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DOPPELBESTEUERUNG | Keine Entlastung bei missglückter Auslandsgestaltung

Die niedrigen Körperschaftsteuersätze so mancher Länder klingen vielversprechend - so auch die Zwischenschaltung von Auslandsgesellschaften für in Österreich erbrachte Leistungen. Halten jedoch derlei internationale Steuergestaltungen einer Überprüfung durch die österreichische Finanzverwaltung nicht stand, so ist der Steuerpflichtige plötzlich sogar mit einer doppelten Besteuerung konfrontiert. Der ausländische Staat ist nämlich regelmäßig nicht gewillt, bereits gezahlte Steuern wieder zurückzuzahlen bzw sind diesfalls auch verfahrensrechtliche Grenzen zu beachten. So kann aus einer vermeintlichen Steueroptimierung rasch eine faktische Doppelbesteuerung werden, welche im Nachhinein kaum wieder beseitigt werden kann und obendrein mit finanzstrafrechtlichen Konsequenzen bedroht ist. Diese Problematik soll anhand einer weiteren aktuellen BFG-Entscheidung vor Augen geführt werden.

Internationale Steuergestaltungen mit ausländischen Gesellschaften in Niedrigsteuerländern beschäftigen zusehends die Gerichte. So hatten wir erst kürzlich über ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) berichtet, mit welcher eine derartige Gestaltung abgelehnt wurde (vgl dazu bereits unseren NL-Beitrag „KÖRPERSCHAFTSTEUER | VwGH lehnt Malta-Lizenzgestaltung ab!“ vom 26.3.2021). Weiters wurden in einer Entscheidung des Bundesfinanzgerichts (BFG vom 14.12.2020, RV/6100101/2013) einer Zwischenschaltung von substanz- und funktionslosen Auslandsgesellschaften für Dienstleistungserbringungen in Österreich klare Schranken setzt (siehe dazu unseren gesonderten NL-Beitrag EINKÜNFTEZURECHNUNG | Dienstleistungen über Auslandsgesellschaften?“ vom 19.5.2021). 

Erfolgt in derartigen Fällen die Einkünftezurechnung nicht bei der eingeschalteten Auslandsgesellschaft sondern beim österreichischen Gesellschafter, ist letzterer sogar mit einer Doppelbesteuerung auf die betreffenden Einkünfte konfrontiert. Wie die nachfolgend dargestellte BFG-Entscheidung zeigt, ist das Finanzministerium (BMF) beim Einsatz internationaler Steuergestaltungen seitens des Steuerpflichtigen NICHT verpflichtet, eine daraus resultierende Doppelbesteuerung auf Basis einer auf § 48 BAO gestützten Entlastungsmaßnahme zu beseitigen:

Ausgangssachverhalt 

Dem nachfolgenden BFG-Erkenntnis zugrunde liegender Ausgangssachverhalt war eine Gesellschaft in Malta, die vom österreichischen Beschwerdeführer für den Erwerb einer Liegenschaft gegründet wurde (zum Schutz vor Vermögensverlust durch Scheidung). Zusätzlich ordnete der Beschwerdeführer einen Teil der Einkünfte aus seinem Einzelunternehmen der Malta Ltd zu, wobei er dem diesbezüglichen Rat eines lizenzierten Finanzberaters folgte. 

Mangels organisatorischer und personeller Ausstattung wurden die fraglichen Einkünfte im Zuge einer Betriebsprüfung jedoch dem Beschwerdeführer zugerechnet. Dagegen brachte dieser jedoch keine Beschwerde ein, zumal gegen die getroffenen BP-Feststellungen keine validen Argumente vorlagen. Ein zur Vermeidung der eingetretenen Doppelbesteuerung eingeleitetes Verständigungsverfahren mit Malta scheiterte, da die maltesische Gesellschaft vom Steuerpflichtigen zwischenzeitig liquidiert worden und Malta somit nicht in der Lage war, Steuern zurückzuzahlen. Der Beschwerdeführer begehrte daher eine Entlastung von der Doppelbesteuerung durch einen auf § 48 BAO gestützten Bescheid. Ein diesbezüglicher Eventualantrag war bereits im Rahmen des Verständigungsverfahrens gestellt worden. Ein gegen den Beschwerdeführer zudem eingeleitetes Finanzstrafverfahren wurde mangels Nachweis eines Vorsatzes wieder eingestellt.

BFG: Keine Entlastung von Doppelbesteuerung bei Steuergestaltung 

Mit dem Begehren auf bescheidmäßige Entlastung gemäß § 48 BAO hatte sich in weiterer Folge das Bundesfinanzgericht auseinanderzusetzen (BFG 20.01.2021, RV/7105428/2019): 

Hinsichtlich des vom Beschwerdeführer gestellten Antrages auf Erlassung eines Bescheides zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nach § 48 BAO berief sich das BMF auf den diesbezüglichen Ermessensspielraum und lehnte den Antrag ab. Das Ermessen stütze sich nach § 20 BAO einerseits auf die „Billigkeit“ im Sinne von „berechtigten Interessen der Parteien“, welche es andererseits in Relation zur „Zweckmäßigkeit“ im Sinne des „öffentlichen Anliegens an der Erbringung der Abgaben“ abzuwägen gilt. 

Dazu das BFG: Maßnahmen gemäß § 48 BAO müssen […] zur Ausgleichung der in- und ausländischen Besteuerung „erforderlich" und nicht nur etwa lediglich dienlich“ sein. Vom Vorliegen der "Erforderlichkeit" einer Maßnahme könne im gegenständlichen Fall aber NICHT die Rede sein: Wie auch im angefochtenen Bescheid ausgeführt wird, habe nämlich zum einen der Beschwerdeführer selbst durch sein Verhalten die Erhebung von Steuern in Malta verursacht. Zum anderen habe der Beschwerdeführer durch Unterlassung (Abstandnahme von der Erhebung eines Rechtsmittels in Österreich) und sein aktives Tun (Liquidierung der maltesischen Gesellschaft) eine Steuerrückerstattung verunmöglicht

Zur Thematik der „Billigkeit“ beanstandete das BMF im Bescheid, dass der Antragsteller die Unbilligkeit im Antrag nicht explizit behauptet hatte. Dieser meinte wiederum, dass sich dieser Umstand aber indirekt aus dem dargelegten Sachverhalt ergeben würde. Mit Verweis auf die Judikatur des VwGH führt das BFG dazu aus, dass der Antragsteller „selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen [hat], auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann“. Ebendies hat der Beschwerdeführer aber unterlassen. 

Nach den Ausführungen im Bescheid des BMF könne es aus grundsätzlichen Erwägungen nicht unbillig sein, dass der Antragsteller die Risiken des gewählten Steuervermeidungsmodells und der vorzeitigen Liquidation selbst zu tragen hat, anstatt diese auf die Allgemeinheit abzuwälzen. Der Beschwerdeführer brachte dagegen vor, dass Begünstigungsbescheide iSd § 48 BAO selbst in Steuerumgehungsfällen das Übel der Doppelbesteuerung beseitigen sollen. Nach Ansicht des BFG zitierte der Beschwerdeführer damit aber eine Mindermeinung in der Literatur. Zielsetzung des § 48 BAO sei insbesondere, „Störungen der für Österreich besonders bedeutsamen Wirtschaftsbeziehungen zum Ausland zu beseitigen“. Gestaltungen, bei denen der Steuerpflichtige seine Einkünfte willkürlich einer ausländischen Gesellschaft zuteilt, die keinerlei bedeutsame wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet, hatte der Gesetzgeber dabei wohl NICHT vor Augen.

Zur „Zweckmäßigkeit“ äußerte sich das BFG dahingehend, dass „das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet sei, das öffentliche Interesse des Abgabengläubigers an der Erhebung von Abgaben auszuhebeln“. Dem BFG zufolge sei die Anrechnung von Auslandssteuern im konkreten Fall jedenfalls nicht zweckmäßig, „da für Gewinnverschiebungspraktiken und sorgloses Verhalten kein Anreiz geboten werden soll“

Letztlich hält das BFG fest, „dass die Ermessensausübung zum Ergebnis führt, dass ein Verursacher die finanziellen Risiken für funktionslose Auslandsgesellschaften selbst zu tragen hat und diese nicht auf die Allgemeinheit abwälzen kann“. Das BFG sah folglich keinen Anlass, den ablehnenden Bescheid des BMF aufzuheben. 

Gegen diese Entscheidung des BFG wurde eine Revision eingebracht, die beim VwGH anhängig ist (Ra 2021/15/0042), sodass die Letztentscheidung des Höchstgerichts abzuwarten bleibt.

FAZIT 

Das obzitierte Erkenntnis des BFG zeigt ein bei grenzüberschreitenden Steuergestaltungen häufig übersehenes Risiko auf: Scheitert nämlich eine derartige Gestaltung und kommt es neben der – vom Steuerpflichtigen intendierten – Besteuerung im Sitzstaat der Auslandsgesellschaft zusätzlich zur Besteuerung derselben Einkünfte im Inland, resultiert daraus eine entsprechende Doppelbesteuerung. Sowohl BMF als auch BFG haben im vorliegenden Fall ausdrücklich klargestellt, dass Steuerpflichtige die mit internationaler Steuergestaltung verbundenen Risiken selbst zu tragen hätten und sich nicht auf eine Entlastungsmaßnahme iSd § 48 BAO verlassen können. 

Wie schon das Erkenntnis des VwGH vom 18.12.2019, Ro 2018/15/0025 (vgl dazu unseren NL-Beitrag „VERRECHNUNGSPREISE | Doppelbesteuerung infolge BP-Feststellungen!“ vom 17.4.2020) zeigt auch die hier besprochene BFG-Entscheidung die Bedeutung von formalen Mängeln bei der Stellung von Anträgen iSd § 48 BAO auf. Der Steuerpflichtige muss in seinem Antrag ausdrücklich klar darlegen, warum eine Entlastungsmaßnahme iSd § 48 BAO vor dem Hintergrund der Billigkeit und Zweckmäßigkeit geboten ist. Anderenfalls riskiert er schon aus diesen Gründen einen ablehnenden Bescheid. 

 Bevor Sie grenzüberschreitende Strukturen für Ihre Geschäftstätigkeit einsetzen, sollten Sie sich jedenfalls von einem Steuerberater oder versierten Rechtsanwalt mit Praxiserfahrung in derartigen Fällen eingehend beraten lassen. Als Experten für internationales Steuerrecht haben wir regelmäßig mit ähnlichen Fallkonstellationen zu tun und können Ihnen gerne die Möglichkeiten und Grenzen der Nutzung von Auslandsgesellschaften aufzeigen. Alternativ zur bloßen Zwischenschaltung ausländischer Rechtssubjekte könnte ggfs der tatsächliche Wegzug aus Österreich eine mögliche Gestaltungsvariante sein. 

Wir dürfen zur angesprochenen Thematik auch auf unsere div. Webinare hinweisen (siehe dazu unseren Seminarkalender) sowie weiters auch auf folgende Veröffentlichungen

Für weitere Fragen zu diesem Themenbereich stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen ExpertInnen unserer Service Line „International Tax“​​​​​​​ gerne zur Verfügung!