Allgemeine Hinweise zu IFRS
Das IASB („International Accounting Standards Board“) konzipiert und veröffentlicht regelmäßig die IFRS („International Financial Reporting Standards“) und bringt außerdem deren Interpretationen durch das IFRIC („International Financial Reporting Interpretations Committee“) heraus. Die vom IASB verabschiedeten IFRS sind jedoch von den Unternehmen in der EU nicht unmittelbar anwendbar. Sie müssen vielmehr durch die EU-Kommission unter Hinzuziehung des ARC („Accounting Regulatory Committee“) den sog. „Endorsement Process“ durchlaufen und werden nach erfolgter Zustimmung veröffentlicht.
Die Anwendung neuer Standards ist bereits vor den eigentlichen Bilanzierungsarbeiten mit erheblichen Vorbereitungsmaßnahmen verbunden, die von IFRS anwendenden Unternehmen zeitgerecht beachtet werden sollten, um eine reibungslose Umsetzung sicherzustellen.
Die Anwendung neuer bzw geänderter IFRS verpflichtet gem. IAS. 8.28 Unternehmen auch dazu, die Auswirkungen in der Berichtsperiode oder auf frühere Perioden in den Notes (Anhangangaben) zu erläutern. Des Weiteren müssen Unternehmen gem. IAS 8.30 und IAS 8.31 auch über neue bzw geänderte Standards berichten, die noch nicht verpflichtend anzuwenden sind und auch noch nicht angewendet werden.
So gibt es auch für Unternehmen, deren Geschäftsjahr am oder nach dem 1.1.2023 beginnt, wiederum neue Standards anzuwenden. Die wesentlichste Änderung ist heuer die verpflichtende Anwendung des IFRS 17, welcher die Bilanzierung von Versicherungsverträgen in Unternehmen regelt. Des Weiteren wurden auch Anpassungen der IAS 1, IAS 8 sowie IAS 12 veröffentlicht. Nachfolgend finden Sie nähere Erläuterungen zu den einzelnen Änderungen.
Die nachstehende Tabelle zeigt zunächst die Zeitpunkte der Veröffentlichung sowie das Inkrafttreten der einzelnen Standards (IFRS und IAS):
Standard | Veröffentlichungsdatum | EU-weite Anwendungspflicht | ||
Anpassungen IFRS 17 | 08. September 2022* | 01. Jänner 2023 | ||
Anpassungen IAS 1 | 02. März 2022 | 01. Jänner 2023 | ||
Anpassungen IAS 8 | 02. März 2022 | 01. Jänner 2023 | ||
Anpassungen IAS 12 | 11. August 2022 | 01. Jänner 2023 |
* Veröffentlichungsdatum der Änderungen; ursprüngliche Veröffentlichung des Standards am 18.5.2017, Änderungen des IFRS 17 veröffentlicht am 25.6.2020
IFRS 17 (Versicherungsverträge)
Der IFRS 17 wurde erstmals bereits im Jahr 2017 veröffentlicht, aufgrund mehrerer Änderungen sind Unternehmen aber erst ab 1.1.2023 verpflichtet, diesen anzuwenden. Der Standard regelt die Grundsätze in Bezug auf den Anwendungsbereich, Ansatz, die Bewertung und Folgebewertung sowie die Angaben für Versicherungsverträge:
Zielsetzung
Das Ziel dieses Standards ist, dass anwendende Unternehmen ihre Versicherungsverträge wahrheitsgetreu darstellen. Dies soll es den Abschlussadressaten ermöglichen, die Auswirkungen der Versicherungsverträge auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage aufzuzeigen sowie die Zahlungsströme bestmöglich beurteilen zu können.
Anwendungsbereich
IFRS 17 ist anzuwenden, wenn Unternehmen
- im eigenen Namen Versicherungsverträge sowie Rückversicherungsverträge ausstellen und letztere auch selbst halten sowie
- im eigenen Namen Kapitalanlageverträge mit ermessensabhängiger Überschussbeteiligung ausstellen unter der Voraussetzung, dass sie auch Versicherungsverträge ausstellen.
Alle Verweise auf ausgestellte Versicherungsverträge in IFRS 17 gelten auch für jene Versicherungsverträge, die im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses oder einer Übertragung erworben wurden. Ausnahmen gibt es hier bei gehaltenen Rückversicherungsverträgen.
Stellt ein Unternehmen Versicherungsverträge aus, welche die Definition eines solchen Vertrages zwar erfüllen, dieser jedoch primär für die Erbringung von Dienstleistungen gegen ein festes Entgelt besteht, hat das Unternehmen ein Wahlrecht, auf solche von ihm ausgestellte Verträge IFRS 15 anstatt IFRS 17 anzuwenden, vorausgesetzt
- dass das Unternehmen dem mit einem einzelnen Kunden verbundenen Risiko bei der Bepreisung des Vertrages mit diesem Kunden nicht Rechnung trägt,
- dass der Vertrag den Kunden durch die Erbringung von Dienstleistungen und nicht durch Barzahlungen entschädigt und
- dass das durch den Versicherungsvertrag übertragene Versicherungsrisiko in erster Linie aus der Nutzung der Dienstleistungen durch den Kunden entsteht und nicht aus der Ungewissheit in Bezug auf die Kosten dieser Dienstleistungen.
Die Entscheidung, wie jeder einzelne Vertrag klassifiziert wird, liegt beim Unternehmen selbst, jedoch ist zu beachten, dass danach kein Widerruf möglich ist.
Ansatz
Versicherungsverträge müssen nach Gruppen sortiert und weiters auch zu Portfolios zusammengefasst werden. Diese Portfolios dürfen nur Versicherungsverträge enthalten, die im gleichen Jahr abgeschlossen worden sind und ähnliche Risiken haben. Versicherungsvertragsgruppen müssen vom ausstellenden Unternehmen zum frühesten der folgenden Zeitpunkte angesetzt werden:
- Zu Beginn des Deckungszeitraumes der Gruppe von Verträgen;
- Zum Zeitpunkt, an welchem die erste Zahlung eines Versicherungsnehmers in der Gruppe fällig wird;
- Für eine Gruppe von belastenden Verträgen, wenn die Gruppe belastet wird.
Bewertung
Beim erstmaligen Ansatz von Versicherungsvertragsgruppen ist diese mit der Summe der Erfüllungswerte und der vertraglichen Servicemarge zu bewerten. Der Erfüllungswert wird als jener Wert definiert, der Schätzungen der zukünftigen Zahlungsströme (inkl. Anpassungen des Zeitwertes der zukünftigen Zahlungsströme) und eine Risikoanpassung für nicht finanzielle Risiken enthält.
IAS 1
Der IAS 1 regelt alle Grundlagen, die mit der Aufstellung des Abschlusses verbunden sind. Der IASB die Verlautbarung Angabe von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden mit Änderungen bekannt gegeben, die dem Ersteller bei der Entscheidung helfen soll, welche Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden anzugeben sind.
Des Weiteren hat der IASB eine Änderung betreffend die Klassifizierung von Schulden als kurz- oder langfristig veröffentlicht. Dadurch soll ein allgemeiner Ansatz für die Klassifizierung von Schulden nach IAS 1, der auf den vertraglichen Vereinbarungen aufbaut, möglich sein. Diese Änderung ist mit 1.1.2024 verpflichtend anzuwenden.
IAS 8
Der IAS 8 Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, Änderungen von Schätzungen und Fehler wird bei der Auswahl und Anwendung von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, der Bilanzierung von Änderungen sowie der Darstellung der Richtigstellung von Fehlern aus früheren Perioden angewandt. Dazu wurde vom IASB eine Änderung veröffentlicht, die Unternehmen dabei helfen soll, zwischen Rechnungslegungsmethoden und rechnungslegungsbezogenen Schätzungen zu unterscheiden.
IAS12
Der IAS 12 beschreibt alle wesentlichen Grundlagen zur Bilanzierung und Bewertung von Ertragsteuern. Auch hierzu hat der IASB eine Änderung publiziert, die ab 1.1.2023 anzuwenden ist. Diese stellt klar, wie Unternehmen latente Steuern aus einer einzigen Transaktion, wie etwa Leasingverhältnisse oder Rekultivierungsverpflichtungen, bilanzieren müssen.
FAZIT
Wie jedes Jahr, stehen im Bereich der internationalen Rechnungslegung nach IFRS auch heuer wiederum einige Neuerungen bzw Änderungen an. Bereiten Sie sich rechtzeitig vor und planen Sie die Umstellung frühzeitig, um Schwierigkeiten zu vermeiden.
Wir wollten Ihnen mit diesem Update zur internationalen Rechnungslegung nach IFRS einen allgemeinen Überblick geben. Für weitergehende Fragen stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen MitarbeiterInnen des Bilanzierungs- und WP-Teams der Service Line "Audit" gerne zur Verfügung!