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CORONAVIRUS | Aktualisierte OECD- und BMF-Info zur DBA-Auslegung

Die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen wirken sich massiv auf unseren Alltag und unser Arbeitsleben aus. Diese geänderten Umstände können bei grenzüberschreitenden Sachverhalten auch zu einer Änderung hinsichtlich der Besteuerungsrechte führen. Sowohl das OECD Secretariat als auch das österreichische BMF haben in der Vergangenheit bereits zur Auslegung und Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen im Zusammenhang mit COVID-19 Stellung bezogen. Erst kürzlich wurden diese Stellungnahmen überarbeitet.

Updated OECD Secretariat guidance

Bereits im April letzten Jahres hat sich das OECD Secretariat erstmals zu Fragen der DBA-Anwendung in Zeiten der COVID-19-Pandemie geäußert (Link zur Guidance vom 3.4.2020, worüber wir bereits in unserem NL-Beitrag "CORONAVIRUS | OECD zu abkommensrechtlichen Steuerfragen iVm COVID-19" vom 4.4.2020 berichtet hatten). Diese Guidance des OECD Secretariat wurde im Jänner 2021 nun erstmals überarbeitet (Link zur aktualisierten Guidance vom 21.1.2021). In diesem Zusammenhang ist jedoch Folgendes zu beachten: Bei Veröffentlichungen des OECD Secretariats ist der Entscheidungsprozess nicht auf Ebene der Arbeitsgruppen angesiedelt. Derartige Publikationen geben somit nicht zwingenderweise den Konsens aller OECD-Mitgliedstaaten wieder (nähere Informationen zur Organisation der OECD finden Sie hier). 

Wie schon die Guidance vom April 2020, befasst sich auch das nunmehrige Update mit Fragen zu Betriebsstätten, Home-Office-Betriebsstätten, Vertreterbetriebsstätten, Bau- und Montagebetriebsstätten, Fragen zur steuerlichen Ansässigkeit von natürlichen Personen und Gesellschaften sowie Fragen der Besteuerung von Einkünften aus unselbständiger Arbeit. Als wesentliche Änderung wurden dabei zu einzelnen Themenbereichen konkrete Aussagen einzelner Finanzverwaltungen eingearbeitet. So finden sich etwa auch die Aussagen des österreichischen BMF zu Dienstnehmereinkünften, Home-Office und Bau- oder Montagebetriebsstätten in den eingefügten grauen Boxen. Außerdem wurde am Ende jedes Abschnitts eine Conclusio der Aussagen des OECD Secretariat zum jeweiligen Themenbereich ergänzt. 

Darüber hinaus erfolgten im Wesentlichen Klarstellungen, wie Sachverhalte zu beurteilen sind, die sich nicht nur vorübergehend aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen, sondern dauerhaft verändern. So ist nach dem OECD Secretariat üblicherweise nicht vom Bestand einer Betriebsstätte auszugehen, wenn ein Dienstnehmer nur wegen der Pandemie vorübergehend in einem anderen Staat als dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitgebers im Home-Office tätig wird. Verbleibt der Dienstnehmer jedoch auch nach Aufhebung der gesundheitspolitischen Maßnahmen weiterhin im Home-Office, so wäre eine Prüfung anzustellen, ob das Kriterium der Nachhaltigkeit erfüllt ist und die weiteren Voraussetzungen für eine Betriebsstätte, wie insbesondere das Vorliegen von Verfügungsmacht durch den Arbeitgeber, erfüllt sind. 

Im Bereich der Dienstnehmerbesteuerung wurden Ausführungen zur Anwendung der 183-Tageregelung iSd Artikels 15 Abs 2 lit a OECD-Musterabkommen aufgenommen. Werden Dienstnehmer in einem anderen Staat als ihrem Ansässigkeitsstaat tätig, so kann ein Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaates etwa dann entstehen, wenn die Anwesenheit des Dienstnehmers in einem im jeweiligen DBA bestimmten Zeitraum (zB Kalenderjahr, 12-Monatszeitraum) 183 Tage überschreitet. Das OECD Secretariat führt dazu nun aus, dass zahlreiche Staaten Anwesenheitstage von Dienstnehmern dann NICHT für Zwecke der 183-Tagesfrist zählen würden, wenn 

  • die Pandemie diese Dienstnehmer daran hindert, den Tätigkeitsstaat zu verlassen, und
  • der Dienstnehmer diesen Tätigkeitsstaat ansonsten verlassen hätte und es unter dieser Voraussetzung nicht zu einem Besteuerungsrecht an den unselbständigen Einkünften auf Basis von Artikel 15 Abs 2 OECD-Musterabkommen in diesem Tätigkeitsstaat gekommen wäre. 

Das österreichische BMF hat bereits im Vorjahr eine solche Ausnahme von der Berechnung der Anwesenheitstage im Rahmen der ersten Wartung in die BMF-Info zur Anwendung und Auslegung von DBA iZm der COVID-19 Pandemie aufgenommen. Generell sollte allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass Staaten derartige pandemiebedingte Anwesenheitstage bei der Berechnung der 183-Tagesfrist unberücksichtigt lassen, außer es gibt eine konkrete Aussage der jeweiligen Finanzverwaltung dazu. 

2. Wartung der BMF-Info zur Anwendung und Auslegung von DBA iZm der COVID-19 Pandemie

Am 22. Mai 2020 hat das österreichische BMF erstmals eine BMF-Info zur Anwendung und Auslegung von Doppelbesteuerungsabkommen im Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie veröffentlicht (siehe dazu bereits unseren NL-Beitrag „CORONAVIRUS | BMF-Info zur DBA-Anwendung in Zeiten von COVID-19“ vom 9.6.2020). Am 20. Juli 2020 wurde sodann eine erste Wartung dazu veröffentlicht (siehe dazu unseren NL-Beitrag „CORONAVIRUS | Aktualisierte BMF-Info zu DBA-Fragen iZm COVID-19“ vom 31.7.2020). 

Am 29. Jänner 2021 wurde nunmehr eine zweite Wartung der BMF-Info veröffentlicht. Die jüngsten Änderungen in der BMF-Info beziehen sich ganz wesentlich auf die Einarbeitung der Zweiten Erweiterung der Konsultationsvereinbarung zum DBA-Deutschland iZm der COVID-19-Pandemie (siehe dazu unseren gesonderten NL-Beitrag „CORONAVIRUS | Update zur Konsultationsvereinbarung zum DBA-Deutschland“ vom 11.2.2021). 

Im Rahmen des COVID-19-Steuermaßnahmengesetz wurde die erst mit 1.1.2020 in § 47 EStG eingeführte Lohnsteuerabzugsverpflichtung bei Nichtbestehen einer inländischen Betriebsstätte und Beschäftigung unbeschränkt steuerpflichtiger Dienstnehmer durch ausländische Arbeitgeber rückwirkend wieder abgeschafft (siehe dazu unseren NL-Beitrag „LOHNSTEUER | Doch keine Abzugspflicht für ausländische Arbeitgeber!“ vom 20.12.2020). Diesbezüglich erfolgen in der BMF-Info Klarstellungen iZm Dienstnehmern von ausländischen Arbeitgebern, die in Österreich im Home-Office arbeiten. Insofern es nicht zu einer Lohnsteuerbetriebsstätte des ausländischen Arbeitgebers kommt, kann dieser einen freiwilligen Lohnsteuerabzug vornehmen. Werden jedoch in Österreich unbeschränkt steuerpflichtige Dienstnehmer beschäftigt, die überwiegend in Österreich arbeiten, so ist eine Lohnbescheinigung zu übermitteln, insoweit kein Lohnsteuerabzug erfolgt. 

Außerdem wurde noch ein eigener Punkt zu Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf Verrechnungspreisfragen ergänzt. Das BMF stellt ausdrücklich klar, dass die “OECD Guidance on the transfer pricing implications of the COVID-19 pandemic” vom 18.12.2020 auch in Österreich als Auslegungshilfe für die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes gilt und für alle konzerninternen Geschäftsvorfälle, die von der COVID-19-Pandemie betroffen sind, zur Anwendung kommt. Die Anwendung der Leitlinien ist durch den Abgabepflichtigen zu dokumentieren. Über diese OECD-Leitlinien haben wir bereits in unserem NL-Beitrag „CORONAVIRUS | OECD-Leitfaden zum Transfer Pricing in der COVID-19-Krise“ vom 11.1.2021 berichtet.

FAZIT

Sowohl die Überarbeitung der OECD Guidelines als auch der BMF-Info zur DBA-Anwendung und -Auslegung iZm der COVID-19 Pandemie bringen keine wesentlichen Änderungen. Dies war auch nicht zu erwarten, denn sowohl die OECD als auch das österreichische BMF hatten sich schon bisher sehr eng am OECD-Musterkommentar und den OECD-Verrechnungspreisleitlinien orientiert. Im Detail präzisiert insbesondere die OECD zwar ihre Wortwahl, deutlich mehr Klarheit bringen die aktualisierten Guidelines dem Abkommensanwender allerdings auch nicht. Die OECD weist sogar darauf hin, dass einzelne Begriffe durch die DBA-Staaten unterschiedlich ausgelegt werden könnten, wie zB der für Bau- und Montageausführungen relevante Begriff der „temporären“ Unterbrechung, sodass Doppelbesteuerung die Folge sein kann.

Als Kompetenzzentrum für internationales Steuerrecht beobachten wir die weiteren Entwicklungen sorgfältig und werden Sie auch weiterhin auf dem Laufenden halten. Schon bisher haben wir uns in zahlreichen Publikationen mit den Implikationen der COVID-19-Pandemie für grenzüberschreitende Sachverhalte auseinandergesetzt:

Sollten Sie Fragen zu Ihren grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeiten haben, so zögern Sie bitte nicht, die Verfasser sowie gerne auch die übrigen ExpertInnen unserer Service Lines „Global Employment Services" und "International Tax" zu kontaktieren.