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BILANZIERUNG | Emissionszertifikate im Jahresabschluss nach UGB

Der Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten ist in Österreich derzeit im Emissionszertifikategesetz (EZG 2011) geregelt, welches ein funktionierendes Handelssystem für Emissionszertifikate zur Verringerung von Treibhausgasemissionen auf kostenmäßig und wirtschaftlich effiziente Art und Weise gewährleisten soll. Vom EZG 2011 waren bzw sind jedoch bislang nur bestimmte treibhausgasintensive Tätigkeiten bzw Anlagen erfasst (zB Luftverkehr, Raffinerien, Produktion von Stahl, Zement, Glas, Papier ua). Im Rahmen der „Ökosozialen Steuerreform“ wurde nunmehr das Nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz (NEHG 2022) erlassen, mit dem – in Umsetzung der EU-Vorgaben zur Zielerreichung einer Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 - der Handel mit Emissionszertifikaten auf weitere Bereiche ausgedehnt werden soll (zB Gebäude, Straßenverkehr, Landwirtschaft ua). Betroffene Unternehmen, die CO2-Emissionszertifikate benötigen, müssen diese Sachverhalte auch in den Jahresabschlüssen korrekt abbilden. Hiefür gibt es keine expliziten unternehmensrechtlichen Regelungen, sodass die allgemeinen Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung zu beachten sind. Dabei kann für die bereits bestehenden Emissionszertifikate (nach dem EZG 2011) auf eine AFRAC-Stellungnahme zurückgegriffen werden, die wohl auch für den künftigen Zertifikatehandel (nach dem NEHG 2022) zu beachten sein wird. Im nachfolgenden Beitrag stellen wir daher die bilanzielle Behandlung von CO2-Emissionszertifikaten im Jahresabschluss nach UGB dar. 
 

​​​​​​​Wirtschaftliche Rahmenbedingungen und Rechtsgrundlagen


Rechtsgrundlage für die Umsetzung des sog. „Kyoto-Protokolls“ in Europa ist die (bereits mehrfach geänderte) EU-Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Europäischen Gemeinschaft. Die Umsetzung in Österreich erfolgte durch ein eigenes „Emissionszertifikategesetz“ (schon mehrfach novelliertes EZG 2011, BGBl I Nr. 118/2011 idgF). Ziel dieses Bundesgesetzes ist die Schaffung eines Systems für den Handel mit CO2-Emissionszertifikaten, um auf kosteneffiziente und wirtschaftlich effiziente Weise auf eine Verringerung von Treibhausgasemissionen hinzuwirken. Den betroffenen Luftfahrzeugbetreibern und bestimmten Produktionsanlagen (Raffinerien, Produktion von Stahl, Zement, Glas, Papier ua) werden bzw wurden unentgeltlich (oder teilweise durch Versteigerung) Emissionszertifikate zugeteilt (die jeweils zur Emission einer Tonne C02 berechtigen). Diese Zertifikate können allerdings jederzeit auch verkauft und gekauft werden. Die betroffenen Unternehmen haben jeweils bis 31. März des Folgejahres ihre Emissionsmeldung an die zuständige Behörde zu übermitteln und am 30. April dieses Jahres die daraus resultierenden Emissionszertifikate bei der Registerstelle abzugeben. Im Falle einer etwaigen Unterdeckung muss das betreffende Unternehmen die benötigten Zertifikate erwerben. Werden zu wenig Emissionszertifikate abgegeben, ist eine entsprechende Sanktionszahlung zu entrichten (100 EUR (indexiert) pro Tonne CO2), wodurch jedoch keine Entbindung von der Verpflichtung zur Abgabe der fehlenden Emissionszertifikate erfolgt.

Weiters wurde in Österreich kürzlich – im Rahmen der „Ökosozialen Steuerreform“ – ein „Nationales Emissionszertifikatehandelsgesetz 2022“ erlassen (zwischenzeitig bereits novelliertes NEHG 2022, BGBl I Nr. 10/2022 idgF), womit – nach derzeitiger Rechtslage beginnend ab 1.10.2022 – eine stufenweise CO2-Bepreisung auf breiter Basis platzgreifen soll und demgemäß auch der Kreis der vom Emissionszertifikatehandel betroffenen Unternehmen künftig erheblich erweitert wird (Erfassung der Sektoren Verkehr, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft sowie auch kleinere Industrieanlagen). Nach einer geplanten Einführungs- und Übergangsphase (1.10.2022 bis 31.12.2025), währenddessen zunächst noch keine förmlichen Zertifikate ausgegeben werden sondern ein vereinfachtes Verfahren mit einem Fixpreismodell gilt (Ausgabewerte ansteigend von 30 bis 55 EUR je Tonne CO2), soll der nationale Emissionshandel für diese CO2-Zertifikate ab dem Jahr 2026 in eine Marktphase übergehen, wobei das das österreichische CO2-Bepreisungssystem letztlich in das ebenfalls erweiterte EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS bzw EU ETS) übergeführt werden dürfte. Über das neue NEHG 2022 haben wir Sie im Rahmen unseres Newsletters bereits mehrmals informiert (vgl zuletzt unseren NL-Beitrag „GREEN TAXATION | CO2-Besteuerung in der EU und in Österreich“ vom 24.7.2022, worin wir auch auf das EU Emission Trading System (EU ETS) hingewiesen haben).

Die aus den obigen Rechtsvorschriften resultierenden Auswirkungen auf die Rechnungslegung sollen nachfolgend erläutert werden:
 

Behandlung von Emissionszertifikaten im Jahresabschluss


​​​​​​​Nachdem künftig also wesentlich mehr österreichische Unternehmen als bisher mit dem Erwerb und der Abgabe von CO2-Emissionszertifikaten befasst sein werden, dürfte auch die Frage, wie diese Zertifikate in den unternehmensrechtlichen Jahresabschlüssen zu behandeln sind, auf ein gesteigertes Interesse stoßen, dem wir mit den nachfolgenden Ausführungen Rechnung tragen möchten.

Nachdem im Unternehmensrecht (UGB) hiefür keine gesonderten Bestimmungen existieren, ist zunächst auf die allgemeinen Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung (GoB) abzustellen. Dabei ist insbesondere auch die AFRAC-Stellungnahme 1 zum Thema „Bilanzierung von CO2-Emissionszertifikaten gemäß UGB“ zu beachten (in der überarbeiteten Fassung vom Dezember 2015, welche auf dem EZG 2011 sowie dem RÄG 2014 basiert). Daraus seien die folgenden Kerninhalte skizziert:
 

Erwerb von Emissionszertifikaten

Beim erstmaligen Ansatz von Emissionszertifikaten, die laut AFRAC dem (immateriellen) Umlaufvermögen zuzuordnen sind und daher das strenge Niederstwertprinzip beachtet werden muss, ist zwischen unentgeltlichem und entgeltlichem Erwerb zu unterscheiden:

Bei unentgeltlichem Erwerb (durch Zuteilung) ist für die Aktivierung der Marktwert zum Verfügungszeitpunkt heranzuziehen. Zugleich ist ein passiver Sonderposten (nach dem Eigenkapital) in gleicher Höhe einzustellen. Im Falle einer erwarteten Unterdeckung an unentgeltlich zugeteilten Zertifikaten kann alternativ auf deren Aktivierung samt Passivierung eines Sonderpostens verzichtet werden, wenn stattdessen gleichwertige Anhangangaben erfolgen (siehe dazu noch später).

Bei entgeltlichem Erwerb (Zukauf) sind die Emissionszertifikate mit ihren Anschaffungskosten iS § 203 Abs 2 UGB zu aktivieren (Kaufpreis zzgl ANK wie etwa Transaktionskosten).

Der aktivseitige Bilanzausweis hat im Umlaufvermögen als „sonstige Forderungen und Vermögensgegenstände“ zu erfolgen. Die Aktivierung erfolgt mit Erlangung der Verfügungsmacht (Eintragung bei der Registerstelle).
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Folgebewertung von Emissionszertifikaten

Konsequenzen der bereits erwähnten Zuordnung zum Umlaufvermögen und des daraus resultierenden strengen Niederstwertprinzips:

Liegt der Marktwert am Abschlussstichtag unter dem Buchwert, muss eine Abschreibung auf den Marktwert zwingend vorgenommen werden. Wertsteigerungen nach dem Bilanzstichtag sind unbeachtlich, zumal das Stichtagsprinzip anzuwenden ist.

Bei unentgeltlich erworbenen Emissionszertifikaten ist zudem der passive Sonderposten in Höhe des tatsächlichen CO2-Ausstoßes aufzulösen und in der G&V unter den sonstigen betrieblichen Erträgen auszuweisen bzw ggfs um den Betrag der Abschreibung zu kürzen.

Unabhängig von den bereits vorhandenen Zertifikaten ist am Abschlussstichtag ein Schuldposten auf der Passivseite der Bilanz (sonstige Verbindlichkeit oder Rückstellung) betreffend die Verpflichtung zur Abgabe von Zertifikaten  nach Beendigung des Geschäftsjahres einzustellen. Die Höhe dieses Passivpostens ist wie folgt zu ermitteln: Sind die abzugebenden Zertifikate bereits vorhanden, bemisst sich der Passivposten nach deren Wert. Wurde im abgelaufenen Geschäftsjahr hingegen mehr CO2 emittiert als Zertifikate vorhanden sind, muss für diesen Mehrverbrauch ein Passivposten in Höhe des Marktwerts eingestellt werden.

Der Verbrauch der Emissionszertifikate kann grundsätzlich mit jedem nach UGB zulässigen Verbrauchsfolgeverfahren ermittelt werden (zB Identitätspreis- oder Durchschnittspreisverfahren; FIFO, LIFO, HIFO, LOFO). Der Verbrauch ist in der G&V im Materialaufwand auszuweisen, unabhängig davon, ob die Zertifikate im eigenen Unternehmen verbraucht werden oder am Markt weiterveräußert werden (Buchwertabgang).

Ein Verkaufserlös für Zertifikate ist unter den Umsatzerlösen zu erfassen.
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Erleichterungsbestimmung

Erwartet ein Unternehmen eine Unterdeckung seines CO2-Ausstoßes durch unentgeltliche Zertifikate, kann – im Sinne einer alternativ zulässigen Methode - auf deren Aktivierung und gleichzeitige Passivierung eines korrespondierenden Sonderpostens verzichtet werden. Dies unter der Voraussetzung, dass im Anhang alle Angaben gemacht werden, die einen der grundsätzlich bevorzugten Methode (Aktivierung/Passivierung) gleichwertigen Informationsgehalt des Jahresabschlusses gewährleisten (insb. Beschreibung der unterlassenen Aktivierung, Menge der gratis zugeteilten Zertifikate sowie deren Marktwert).

 

Sanktionszahlungen

Werden die Emissionszertifikate nicht bis 30. April des Folgejahres in dem dem verursachten CO2-Ausstoß entsprechenden Ausmaß bei der Registerstelle abgegeben, kommt es zu einer Sanktionszahlung. Diese entbindet das betreffende Unternehmen jedoch nicht von seiner bestehenden Verpflichtung zur Abgabe der fehlenden Emissionszertifikate. Die Verpflichtung zur Sanktionszahlung entsteht im Rückgabezeitpunkt, wobei der daraus resultierende Aufwand im sonstigen betrieblichen Aufwand (G&V) bzw unter den sonstigen Verbindlichkeiten (Bilanz) auszuweisen ist. ​​​​​​​
 

FAZIT


Österreich hat im Zuge der „Ökosozialen Steuerreform“ ein Nationales Emissionszertifikatehandelsgesetz (NEHG 2022) eingeführt, welches voraussichtlich ab 1.10.2022 bis einschließlich 2025 zunächst eine fixe CO2-Bepreisung pro Tonne vorsieht (beginnend mit 30 EUR und ansteigend bis 55 EUR) und erst ab 2026 in ein marktkonformes Handelssystem auf Basis von Angebot und Nachfrage übergehen soll (bzw das nationale System dann im EU-weiten Emissionshandelssystem aufgehen könnte).

Durch das NEHG 2022 wird der Kreis jener Unternehmen, welche für den verursachten CO2-Ausstoß Emissionszertifikate erwerben und abgeben müssen, erheblich erweitert (zusätzliche Sektoren Gebäude und Verkehr) und müssen sich demgemäß künftig auch wesentlich mehr Unternehmen als bisher mit der korrekten Behandlung solcher Zertifikate im Jahresabschluss auseinandersetzen. Die im obigen Beitrag skizzierte AFRAC-StellungnahmeBilanzierung von CO2-Emissionszertifikaten gemäß UGB“ ist zu den bereits bestehenden Emissionszertifikaten im Sinne des EZG 2011 ergangen, wird jedoch auch für die neuen Zertifikate nach dem NEHG 2022 sinngemäß anzuwenden sein.

Hier geht’s zum Volltext dieser AFRAC-Stellungnahme.

Für weitere Fragen zu dieser Thematik stehen Ihnen die VerfasserInnnen sowie auch die übrigen MitarbeiterInnen des Bilanzierungs- und WP-Teams unserer Service Line „Audit“​​​​​​​ gerne zur Verfügung!