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CORONAVIRUS | Update zur Konsultationsvereinbarung zum DBA-Deutschland

Hofmann Robert  |  Saliji Murat

Am 15.4.2020 veröffentlichte das österreichische Finanzministerium eine Konsultationsvereinbarung zum Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland iZm COVID-19, deren Fokus auf der steuerlichen Behandlung des Arbeitslohns von Arbeitnehmern im Home-Office sowie auf staatlichen Kurzarbeitsförderungen lag. Der diesbezügliche BMF-Erlass behandelte unter anderem Sonderfälle in Bezug auf jene Arbeitstage, die nur aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie im Home-Office ausgeübt werden. Mittlerweile wurde diese Konsultationsvereinbarung bereits zum zweiten Mal ergänzt und enthält in der letztgültigen, am 16.1.2021 in Kraft getretenen und am 22.1.2021 veröffentlichten Fassung – neben Regelungen bzw Erleichterungsmaßnahmen für Vergütungen aus nichtselbständiger Arbeit – nunmehr auch Klarstellungen in Bezug auf Betriebsstättenfragen bei der Arbeitsausübung durch Mitarbeiter im Home-Office. 

Bisherige Maßnahmen und Klarstellungen

In unserem NL-Beitrag „CORONAVIRUS | Neue Konsultationsvereinbarung zum DBA-Deutschland“ vom 20.04.2020 haben wir bereits ausführlich über die initiale deutsch-österreichische Konsultationsvereinbarung vom 15.4.2020 berichtet, die zunächst – neben Klarstellungen in Bezug auf Grenzgänger während der COVID-19-Pandemie – auch Erleichterungsmaßnahmen bei der Arbeitnehmerbesteuerung aufgrund zwangsläufiger Arbeitsausübung im Home-Office vorsah. Durch eine weitere Konsultationsvereinbarung vom 27.10.2020 wurde der Anwendungsbereich der vorangegangenen Konsultationsvereinbarung hinsichtlich steuerlicher Erleichterungsmaßnahmen bei Arbeitsausübung im Home-Office auf im öffentlichen Dienst beschäftigte Arbeitnehmer erweitert (siehe dazu unseren NL-Beitrag „CORONAVIRUS | Ergänzte Konsultationsvereinbarung zum DBA-Deutschland“ vom 27.11.2020). Die weitergehende Frage, inwieweit die vermehrte, anlässlich durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie zwangsläufige Arbeitsausübung in Privatwohnungen von Arbeitnehmern (Home-Office) auch zur Begründung von abkommensrechtlichen Betriebsstätten des Arbeitgebers im anderen Staat führen kann, wurde in den beiden vorangegangenen Fassungen jedoch noch nicht behandelt. 

Am 16.1.2021 trat die nunmehr „zweite Erweiterung der Konsultationsvereinbarung zum DBA-Deutschland iZm der COVID-19-Pandemie“ in Kraft und wurde mit BMF-Erlass vom 22.01.2021 veröffentlicht. Diese neuerliche Erweiterung der Konsultationsvereinbarung enthält neben den bereits in den Vorfassungen behandelten Zweifelsfragen auf Arbeitnehmerebene erstmals auch Aussagen zur möglichen Betriebsstättenbegründung durch Arbeitsausübung im Home-Office von Arbeitnehmern:

Allgemeines zur Betriebsstättenbegründung durch Arbeitsausübung im Home Office

Steht einem Unternehmen in einem anderen Staat eine feste Geschäftseinrichtung zur Verfügung, durch welche die Geschäftstätigkeit des Unternehmens ausgeübt wird, so begründet dieses Unternehmen gemäß Art. 5 Abs. 1 OECD-Musterabkommen im anderen Staat eine „Betriebsstätte“ im steuerlichen Sinne. Für das betreffende Unternehmen hat dies zur Folge, dass es mit den dieser Betriebsstätte zurechenbaren Gewinnen der Steuerpflicht im anderen Staat unterliegt. Mit der Begründung bzw dem Unterhalten einer Betriebsstätte in einem anderen DBA-Staat sind insbesondere auch nicht zu unterschätzende administrative Pflichten wie etwa steuerliche Registrierungen, Ermittlung von anteiligen Betriebsstättenergebnissen, Einreichung von Steuererklärungen etc verbunden. 

Inwieweit auch der Heimarbeitsplatz bzw die Wohnung eines Arbeitnehmers in dessen Wohnsitzstaat eine Betriebsstätte für seinen ausländischen Arbeitgeber begründen kann, ist eine komplexe Frage des internationalen Steuerrechts, die in der Praxis für erhebliche Unsicherheiten sorgen kann. Die COVID-19-Pandemie hat das Thema der Betriebsstättenbegründung durch Arbeitsausübung im Home-Office aufgrund der in vielen Ländern verhängten Ausgangsbeschränkungen, Einreiseverbote etc noch weiter verschärft. Bereits Anfang April 2020 hatte sich auch das OECD-Sekretariat im Rahmen einer Guidance mit dieser Frage beschäftigt und eine Empfehlung an die OECD-Staaten ausgesprochen, wonach die Arbeitsausübung im Home-Office in der Regel NICHT zur Begründung einer Betriebsstätte des ausländischen Arbeitgebers führen sollte (siehe dazu unseren NL-Beitrag „CORONAVIRUS | OECD zu abkommensrechtlichen Steuerfragen iVm COVID-19 vom 4.4.2020). Diese Empfehlung wurde in einem kürzlich veröffentlichten Update der Guidance nochmals bekräftigt. Auch das österreichische Finanzministerium veröffentlichte mittlerweile die zweite Wartung der BMF-Info zur Anwendung und Auslegung von DBA iZm der COVID-19-Pandemie (beides nachzulesen in unserem aktuellen NL-Beitrag „CORONAVIRUS | Aktualisierte OECD- und BMF-Info zur DBA-Auslegung“​​​​​​​ vom 12.2.2021). 

Betriebsstättenbegründung duch Arbeitsausübung im Home-Office im Verhältnis zu Deutschland

Die im aktuellen BMF-Erlass vom 22.1.2021 veröffentlichte zweite Erweiterung der Konsultationsvereinbarung zum DBA-Deutschland enthält nunmehr auch eine für beide Vertragsstaaten bindende Auslegung des Betriebsstättenbegriffs nach Art. 5 Abs. 1 DBA Österreich-Deutschland. Demnach besteht Einvernehmen darüber, dass ein Arbeitnehmer, der nur aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie Tätigkeiten im Homeoffice ausübt, für seinen Arbeitgeber regelmäßig keine Betriebsstätte im Sinne von Artikel 5 Abs. 1 DBA Österreich-Deutschland begründet. 

Zunächst wird festgehalten, dass eine Betriebsstättenbegründung bereits unabhängig von den Maßnahmen aufgrund der COVID-19-Pandemie aufgrund der fehlenden Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 DBA Österreich-Deutschland (etwa mangels ausreichender Verfügungsmacht des Arbeitgebers über die Wohnung des Arbeitnehmers oder dem bloßen Ausüben von vorbereitenden Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten) verneint werden könne. Jedenfalls soll aber dann keine Betriebsstätte für den ausländischen Arbeitgeber begründet werden, wenn es sich um eine nur pandemiebedingt veranlasste Homeoffice-Tätigkeit handelt. Denn in diesem Fall fehle es an dem für die Annahme einer Betriebsstätte erforderlichen Maß an Dauerhaftigkeit der Aktivität oder der Verfügungsmacht des Unternehmens, da die Tätigkeit des Arbeitnehmers aufgrund höherer Gewalt im Homeoffice ausgeübt wird.

Anwendung und Inkrafttreten der neuen Konsultationsvereinbarung

Diese zweite Erweiterung der Konsultationsvereinbarung ist am 16.1.2021 in Kraft getreten und setzt die erste Erweiterung vom 27.10.2020 (BMF-Erlass vom 4.11.2020) außer Kraft, wobei die Inhalte der vorangegangenen Konsultationsvereinbarung übernommen und um die Auslegung zu Art. 5 Abs. 1 DBA Österreich-Deutschland (Betriebsstättenbegründung durch Home-Office-Tätigkeiten) erweitert wurden. 

Die letztgültige Konsultationsvereinbarung ist auf Arbeitstage im Zeitraum von 11.03.2020 bis 31.03.2021 anzuwenden und verlängert sich ab dem 31.03.2021 jeweils automatisch um einen Kalendermonat, sofern sie nicht von österreichischer oder deutscher Seite mindestens eine Woche vor Beginn des jeweils folgenden Kalendermonats gekündigt wird.

FAZIT

Mit der vorliegenden zweiten Erweiterung der Konsultationsvereinbarung zum DBA-Deutschland iZm mit der COVID-19-Pandemie wurde nun auch klargestellt, dass ausschließlich pandemiebedingte Homeoffice-Tätigkeiten keine Betriebsstätte für den ausländischen Arbeitgeber begründen. Insbesondere im Hinblick auf die womöglich noch längere Zeit andauernden Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie schafft diese Konsultationsvereinbarung (zumindest vorübergehend) ein gewisses Maß an Rechtssicherheit für betroffene Unternehmen. 

Für weitergehende Fragen zu diesem Themenkomplex stehen Ihnen die Verfasser mit ihrem Team gerne zur Verfügung!