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UNTERNEHMENSBEWERTUNG | Bewertungsanlässe bei Umgründungen

Umgründungsmaßnahmen erfordern in vielen Fällen auch eine fundierte Unternehmensbewertung, die nicht nur steuerrechtlich sondern insbesondere auch unternehmens- und gesellschaftsrechtlich geboten sein kann. Der folgende Beitrag stellt die wesentlichen Bestimmungen überblicksartig dar.

Anlässe für Unternehmensbewertungen

Es gibt eine Vielzahl von Anlässen für die Durchführung einer Unternehmensbewertung. In der Literatur findet man dazu häufig Systematisierungen, so etwa im Standardwerk von Mandl/Rabel (Unternehmensbewertung, Eine praxisorientierte Einführung S. 12 ff), wo eine Einteilung in "transaktionsbezogene" und "nicht transaktionsbezogene" Bewertungsanlässe vorgenommen wird. Im aktuellen Fachgutachten KFS/BW1 des Fachsenats für Betriebswirtschaft und Organisation der Kammer der Wirtschaftstreuhänder werden ohne Vornahme einer Systematisierung u.a. folgende Anlässe genannt (Punkt 2.4.):

  • Erwerb und Veräußerung von Unternehmen und Unternehmensanteilen
  • Ein- und Austritt von Gesellschaftern
  • Umgründungen
  • Abfindungen
  • Börseeinführungen
  • Feststellung von Pflichtteilsansprüchen usw.

Tatsächlich gehören die im Fachgutachten KFS/BW1 genannten Umgründungen in der Praxis zu den häufigsten Anlässen zur Durchführung einer Unternehmensbewertung, und zwar unabhängig davon, ob fremde Dritte an den Vorgängen beteiligt oder davon anderweitig betroffen sind.

Beteiligung fremder Dritter an Umgründungen

Sind fremde Dritte an Umgründungsvorgängen beteiligt (etwa Zusammengehen mittels "Konzentrationsverschmelzung"), ergibt sich die Notwendigkeit der Durchführung von Unternehmensbewertungen schon aus dem Umstand, dass keine der beteiligten Personen einen subjektiven Schaden aus dem Vorgang erleiden möchte. Beschließen beispielsweise A und B, ihre beiden Gesellschaften, die A-GmbH und die B-GmbH, an denen sie jeweils zu 100 % beteiligt sind, zu fusionieren, werden A und B (jeder für sich) sowohl das eigene als auch das fremde Unternehmen bewerten, um einen Entscheidungswert für ihre Verhandlungen im Hinblick auf die künftigen Beteiligungsverhältnisse zu finden.

Außerdem kann sich die Notwendigkeit einer Unternehmensbewertung im Zusammenhang mit Umgründungen auch aus gesetzlichen Vorschriften ergeben.

Unternehmensbewertung auf Grund von gesetzlichen Vorschriften

  • Steuerrecht

Im Steuerrecht verlangt etwa § 12 UmgrStG als Anwendungsvoraussetzung für Einbringungen gemäß Art III UmgrStG einen positiven Verkehrswert des Einbringungsvermögens (Betriebe, Teilbetriebe, Beteiligungen an Personen- und Kapitalgesellschaften). Im Zweifel ist ein solcher positiver Verkehrswert durch eine nach anerkannten betriebswirtschaftlichen Methoden erstellte Unternehmensbewertung nachzuweisen. Verunglückt etwa eine Einbringung (z.B. eines Betriebes in eine GmbH) und ist das Umgründungssteuerrecht daher nicht anwendbar, ist der Vorgang nach dem allgemeinen Steuerrecht zu beurteilen. Hier würde dann § 6 Z 14 EStG ins Spiel kommen, der die Bewertung von Tauschvorgängen regelt und vorschreibt, dass in diesen Fällen "gemeine Werte" zur Anwendung kommen. Wird daher ein Betrieb gegen Anteile an der den Betrieb aufnehmenden Gesellschaft eingetauscht, wird der Wert des Betriebes wohl im Rahmen einer Unternehmensbewertung zu ermitteln sein.

  • Unternehmensrecht

Aber auch aufgrund von unternehmensrechtlichen Vorschriften, insbesondere für Bilanzierungszwecke, kann sich die Notwendigkeit zur Durchführung einer Unternehmensbewertung bei Umgründungen ergeben. Dazu ein einfaches Beispiel:

Die M-GmbH ist sowohl an der T1-GmbH als auch an der T2-GmbH zu 100 % beteiligt. Die T2-GmbH soll nun auf die T1-GmbH verschmolzen werden (sogenannte "side-stream" Verschmelzung zur Aufnahme).

Obwohl auf eine Kapitalerhöhung verzichtet wird, kann eine Unternehmensbewertung erforderlich bzw. sinnvoll sein, und zwar im Zusammenhang mit der Bilanzierung dieses Vorganges. Die aufnehmende Gesellschaft hat in diesem Fall zwei Möglichkeiten, diesen Vorgang in ihren Büchern zu erfassen: Entweder sie führt die (unternehmensrechtlichen) Buchwerte der übertragenden Gesellschaft gemäß § 202 Abs. 2 Z 1 UGB fort, oder sie entscheidet sich für den Ansatz des sog. "beizulegenden Wertes" gemäß § 202 Abs. 1 UGB. Nach Rz 86 des Fachgutachtes zur Rechnungslegung bei Umgründungen des Fachsenates für Unternehmensrecht und Revision der Kammer der Wirtschaftstreuhänder (KFS/RL 25)  ist bei Ansatz des beizulegenden Werts zwingend auch ein allfälliger Firmenwert anzusetzen (§ 203 Abs. 5 UGB). Ob und in welcher Höhe ein Firmenwert vorliegt, kann wiederum nur im Rahmen einer Unternehmensbewertung festgestellt werden.

Aber selbst dann, wenn die übernehmende T1-GmbH die unternehmensrechtlichen Buchwerte der T2-GmbH fortführt, kann sich die Frage nach einer Unternehmensbewertung für die T2-GmbH stellen, nämlich im Rahmen der Bilanzierung des Vorganges beim Mutterunternehmen M-GmbH (Gesellschafterebene).

Nach den Ausführungen in Rz 121 des Fachgutachtens KFS/RL 25 liegt im Hinblick auf die Anteile der beiden von der Umgründung betroffenen Gesellschaften ein tauschähnlicher Vorgang vor. Demnach ist nach KFS/RL 25 der beizulegende Wert der untergehenden Beteiligung an der übertragenden Gesellschaft (T2-GmbH) auf die Beteiligung an der übernehmenden Gesellschaft (T1-GmbH) zu übertragen. Dieser "beizulegende Wert" ist wiederum grundsätzlich auf Basis einer Unternehmensbewertung zu ermitteln. Wahlweise kann zwar auch der Buchwert der Beteiligung übertragen werden. Allerdings bietet die Übertragung zum beizulegenden Wert die Möglichkeit, aus dem Verschmelzungsvorgang auf Ebene der Tochtergesellschaften auch auf Ebene der Muttergesellschaft einen unternehmensrechtlichen Gewinn zu generieren. Nach den Grundsätzen des Umgründungssteuerrechts wäre ein solcher Buchgewinn übrigens steuerneutral!

  • Gesellschaftsrecht

Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass sich im Zusammenhang mit Umgründungen auch aufgrund gesellschaftsrechtlicher Vorschriften die Notwendigkeit von Unternehmensbewertungen ergeben kann. Dies selbst dann, wenn anläßlich der Umgründung keine Kapitalerhöhung erforderlich ist bzw auch keine Minderheitsgesellschafter abgefunden werden müssen. Zu denken ist hier insbesondere an die zentralen Bestimmungen in § 52 AktG und § 82 GmbHG, wonach die Gesellschafter grundsätzlich nur Anspruch auf einen ausschüttungsfähigen Bilanzgewinn haben, hingegen niemals ihre Einlagen zurückfordern können bzw widrigenfalls eine mit Nichtigkeit behaftete sog. "verbotene Einlagenrückgewähr" vorläge. Auch dazu wieder ein einfaches Beispiel:

Die M-GmbH ist jeweils zu 100 % an der T1-GmbH und der T2-GmbH beteiligt. T2-GmbH wiederum ist zu 100 % an der E-GmbH beteiligt. Die E-GmbH soll nun als übertragende Gesellschaft auf die T1-GmbH verschmolzen werden. Erhält die T2-GmbH im Rahmen dieser Verschmelzung keine Anteile an der übernehmenden T1-GmbH, so muss sie anderweitig entschädigt werden, damit es nicht zu einer Verletzung der Vorschriften iS § 82 GmbHG kommt. Eine verbotene Einlagenrückgewähr könnte etwa dadurch vermieden werden, dass T2-GmbH für den Untergang ihrer Beteiligung an E-GmbH einen die Entreicherung ausgleichenden Gesellschafterzuschuss von M-GmbH erhält. Dieser Zuschuss müsste sich jedoch nicht am Buch- sondern vielmehr am Verkehrswert der E-GmbH orientieren, der wiederum nur im Rahmen einer Unternehmensbewertung festgestellt werden kann.

 

 

Ob in den beispielhaft genannten Fällen ein umfassendes, detailliertes Unternehmensbewertungsgutachten nach den Vorgaben des Fachgutachtens KFS/BW 1 erstellt werden muss, ist freilich im jeweiligen Einzelfall zu klären. Häufig wird es auch ausreichen, lediglich eine vereinfachte bzw überschlägige Bewertung auf Grundlage einer bestehenden Unternehmensplanung zu erstellen. Voraussetzung ist aber stets, dass eine nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen anerkannte Bewertungsmethode unter Zugrundelegung einer plausiblen Unternehmensplanung angewendet wird.

Für Rückfragen zu diesem Themenbereich steht Ihnen der Verfasser gerne zur Verfügung!