme ist das Bemühen, dem Umsatzsteuerbetrug Einhalt zu gebieten. Derzeit sind die Modelle V und Y vorzufinden: Beim „V-Modell“ müssen Unternehmen e-Rechnungen über einen zentralen Server der Finanzverwaltung an den Kunden senden (kein Rechnungsaustausch über private Kanäle). Das „Y-Modell“ sieht hingegen einen Rechnungsaustausch sowohl über private Kanäle (EDI, PEPPOL) als auch über den Server der Finanzverwaltung vor. Werden die Rechnungen beim Y-Modell über private Kanäle an den Kunden gesendet, ist hier die e-Rechnung parallel auch an die Finanzverwaltung zu übermitteln.
 

Geltende Rechtslage in Österreich

Auf Basis der oa EU-Richtlinie 2010/45/EU zur rechtlichen Gleichstellung von elektronischen Rechnungen mit Papierrechnungen wurde in Österreich mit dem Abgabenänderungsgesetz 2012 sowie dem Bundesgesetz, mit dem IKT-Lösungen und IT-Verfahren bundesweit konsolidiert werden (§ 5 IKTKonG), die rechtlichen Grundlagen für die Umsetzung der e-Rechnungen an den Bund geschaffen.

Am 6.5.2014 wurde sodann die Richtlinie 2014/55/EU über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen im Amtsblatt der Europäischen Union (L 133/S. 1) veröffentlicht. Diese Richtlinie verlangt von den Mitgliedstaaten die Sicherstellung, dass öffentliche Auftraggeber und Vergabestellen elektronische Rechnungen hinkünftig nicht ablehnen dürfen.

Im Rahmen des 2. Stabilitätsgesetzes (BGBl. I Nr. 35/2012) wurde unter Artikel 2 des 1. Hauptstückes das IKTKonG erlassen, welches am 1.1.2014 in Kraft trat. Die Bestimmungen des § 5 IKTKonG regeln die Übermittlung von e-Rechnungen an den Bund. Somit ist in Österreich seither die e-Rechnungsstellung an den Bund verpflichtend. Die Rechnungen für Lieferungen und Dienstleistungen an Bundesdienststellen sind ausschließlich in elektronisch strukturierter Form einzubringen. e-Rechnungen können über das Unternehmensserviceportal (USP.gv.at) oder über den privaten Kanal „PEP-POL“ (Pan-European Public Procurement On-Line  - Transport-Infrastruktur) eingebracht werden. Nichtansässige ausländische Leistungserbringer sind jedoch nicht zur Ausstellung und Übermittlung von e-Rechnungen verpflichtet.

Bei Einbringung einer e-Rechnung an den Bund erfolgt eine automationsunterstützte formelle Prüfung der e-Rechnung. Erst bei Vorliegen der formalen Fehlerfreiheit kommt es zur Übernahme durch die Bundesdienststelle. Danach gilt die e-Rechnung als ordnungsgemäß eingebracht.

Rechnungen, die per E-Mail in elektronischen Formaten (zB PDF) übermittelt werden, entsprechen NICHT den Anforderungen an eine e-Rechnung im Sinne des § 5 IKTKonG und dürfen von Bundesdienststellen daher nicht akzeptiert werden. Der Rechnungsbetrag wird frühestens fällig, wenn der Vertragspartner eine inhaltlich richtige und vollständige, den Anforderungen der Bestimmungen des § 5 Abs. 2 IKTKonG sowie den diesbezüglichen Verordnungsregelungen (§ 1 E-Rechnung-UStV – BGBl II 2003/583 idgF) entsprechende e-Rechnung ausgestellt und übermittelt hat und diese vom Rechnungsempfänger als sachlich und rechnerisch richtig anerkannt wurde.


Geplanter Richtlinienentwurf der EU-Kommission zur e-Rechnungstellung


Aus Sicht der Europäischen Union stellt die digitale Wirtschaft sowie die damit zusammenhängende Entwicklung neuer Geschäftsmodelle die Steuerverwaltungen vor neue Herausforderungen. Insbesondere sind viele Probleme betreffend Mehrwertsteuerbetrug bei grenzüberschreitenden Verkäufen von Gegenständen und Dienstleistungen augenscheinlich. Dementsprechend wird nach einer gesamthaften europäischen Lösung gestrebt mit dem Ziel, ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarktes zu gewährleisten.

Unter Anderem ist daher ein Richtlinienentwurf betreffend „Pflichten zur digitalen Meldung, einschließlich der e-Rechnungsstellung“ geplant, um den Mehrwertsteuerbetrug im digitalen Zeitalter adäquat zu bekämpfen.

Die Kosten im Zusammenhang mit der Einführung neuer Meldepflichten sollen durch Verringerung der „Fragmentierungskosten“ und eine effektive Betrugsbekämpfung amortisiert werden. Je nach dem Grad der Zentralisierung der zu errichtenden IT-Infrastruktur ist jedoch mit einem längeren Umsetzungszeitraum zu rechnen (ggfs bis zum Jahr 2030).

Vor Ergehen der in weiterer Folge in den Mitgliedstaaten umzusetzenden neuen EU-Richtlinie wird derzeit noch die (bereits durchgeführte) Folgenabschätzung evaluiert, welche die aktuelle Situation und die voraussichtlichen Auswirkungen bewertet, mögliche effiziente Alternativen gegen die Problematik prüft, die operative Durchführbarkeit analysiert, eine angemessene Umsetzungsfrist ermittelt, den Verwaltungsaufwand quantifiziert und die Möglichkeit der Abschaffung bestehender Meldepflichten klären soll.
 

Ein- und Ausblick: Einführung von e-Rechnungssystemen in div. Mitgliedstaaten


Mehrere EU-Mitgliedstaaten sehen sich zusehends in Bedrängnis und führten bzw führen bereits auf nationaler Ebene verschiedene Pflichten im Zusammenhang mit e-Rechnungssystemen ein. Diese sohin unkoordinierte Zunahme von Meldepflichten stellt für international agierende Unternehmen naturgemäß eine große Herausforderung dar. Neben der Belastung für die betroffenen Unternehmen, die unterschiedlichen Meldepflichten einhalten zu können, ist mit diesen individuellen Regelungen auch das Funktionieren des Binnenmarktes gefährdet.

Deshalb plant die EU eine allgemeine Einführung von teilweisen (auf grenzüberschreitende Umsätze beschränkte) oder vollharmonisierten (für inländische und grenzüberschreitende Umsätze geltende) Pflichten einer digitalen Meldung, einschließlich der e-Rechnungsstellung. Alternativ wird über die Einführung von Datenspeicherpflichten diskutiert, bei denen die Steuerpflichtigen Umsatzdaten in einem im Voraus festgelegten Format aufzeichnen und Auskünfte nur auf Anfrage erteilen müssten.

Frankreich

In Frankreich soll ab Juli 2024 eine e-Rechnungspflicht stufenweise, entsprechend der Unternehmensgröße, für in Frankreich ansässige Unternehmen eingeführt werden. Von der Meldepflicht sollen nationale B2B-Geschäfte und, in Form eines e-Reportings, B2C- und grenzüberschreitende B2B-Geschäfte umfasst sein. Es ist vorgesehen, dass sowohl eine zentrale (über einen Server der Finanzverwaltung) als auch eine dezentrale (über IT-Dienstleister = Y-Modell) Übermittlung möglich ist.

​​​​​​​Italien

In Italien ansässige Unternehmen sind bereits seit 2019 verpflichtet, B2B- und B2C-Umsätze ausschließlich als e-Rechnungen auszustellen und über einen zentralen Server der Finanzverwaltung an die Kunden zu übermitteln (= V-Modell). Diese Verpflichtung wird schrittweise ausgeweitet und gilt seit 1.7.2022 auch für kleine Unternehmen (Jahresumsatz > 25 TEUR) sowie ab 1.1.2024 auch für jene Unternehmen, die sich unter diesem Jahresumsatz bewegen. Ebenso sind mittlerweile die Umsätze innerhalb der EU als e-Rechnungen zu fakturieren.

Polen

In Polen können Unternehmen seit 1.1.2022 freiwillig e-Rechnungen über die zentrale Plattform (KSeF) versenden. Mit 1.1.2024 soll die e-Rechnungsstellung und Rechnungsübermittlung über die zentrale Plattform für in Polen ansässige Unternehmen verpflichtend sein. Einen Anreiz, e-Rechnungen bereits jetzt auszustellen, soll die beschleunigte Auszahlung von Vorsteuerbeträgen bringen. Ob eine Ausweitung auch auf nichtansässige, umsatzsteuerlich registrierte Unternehmen erfolgen wird, bleibt abzuwarten.

Hinsichtlich näherer Informationen dazu verweisen wir auf unseren NL-Beitrag UMSATZSTEUER | Update: Aktuelle Neuerungen in Europa vom 15.3.2022.

Rumänien

Bereits seit 1.7.2022 sind in Rumänien B2B-Geschäfte bestimmter Warengruppen verpflichtend über e-Rechnungen (Format RO_CIUS-Standard) zu fakturieren und zentral über eine Plattform der Finanzverwaltung zu übermitteln. Eine Ausweitung der meldepflichtigen Warengruppen ist noch nicht bekannt.

Slowakei

Die Slowakei plant die Einführung eines e-Rechnungssystems mit 1.1.2023, wobei der Zeitraum bis 1.1.2024 als Testphase anzusehen ist. Die Meldepflicht gilt für alle Steuerpflichtigen, die eine B2B- oder B2C-Leistung mit Leistungsort in der Slowakei erbringen. Aus derzeitiger Sicht gilt die Verpflichtung nicht nur für ansässige Unternehmen, sondern auch für nichtansässige umsatzsteuerlich registrierte Unternehmen.

Spanien

In Spanien soll für B2B-Leistungen ab 2024 die verpflichtende e-Rechnungsstellung und Rechnungsübermittlung über eine zentrale Plattform an den Rechnungsempfänger eingeführt werden. Von der Meldepflicht umfasst sollen vorerst nur in Spanien ansässige Unternehmen mit einem Jahresumsatz > 8 MEUR sein.

Weitere EU-Länder

Ebenso wurde die Einführung verpflichtender e-Rechnungsstellung und -übermittlung in Belgien, Lettland und Slowenien angekündigt. Die diesbezüglichen Pläne sind unterschiedlich weit fortgeschritten.
 

FAZIT


Derzeit treiben die einzelnen EU-Länder nationale Regelungen für e-Rechnungssysteme voran, um insbesondere in ihrem Einflussbereich gegen den Umsatzsteuerbetrug vorzugehen. Ein koordiniertes und rasches Vorgehen auf EU-Ebene ist leider, trotz der Initiative „Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter“ der EU-Kommission, noch nicht in Sicht. Es bleibt also mit Spannung abzuwarten, wann EU-einheitlich welche Regelungen eingeführt werden und damit die mit den zahlreichen, teilweise höchst unterschiedlichen nationalen Regelungen, die auch unterschiedlichste Systemvoraussetzungen bedingen, einhergehenden Konfliktpotenziale gelöst werden können.

Fakt ist jedenfalls, dass international agierende Unternehmen, insbesondere solche mit umsatzsteuerlichen Betriebsstätten in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten, künftig noch mehr verschiedene obligatorische e-Rechnungssysteme beachten und länderspezifische Vorgaben anwenden müssen.

Ein rechtzeitiges Agieren und Auseinandersetzen mit IT-Lösungen (ev. über das eigene ERP-System) ist jedenfalls empfehlenswert. Bei dieser Gelegenheit möchten wir auch nochmals auf unsere Kooperation mit „Greenfield“, einem ausgewiesenen Spezialisten für SAP und andere ERP-Systeme, hinweisen. Gerne können wir Sie daher auch bei erforderlichen Umstellungen bzw bei der Klärung von Detailfragen unterstützen (siehe dazu auch bereits unseren NL-Beitrag „UMSATZSTEUER | SAP-Umstellung mit Verbesserungspotenzial (SAP S/4HANA)“​​​​​​​ vom 24.10.2021).  

Selbstverständlich werden wir Sie im Rahmen unseres Newsletters über die weitere Entwicklung im Bereich der e-Rechnungssysteme in der EU auf dem Laufenden halten. Für weitere Fragen zu diesem Themenkomplex stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen ExpertInnen der Service Line "Indirect Tax & Customs" natürlich jederzeit gerne zur Verfügung!