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CORONAVIRUS | Aktuelles zur neuen "Sonderbetreuungszeit"

Im Rahmen der COVID-19-Gesetze wurde ua auch die Möglichkeit einer bis zu dreiwöchigen „Sonderbetreuungszeit“ für betreuungspflichtige Kinder und Behinderte geschaffen, wofür der Arbeitgeber den sohin begünstigten Arbeitnehmern das Entgelt fortzuzahlen hat und davon maximal ein Drittel vom Staat vergütet bekommen kann. Die bestehenden Regelungen wurden in den letzten Tagen sowohl hinsichtlich der gesetzlichen Grundlagen als auch der Umsetzungsdetails noch mehrmals geändert bzw konkretisiert. Über diese Aktualisierungen informieren wir Sie im nachfolgenden Beitrag. 

Arbeitgeber KÖNNEN ihren Arbeitnehmern eine „Sonderbetreuungszeitvon bis zu drei Wochen gewähren, wenn diese - mangels geöffneter Betreuungseinrichtungen bzw verfügbarer Pflegekräfte -  Betreuungspflichten für Kinder (unter 14 Jahren) oder Menschen mit Behinderungen (ohne Altersgrenze) wahrzunehmen haben. 

Über die Normierung der Gesetzesgrundlage (§ 18b AVRAG) mit dem (ersten) COVID-19-Gesetz sowie die zwischenzeitigen Änderungen durch das 2. und 3. COVID-19-Gesetz haben wir im Rahmen unserer Sondernewsletterserie bereits mehrfach informiert (vgl zuletzt unseren NL-Beitrag „CORONAVIRUS | Viel Neues im 3. und 4. COVID-19-Gesetz“ vom 2.4.2020). 

Die mit der Abwicklung der anteiligen Vergütungsansprüche betraute Buchhaltungsagentur des Bundes hat zwischenzeitig eine Richtlinie sowie auch einen FAQ-Katalog (samt Berechnungsbeispielen) veröffentlicht, worin sich teilweise auch unliebsame Überraschungen für Arbeitgeber finden. Die wichtigsten Punkte daraus haben wir nachfolgend für Sie zusammengefasst: 

Zeitliche Inanspruchnahme der Sonderbetreuungszeit

Bis dato wurde allseits davon ausgegangen, dass die gesetzliche Regelung in § 18b Abs 1 AVRAG, wonach eine „Sonderbetreuungszeit im Ausmaß von bis zu drei Wochen“ (ab dem Zeitpunkt der behördlichen Schließung der Betreuungseinrichtung bzw ab Ausfall der Behindertenbetreuungskraft) gewährt werden kann, auch in mehreren Zeitblöcken bzw ggfs auch tageweise (wohl aber nicht stundenweise) konsumiert werden kann. Im FAQ-Katalog der Buchhaltungsagentur heißt es dazu jedoch wie folgt: „Die Sonderbetreuungszeit muss ‘am Stück‘ vereinbart und konsumiert werden. Eine Splittung oder eine stundenweise Konsumation ist nicht möglich.“ Demgemäß wäre also auch keine tageweise oder sonstige Aufteilung der Sonderbetreuungszeit iS § 18b AVRAG möglich. Diese Auslegung dürfte all jene Arbeitgeber vor zusätzliche Probleme stellen, die ihren betroffenen Arbeitnehmern nicht nur freundlicherweise eine Sonderbetreuungszeit gewährt haben, sondern ihnen dabei auch in zeitlicher Hinsicht entgegenkommen sind.

Im FAQ-Katalog wird weiters auch ausgeführt, dass eine gleichzeitige Inanspruchnahme der Sonderbetreuungszeit durch beide Elternteile nicht möglich sei (zumal idR die Kinderbetreuung durch einen Elternteil ausreiche). Hingegen sei es aber zulässig, dass zuerst der eine und sodann der andere Elternteil – somit also hintereinander - eine Sonderbetreuungszeit bei seinem Arbeitgeber in Anspruch nimmt. 

Sofern mit dem Arbeitgeber eine Sonderbetreuungszeit gemäß § 18b Absatz 1 AVRAG vereinbart wurde, ist diese unabhängig davon förderungswürdig, ob im fraglichen Zeitraum gerade Ferien wären oder nicht (zB Ostern).

Die Sonderbetreuungszeit ist auf Ansprüche wie Urlaub, Zeitausgleich oder Gleitzeitguthaben NICHT anzurechnen, dh diese Ansprüche bleiben unverändert aufrecht. Die Sonderbetreuungszeit ist wie eine „normaleBeschäftigungszeit zu werten und zählt daher für dienstzeitabhängige Ansprüche der ArbeitnehmerInnen. Sonderbetreuungszeit kann NICHT gleichzeitig mit Kurzarbeit beansprucht werden.

Für welche ArbeitnehmerInnen ist die Sonderbetreuungszeit möglich?

Die Sonderbetreuungszeit kommt für all jene ArbeitnehmerInnen in Frage, deren Arbeitsleistung nicht für die Aufrechterhaltung des Betriebes erforderlich ist (vgl Gesetzeswortlaut in § 18b Abs 1 AVRAG idgF) und die keine Betreuungsmöglichkeit für ihre betreuungspflichtigen Kinder unter 14 Jahren bzw pflegebedürftigen Personen (siehe dazu gleich) haben. Gemäß § 18b Abs 1 AVRAG idgF ist eine Förderung auch dann möglich, wenn die Betreuungseinrichtungen nur teilweise geschlossen sind. 

Die Sonderbetreuungszeit iS § 18b AVRAG gilt insbesondere nicht für öffentlich Bedienstete.

Erweiterung der betreuungspflichtigen Personen

Die Sonderbetreuungszeit kann nunmehr auch für pflegebedürfte Menschen mit Behinderung in Anspruch genommen werden, wenn

  • eine Betreuungspflicht für behinderte Menschen besteht,
  • diese Menschen in einer Einrichtung der Behindertenhilfe oder einer Lehranstalt für Menschen mit Behinderungen betreut oder unterrichtet werden
  • und diese Einrichtung bzw Lehranstalt auf Grund behördlicher Maßnahmen vollständig oder auch nur teilweise geschlossen ist.

Mit dem 3. COVID-19-Gesetz erfolgte eine neuerliche Novellierung des § 18b AVRAG dahingehend, dass Sonderbetreuungszeit auch dann vereinbart werden kann, wenn aufgrund der Corona-Krise für zuhause betreute Behinderte eine 24-Stunden-Betreuungskraft ausfällt (zB wegen Grenzschließung für ausländische BehindertenbetreuerInnen) und daher für einen Angehörigen temporär die Pflege selbst übernommen werden muss. 

Beantragung der staatlichen Förderung

Die anteilige Vergütung des während der Sonderbetreuungszeit gemäß § 18b AVRAG fortgezahlten Entgelts ist binnen sechs Wochen ab Aufhebung der behördlichen Maßnahmen (dh Wiederöffnung der jeweiligen Betreuungseinrichtung bzw Verfügbarkeit der 24-Stunden-Betreuung) bei der Buchhaltungsagentur des Bundes geltend zu machen (Antragstellung).

HINWEIS

Eine Sonderbetreuungszeit gemäß § 18b AVRAG ist - nach den obigen Ausführungen - also nur in einem zusammenhängenden Zeitblock von höchstens drei Wochen ab dem Zeitpunkt des Hinderungsgrundes für die übliche Kinder- bzw Behindertenbetreuung (Schließung bzw Einschränkung der Betreuungseinrichtung, Verhinderung der Pflegepersonen zuhause) möglich, jedoch bis längstens 31.5.2020 (zumal § 18b AVRAG nur bis dahin in Kraft sein soll). Hinsichtlich des arbeitgeberseitigen Vergütungsanspruchs und dessen Abwicklung über die Buchhaltungsagentur ist jedoch bis spätestens 30.6.2021 Zeit (§ 19 Abs 1 Z 45 AVRAG idF 3. COVID-19-Gesetz). 

Seit einigen Tagen gibt es nunmehr auch das entsprechende Antragsformular. Die Beantragung der Förderung der Sonderbetreuungszeit erfolgt über das Unternehmensserviceportal (USP), und zwar mit folgendem Formular. Im USP steht ein elektronisches Formular zur Verfügung, welches alle Unternehmen in Österreich nutzen können, die im USP registriert sind (über dieses zentrale Internetportal für Unternehmer, welches aus gegebenem Anlass kürzlich noch um die Rubrik „Aktuelles zum Coronavirus“ erweitert wurde, haben wir Sie bereits mit unserem NL-Beitrag „COMPLIANCE | Nutzen Sie das neue Internetportal!“ vom 17.4.2017 informiert). Hatte ein Unternehmen bis dato noch keinen Zugang zum USP, so kann eine Registrierung hier erfolgen. 

Das Formular ist ausgerichtet für die Beantragung der Förderung von bis zu 15 Arbeitnehmern. Dürfen in einem Betrieb mehr als 15 Arbeitnehmer die Sonderbetreuungszeit in Anspruch nehmen, so ersucht die Buchhaltungsagentur um Kontaktaufnahme per Mail: sonderbetreuungszeit@­bhag.gv.at

Für die Antragstellung erforderliche Unterlagen:

  • Lohn-/Gehaltszettel des betroffenen Zeitraums sowie der beiden vorangegangenen Monate (zB: Wird die Sonderbetreuungszeit im April d. J. beansprucht, sind die Lohn-/Gehaltszettel der Monate Februar bis April 2020 vorzulegen);
     
  • Nachweis über die Konsumation der Sonderbetreuungszeit: Der Förderungswerber hat (zB durch entsprechende Zeitaufzeichnungen) nachzuweisen, dass während der Sonderbetreuungszeit tatsächlich keine Arbeitsleistung erbracht wurde.

Höhe der Förderung 

Der Arbeitgeber hat Anspruch auf Vergütung von einem Drittel des in der Sonderbetreuungszeit an die sohin begünstigten Arbeitnehmer gezahlten Entgelts (regelmäßiges Entgelt iS EFZG). Der Vergütungsanspruch ist jedoch mit der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage gedeckelt, sodass die Förderfähigkeit bei einem Monatsbezug von 5.370 EUR endet. Da die maximale Dauer der Sonderbetreuungszeit drei Wochen (bzw  21 Tage) ist, beträgt der maximale Vergütungsanspruch pro Arbeitnehmer 1.253 EUR (5.370 EUR : 30 x 21 x 1/3). Die Differenz zum fortzuzahlenden Entgelt (zzgl Lohnnebenkosten) ist daher vom Arbeitgeber alleine zu tragen.

Berechnungsbeispiele

Die Buchhaltungsagentur des Bundes hat im Anschluss an den FAQ-Katalog zu den anteiligen Vergütungsansprüchen für Sonderbetreuungszeiten auch einige Berechnungsbeispiele angeführt: 

Arbeitgeberin A hat mit ihrer Mitarbeiterin B eine Sonderbetreuungszeit von drei Wochen vereinbart, und zwar für die Zeit von 1. bis 21. April 2020. Das monatliche Bruttoentgelt der Mitarbeiterin B beträgt EUR 1.850,00.

HINWEIS

Im Formular muss lediglich das Brutto-Monatsentgelt (hier: EUR 1.850,00) sowie der Sonderbetreuungszeitraum (hier: 21 Tage) eingetragen werden. Die weitere Berechnung erfolgt automatisch. Die Abgeltung der anteiligen Sonderzahlungen berücksichtigt das System automatisch mit einem Sechstel des Betrages.

Das förderbare Entgelt berechnet sich wie folgt: 

Berechnungsformel (allgemein):

Brutto-Monatsentgelt ÷ 30 Kalendertage x Anzahl der Sonderbetreuungstage
= Förderbares Entgelt exkl. Sonderzahlungsanteil

Förderbares Entgelt exkl. Sonderzahlungsanteil ÷ 6
= Anteil Sonderzahlung

Förderbares Entgelt exkl. Sonderzahlungsanteil + Anteil Sonderzahlung
= Förderbares Entgelt

Förderbares Entgelt ÷ 3
= Rückerstattungsbetrag 

Berechnungsbeispiel Mitarbeiterin B (Lösung zur obigen Angabe):

EUR 1.850,00 ÷ 30 Kalendertage x 21 Tage Sonderbetreuungszeit = EUR 1.295,00

EUR 1.295,00 ÷ 6 = EUR 215,83

EUR 1.295,00 + EUR 215,83 = EUR 1.510,83

EUR 1.510,83 ÷ 3 = 503,61

Ergebnis: Arbeitgeberin A bekommt somit für die Sonderbetreuungszeit ihrer Mitarbeiterin B einen Anteil von EUR 503,61 rückerstattet.

Weitere Beispiele finden Sie am Ende des FAQ-Kataloges

FAZIT

Die Maßnahmen rund um die Corona-Krise stellen uns alle vor große Herausforderungen. Vor allem die laufenden Änderungen und sukzessive veröffentlichten Detailinformationen führen immer wieder zu Unsicherheiten für die betroffenen Unternehmen. Die relativ späte „Klarstellung“ hinsichtlich der nun doch nicht möglichen tage- bzw blockweisen Inanspruchnahme der Sonderbetreuungszeit könnte einigen Unternehmen Schwierigkeiten bereiten, zumal die gesetzliche Regelung bereits Mitte März d. J. beschlossen worden war und bei den bisherigen Mitarbeitervereinbarungen mitunter von zeitlich flexibleren Inanspruchnahmemöglichkeiten ausgegangen wurde. Für Fragen in diesem Zusammenhang stehen Ihnen unsere LV-ExpertInnen natürlich gerne zur Verfügung. 

Wir möchten Sie auch noch auf unsere aktuellen WEBINARE hinweisen, die sich insbesondere auch mit Themen derCORONA-Krise“ beschäftigen. Einen Überblick gibt Ihnen unser Veranstaltungskalender.

ICON hat eine eigene CoV-Taskforce mit ExpertInnen aus den verschiedenen Service Lines zusammengestellt, die für dringende Fragen und Anliegen jederzeit gerne - telefonisch oder per E-Mail – bereitstehen und auch während der Krise unter den üblichen Kontaktdaten erreichbar sind. 

Alle bisherigen Newsletter-Beiträge zum Themenschwerpunkt „CORONAVIRUS“ finden Sie HIER​​​​​​​.