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UMSATZSTEUER | Update - Neuerungen und Entwicklungstrends in Europa

Mit dem Kommissionsvorschlag zur Modernisierung der MwStSyst-RL beginnt eine neue Ära für die Umsatzsteuer in der EU. Das ViDA-Paket (= „VAT in the Digital Age“) beinhaltet zahlreiche Regelungen und Änderungen die nicht nur international tätige Unternehmer treffen werden, sondern auch für rein nationale Leistungsbeziehungen Bedeutung haben. Neben diesem europäischen Großprojekt, das in einzelnen Schritten voraussichtlich bis 2028 umgesetzt werden soll, gibt es auch zahlreiche Neuerungen die rein auf nationalstaatlicher Ebene passieren. Damit es Ihnen gelingt, den Durchblick zu bewahren, erhalten Sie im Zuge dieses NL-Beitrags einen prägnanten Überblick zu den aktuellen Entwicklungen und geplanten Neuerungen innerhalb Europas.

 

Das Reformpaket “ViDA” im Überblick

Im Dezember 2022 wurde der Vorschlag zur Änderung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie sowie die dazugehörigen Verordnungen in Bezug auf eine Reform für Mehrwertsteuervorschriften für das digitale Zeitalter (= VAT in the Digital Age, kurz “ViDA”) vom Rat veröffentlicht. Dieses Reformpakte umfasst folgende drei Bereiche:

  • Digital Reporting basierend auf E-Invoicing
  • neue Regelungen für die Plattform Wirtschaft
  • Schritte zu einer “Single VAT Registration” 

Digital Reporting basierend auf E-Invoicing (verpflichtend ab 1.1.2028)

Während E-Rechnungen aktuell häufig lediglich im Rahmen von B2G-Umsätzen (Business to Government) verpflichtend sind, soll die strukturierte, elektronische Rechnung zukünftig auch im Bereich von innergemeinschaftlichen B2B Umsätzen (Waren- und Dienstleistungstransaktionen) unionsweit verpflichtend werden. Innergemeinschaftliche B2B Umsätze umfassen innergemeinschaftliche Lieferungen und deren Erwerbe, Lieferungen als erster Abnehmer im Dreiecksgeschäft und innergemeinschaftliche Umsätze, welche im Bestimmungsland dem Reverse Charge Verfahren unterliegen.

Bei den elektronischen Rechnungen handelt es sich nicht um Rechnungen in PDF-Format sondern um strukturierte Datenmodelle mit Syntaxen (also eine Kombination von Zeichen) mit einem standardisierten Format und vorgegebenen Inhaltsmerkmalen auf Basis des EU-Standards EN 16931. Gemäß Richtlinienvorschlag muss die elektronische Rechnung innerhalb von 2 Tagen nach Eintritt des Steuertatbestands (d.h. im Regelfall 2 Tage nach Liefer- oder Leistungszeitpunkt) ausgestellt werden.

Basierend auf diesen strukturierten elektronischen Rechnungen soll innerhalb von weiteren 2 Tagen in der Folge die umsatzbasierte, automatisierte Meldung ausgewählter Daten der elektronischen Rechnung über VIES/MIAS erfolgen. Mit der Einführung des Digital Reportings wird die Meldung in der Zusammenfassenden Meldung abgeschafft.

Obwohl es derzeit keine Verpflichtung darstellt, können Mitgliedstaaten diese Art des Digital Reportings auch auf nationale Umsätze ausdehnen. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass mit dem Umstieg auf ein neues europäisches Reportingsystem auch die nationale Meldelogik in den verschiedenen Mitgliedstaaten angepasst wird und somit ein gänzlicher Umstieg in das digitale Zeitalter für Umsatzsteuermeldungen erfolgt. 

Bei Betrachtung dieser vorgesehenen kurzen Fristen erscheint die Einrichtung eines automatisierten Reportings bei den Steuerpflichtigen wohl notwendig. Unternehmen sind daher bereits jetzt angehalten umsatzsteuerrechtliche Meldepflichten in ihren ERP-Systemen bestmöglich zu automatisieren, und sich für “ViDA” zu wappnen. 

Optional können die einzelnen EU-Mitgliedstaaten bereits ab 1.1.2024 die Verpflichtung zur Ausstellung von E-Rechnungen einführen, soweit der EU-Standard eingehalten wird und kein zentrales Clearing durch eine Behörde vorgesehen ist.

Erweiterung der Regelungen zur Plattform Wirtschaft (ab 1.1.2025)

Nach dem derzeitigen Rechtsstand werden Plattformen beim Verkauf von B2C-Online-Verkäufen von Waren mit Drittstaatenbezug (Einfuhrversandhandel) bzw. bei Verkäufen von Drittstaaten-Unternehmern innerhalb der EU (EU-Versandhandel) zum (fiktiven) Steuerschuldner, wenn diese Plattformen den Verkauf der Waren unterstützen. Dieses sogenannte “deemed supplier”-Regime soll ab 2025 auf die Kurzzeitvermietung von Unterkünften sowie die Personenbeförderung ausgeweitet werden. Darüber hinaus wird das Kriterium des Drittstaaten-Unternehmers für EU-Versandhandelsumsätze obsolet was soviel bedeutet, dass die “deemed supplier” Regelung für alle EU-Versandhandelslieferungen zur Anwendung kommen wird.

Single VAT Registration (ab 1.1.2025)

Grenzüberschreitend tätige Unternehmer sind basierend auf der aktuellen Gesetzeslage häufig dazu angehalten, sich in mehreren Mitgliedstaaten umsatzsteuerrechtlich registrieren zu lassen, um diverse Meldepflichten vor Ort zu erfüllen. Damit einher geht unter anderem ein nicht unbeachtlicher Aufwand für Compliance-Arbeiten. Um diese Vielzahl an Registrierungen zu verhindern, sind folgende Maßnahmen geplant:

  • Erstreckung des EU-OSS auf:
    • diverse B2C-Transaktionen (ruhende Lieferungen oder ausschließlich Warenbewegung im jeweiligen Land, Montagelieferungen, Lieferungen an Bord von Schiff/Bahn/Flugzeug, Lieferungen von Energie)
    • innergemeinschaftliche Verbringungen (zu eigenen Handen, ohne zugrundeliegenden Verkauf)
  • verpflichtende Erweiterung des Reverse Charge Verfahren (Art 194 MwStSyst-RL) auf sämtliche Lieferungen und Dienstleistungen, die in einem Mitgliedstaat steuerbar sind, in dem der Leistende nicht ansässig ist und der Leistungsempfänger umsatzsteuerlich registriert ist.

Im Detail bringen die Änderungsvorschläge noch einige Unklarheiten mit sich, welche aus der aktuellen Fassung des Richtlinienentwurfs noch nicht abschließend geklärt werden können. Insoweit ist die endgültige Version der Richtlinienänderung noch abzuwarten.

Umsetzungsstand von “ViDA” in ausgewählten Mitgliedstaaten


​​​​​​​Der wohl umfassendste Anpassungsbedarf für die Steuerpflichtigen sowie für die nationale Gesetzgebung in den Mitgliedstaaten wird sich aufgrund der neuen Bestimmungen zum Digital Reporting und E-Invoicing ergeben. Einigen Mitgliedstaaten, wie z.B. Frankreich, Spanien, Italien, Rumänien,…, sehen bereits jetzt Regelungen für verpflichtendes E-Invoicing vor. Einen Überblick darüber haben wir Ihnen bereits in unserem NL-Beitrag “UMSATZSTEUER | Verpflichtende E-Rechnungssysteme in Europa” vom 27.09.2022 gegeben. Aktuell treffen jedoch immer mehr Mitgliedstaaten Vorkehrungen, um sich für die Einführung von “ViDA” zu wappnen. Nachfolgend dürfen wir Ihnen einen Überblick zum aktuellen Entwicklungsstand in den Mitgliedstaaten geben.

Überblick E-Invoicing in Europa

Umfasste
​​​​​​​Transaktionen

e-Invoicing



​​​​​​​​​​​​​​Mitgliedstaaten

kein e-Invoicing Malta
B2B freiwillig
(idR. Rücksprache mit Kunde)         
Belgien, Bulgarien, Deutschland, Dänemark, Estland, Finnland, Österreich, Griechenland, Irland, Island, Kroatien, Lettland, Litauen, Norwegen, Polen, Portugal, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn, UK
B2G freiwillig Zypern, Irland, Lettland, Litauen, Slowenien
B2G Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Italien, Kroatien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen Österreich, Rumänien, Schweden, Tschechien, Ungarn,
nationale B2B-Transaktionen Italien (inkl. B2C), Rumänien (ausgewählte Waren), Ungarn
national B2B verpflichtend geplant                              Frankreich (7/2024), Deutschland (2026), Lettland (2025), Polen (7/2024), Spanien (2024)

​​​​​​​​​​​​​Belgien

Belgien hat 2022 mit der stufenweisen Einführung der E-Invoicing-Pflicht im B2G-Bereich begonnen. Erst vor kurzem wurde durch das belgische Finanzministerium eine Steuerreform  präsentiert, welche den Schwerpunkt auf die elektronische Rechnungsausstellung und damit zusammenhängende “nahezu” Echtzeitmeldungen bei B2B-Transaktionen legt. 

Es werden jedoch auch zusätzliche Schritte in Richtung Digitalisierung getroffen: In Belgien gibt es aktuell mehrere Anwendungen für die elektronische Einreichung der verschiedensten Meldungen und Steuererklärungen. Schrittweise erfolgt aktuell eine Umstellung auf eine zentrale steuerliche Abwicklung über die “MyMinfin” Platform. Über einen Account auf “MyMinFin” soll auch die Beantragung der Rückerstattung von Vorsteuern weniger formalistisch werden.

Dänemark

In Dänemark sind Unternehmer bereits seit 2005 verpflichtet E-Rechnungen bei Aufträgen der öffentlichen Hand zu verwenden. Im B2B-Bereich ist die E-Rechnung aktuell noch nicht verpflichtend, jedoch wurden bereits zu Beginn des Jahres 2023 öffentliche Beratungen zur Umsetzung von ViDA geführt. 

Deutschland

Bei öffentlichen Auftraggebern ist die elektronische Rechnung gemäß § 4 Abs 1 E-RechV bereits jetzt verpflichtend zu verwenden. Mitte April dieses Jahres wurde seitens des Bundesministeriums für Finanzen ein Vorschlag zur Einführung vom im B2B-Bereich generell verpflichtenden E-Invoicing an eine Reihe wichtiger Wirtschaftsverbände geschickt. Der Vorschlag orientiert sich dabei an den Rahmenbedingungen des Reformpakets ViDA, jedoch soll die Umsetzung bereits ab dem 1.1.2025 erfolgen. Im ersten Jahr soll die Papier oder PDF-Rechnung allerdings noch zulässig bleiben. 

Hinsichtlich des Zeitplans ist Deutschland damit der EU voraus. Erst unlängst hat die Europäische Kommission vorgeschlagen, Deutschland zu ermächtigen, Rechnungen, die von in Deutschland ansässigen Steuerpflichtigen in Form von Dokumenten oder Mitteilungen ausgestellt wurden, nur dann zu akzeptieren, wenn diese Dokumente oder Mitteilungen elektronisch übermittelt werden. Damit wurden seitens Deutschland bereits erste Schritte zur Schaffung der Gesetzlichen Rahmenbedingungen gesetzt und der Antrag auf Erteilung einer Ermächtigung nach Art 395 MwStSystRL bereits behandelt (Unionsrechtlich ist die Verpflichtung zur E-Rechnung aktuell noch nicht möglich, weshalb die Umsetzung gesondert zu beantragen ist).

Finnland

Seit Februar 2019 sind öffentliche Stellen dazu verpflichtet, ausschließlich elektronische Rechnungen zu akzeptieren, die dem europäischen Standard für E-Invoicing (EN) entsprechen. Die finnische Regierung unterstützt die ViDA-Bestrebungen und hat im Januar 2023 das Parlament zum Handeln aufgefordert. Die finnische Gesetzgebung hat sich bereits mit den Rahmenbedingungen zur Einführung von Umsatzsteuer-Echtzeit-Meldeverpflichtungen auseinandergesetzt. Seitens der neuen Regierung wurde im Juni die Möglichkeit der Einführung von Echtzeit-Mehrwertsteuer-Meldevorschriften geprüft.

Frankreich

Aktuell sehen die Regelungen in Frankreich vor, dass ab Juli 2024 verpflichtend E-Rechnungen über in Frankreich steuerbare Transaktionen zwischen in Frankreich ansässigen Unternehmen auszustellen sind. In einer neuen Präsentation zu diesem Themenbereich wurde klargestellt, dass auch Unternehmen, die über eine Betriebsstätte in Frankreich verfügen und die weiteren Kriterien (wie z.B: Umsatzschwellen) erfüllen, von dieser Bestimmung erfasst werden. Faktisch dürften jene ausländische Unternehmen betroffen sein, die in Frankreich eine umsatzsteuerrechtliche Betriebsstätte (feste Niederlassung) haben und damit die Rechnungen für Leistungen der französischen Betriebsstätte gemäß den französischen Vorschriften ausstellen müssen.

Die Anforderungen für E-Rechnungen in Frankreich dürften im Groben den Vorgaben der ViDA-Reform entsprechen, da die französischen E-Rechnungen strukturierte Datenmodelle in einem standardisierten Format sind. Übermittelt werden die E-Rechnungen in Frankreich über eine eigens dafür eingerichtete Online Plattform. Von den allgemeinen Vorschriften über den Zeitpunkt der Rechnungsausstellung abweichende zeitliche Vorgaben sind in Frankreich derzeit keine vorgesehen. 

Zusätzlich zum E-Invoicing werden in Frankreich zeitgleich umfangreiche Vorschriften zum E-Reporting in Kraft treten. Davon betroffen sind sämtliche Vorgängen, für die keine E-Rechnung auszustellen ist, die jedoch in Frankreich steuerbar und steuerpflichtig sind. 

Griechenland

Die griechische Regierung hat vor kurzem entschieden, dass die Einführung der E-Rechnung schrittweise erfolgen soll. Ab September 2023 (Inkrafttreten des Gesetzes 4972/2022) sind E-Rechnungen an öffentliche Auftraggeber verpflichtend auszustellen. 

Griechenland versucht aktuell Steuerpflichtige dazu zu bewegen, zur E-Rechnungsausstellung im B2B-Bereich zu optieren. Unternehmen, die E-Rechnungen ausstellen bekommen z.B. Mehrwertsteuergutschriften innerhalb von 45 anstatt 90 Tagen rückerstattet und dürfen die Investitionen für die Anschaffung der nötigen Infrastruktur im Jahr der Anschaffung vollständig abschreiben.

Großbritannien

Unabhängig von unionsrechtlichen Reformpaketen ist Großbritannien schon seit einigen Jahren bestrebt, insbesondere die Abwicklung der Umsatzsteuererklärungen zu digitalisieren. Details zum britischen “Making Tax Digital” - kurz “MTD” - können Sie unseren Newsletterbeiträgen Großbritannien | Neues Bauleistungs-Reverse-Charge und MTD Änderungen vom 20.3.2021.

Italien

Wie bereits berichtet, bestehen für in Italien ansässige Unternehmen bereits seit einigen Jahren relativ umfangreiche Regelungen zur E-Rechnungsausstellung und zum E-Reporting im B2B und B2C Bereich. Dieses Jahr wurden einige Unklarheiten zur Verwendung der E-Rechnung bei grenzüberschreitenden Transaktionen geklärt. Klargestellt wurde, dass für die fiktiven ig. Lieferungen durch Plattformen ebenfalls die Verpflichtung zur Stellung einer E-Rechnung besteht. Bei in anderen Ländern steuerpflichtigen Lieferungen, die unter Anwendung des nationalen Reverse Charge Verfahrens ausgestellt werden, muss keine E-Rechnung ausgestellt werden. 

Lettland

Das Finanzministerium in Lettland hatte ursprünglich im Oktober 2021 einen Bericht über die Einführung elektronischer Rechnungen vorgelegt, welcher vom Ministerkabinett auch genehmigt wurde. Das dargelegte Konzept sah die verpflichtende Verwendung von E-Rechnungen im Bereich von B2B Transaktionen ab 1.1.2025 vor. Mit Ausnahme dieses Berichtes liegen allerdings aktuell keine konkreteren Detailplanungen  oder Gesetzesentwürfe vor, weshalb die tatsächliche Umsetzung ab 2025 aktuell zweifelhaft erscheint.

Niederlande

E-Invoicing wurde im B2G-Bereich verpflichtend umgesetzt. Im Februar 2023 wurde durch das niederländische Finanzministerium ein Working Paper einer Arbeitsgruppe zum Reformpaket “ViDA” der EU-Kommission veröffentlicht. Es wurde eine Begutachtung der vorgeschlagenen Regelungen vorgenommen, wobei die Bestrebungen der EU-Kommission befürwortet werden. 

Polen

Entgegen dem ursprünglichen Zeitplan soll die E-Rechnungsausstellung und Übermittlung über das KSeF-System für in Polen steuerpflichtige Unternehmen erst ab 1.7.2024 (anstatt 1.1.2024) verpflichtend anzuwenden sein. Unternehmen mit steuerbefreiten Leistungen haben voraussichtlich noch bis 1. Jänner 2025 Zeit, auf E-Rechnungen umzustellen.

Klargestellt wurde auch, dass u.a. Rechnungen an Verbraucher (B2C-Umsätze), Mauttickets, Fahrkarten, die in Polen als Rechnung gelten sowie im OSS und IOSS-Verfahren gelegte Rechnungen nicht unter die Bestimmungen zur E-Rechnungsausstellung fallen werden.  

Rumänien

Wie bereits im oben genannten NL-Beitrag berichtet, sind in Rumänien ansässige Unternehmen seit 1.7.2022 verpflichtet, bei B2B-Transaktionen über ausgewählte Warengruppen, denen ein hohes Steuerrisiko zugeschrieben wird, E-Rechnungen zu stellen und deren Transport im System RO e-Transport anzumelden. Bei Transaktionen im B2G Bereich, unabhängig von der Art der Produkte,  sind E-Rechnungen bereits seit längerer Zeit verpflichtend. Die Nutzung des dafür vorgesehenen Portals “ANAF” wurde erst unlängst wieder weiterentwickelt. Die Neuerungen betreffen die Korrektur von E-Rechnungen sowie die Zugriffsberechtigungen. 

Slowakei

Speziell zu dem Thema "ViDA" gab es vor etwa eineinhalb Jahren einen Vorstoß von damaligem Finanzminister Hrn. Matovič mit der Zielsetzung, elektronische Rechnungsstellung inkl. Echtzeit-Rechnungsmeldungen einzuführen, wobei jede ausgestellte Rechnung der Finanzverwaltung online zu melden wäre. Der dafür notwendige Gesetzesentwurf lässt allerdings aktuell weiter auf sich warten. Auch wurde bislang noch kein genauer Zeitplan über die Einführung publiziert. Aufgrund der aktuellen unbeständigen Regierungssituation wird jedoch nicht mehr mit einer Einführung vor 2025 gerechnet. Aktuell ist die E-Rechnung im privaten Sektor auf freiwilliger Basis erlaubt. 

Slowenien

Bereits 2021 hatte die Slowenische Regierung Pläne zur Erweiterung des verpflichtenden E-Invoicings auf B2B-Transaktionen. Es wurden sogar Gesetzesentwürfe gefasst, zu einer Umsetzung kam es allerdings bis dato nicht. 2023 publizierte das slowenische Finanzministerium seine Stellungnahme zu “ViDA”. Darin werden die angestrebten Änderungen befürwortet und die Schaffung einer nationalen Lösung angestrebt.

Spanien

Im ersten Halbjahr wurden weitere Details zur geplanten verpflichtenden E-Rechnung im B2B Bereich bekannt (geplante Umsetzung ab 1.1.2024). In einem Bericht des Finanzministeriums wurden weitere technische und inhaltliche Erfordernisse für die E-Rechnungen bekanntgegeben. Festgelegt wurden u.a. Bedingungen für die Verifizierung des Zahlungsdatums, der Zahlungsmethode sowie Kriterien für die technische Kompatibilität (Setzung von Standards) zwischen den Technologieanbietern. 

Ungarn

Ungarn verfügt über recht  umfangreiche Echtzeit-Meldeverpflichtungen. Seit 1.1.2021 sind sämtliche Ausgangsrechnungen – im B2B- und B2C-Bereich – elektronisch an das ungarische Finanzamt zu übermitteln. Davon ausgenommen sind lediglich Rechnungen, deren Erfüllungsort nicht in Ungarn liegt, sowie OSS-Rechnungen. 

Zypern

Ähnlich wie in Belgien wurde auch in Zypern dieses Jahr das Online-System der Steuerbehörde umgestellt. Damit wurden sämtliche Systeme der unterschiedlichen Finanzämter zusammengeführt, sodass die Steuerpflichtigen Ihre Meldungen und Erklärungen nunmehr über eine zentrale Stelle abwickeln können. Aktuell wird über das neue System vorrangig die Umsatzsteuer, jedoch noch keine direkten Steuern abgewickelt. Die Ausweitung auf sämtliche Steuerarten soll schrittweise bis Ende 2024 erfolgen. 

Weitere Neuerungen 

Spanien

Bis vor kurzem war es in Spanien nicht möglich, Spanische Steuerschulden per Lastschriftverfahren zu bezahlen, wenn das Bankkonto nicht bei einem spanischen Kreditinstitut geführt wurde. Seit 1.7.2023 soll es nun möglich sein, Steuerzahlungen per Lastschrift von einem Konto innerhalb des einheitlichen SEPA-Zahlungsraums zu begleichen. 

Änderungen der Mehrwertsteuersätze

Bulgarien

Die einzigen mehrwertsteuerrelevanten Änderungen, die in den Gesetzentwürfen in Bulgarien aktuell vorgeschlagen werden, betreffen die vorzeitige Aufhebung des vorübergehend ermäßigten Mehrwertsteuersatzes von 9 % auf Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, die Nutzung von Sporteinrichtungen und Leistungen im Rahmen der Mehrwertsteuer-Sonderregelung für Reisebüros. Dem Gesetzentwurf zufolge soll der temporär reduzierte Mehrwertsteuersatz ab dem 1. Juli 2023 anstatt (wie ursprünglich geplant) 1. Jänner 2024 wieder auf den vollen Satz von 20 % angehoben werden soll. Der reduzierte Mehrwertsteuersatz auf Mehl, Brot, Babyprodukte und Bücher gilt allerdings weiterhin. 

Deutschland

In Deutschland gilt noch bis 31.3.2024 der ermäßigte Steuersatz von 7 % für die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz sowie die Lieferungen von Wärme über ein Wärmenetz. 

Estland

In Estland soll ab 1.1.2025 der Mehrwertsteuersatz von derzeit 20 auf 22 % erhöht werden. 

Finnland

Die neue finnische Regierung möchte den reduzierten Mehrwertsteuersatz von 10 auf 14 % erhöhen (gültig u.a. für Nächtigungen in Hotels). Weiters sollen Windeln und Damenhygieneprodukte zukünftig unter den reduzierten Steuersatz fallen. 

Griechenland

Der reduzierte Steuersatz von 13 % gilt in Griechenland für folgende Waren und Dienstleistungen bis 31.12.2023: Öffentliche Verkehrsmittel, Catering, Kinotickets, Kaffee und alkoholfreie Getränke, Zootickets, Benützung von Fitnessstudios und Tanzschulen,…

Irland

Seit 1.Mai 2023 gilt in Irland ein 0-% Umsatzsteuersatz für die Lieferung und Installation von Solar Paneelen auf privat genutzte Immobilien zu Wohnzwecken. Diese Maßnahme soll einen Anreiz zum Umstieg auf grüne Energie darstellen.

Kroatien

In Kroatien gilt weiterhin ein reduzierter Mehrwertsteuersatz von 5 % für die Lieferung von Erdgas, Fernwärme, Brennholz, Pellets, Briketts und Hackschnitzel. Die Verlängerung dieser Maßnahme wurde im März 2023 beschlossen.

Luxemburg

Ähnlich wie Irland ist auch in Luxemburg ein super-reduzierter Mehrwertsteuersatz von 3 % für die Lieferung und Installation von Solar Paneelen vorgesehen. Dieser Steuersatz gilt bereits seit Beginn des Jahres. Weiters kommt auf den Kauf und die Miete von Fahrrädern der reduzierte Mehrwertsteuersatz von 8 % (bzw. 7 % in 2023) zur Anwendung. 

Tschechien

Auch Tschechien schraubt an den Mehrwertsteuersätzen. Plan ist die Einführung eines einheitlichen reduzierten Umsatzsteuersatzes von 12 % (anstatt derzeit 10 % und 15 %). Zudem soll ein 0%-Umsatzsteuersatz auf Bücher eingeführt werden. 

Zypern

Seit 2. Mai 2023 gilt in Zypern ein 0%-Mehrwertsteuersatz für zahlreiche Basisnahrungsmittel wie z.B. Brot, Milch, Eier, Babynahrung, Snacks und Damenhygieneprodukte.

FAZIT

Im Hinblick auf die Digitalisierung im Mehrwertsteuerrecht gehen die Mitgliedstaaten aktuell noch getrennte Wege. Während einige Länder bereits sehr umfangreiche Bestimmungen zum E-Invoicing und E-Reporting vorsehen, hinken andere noch weit hinterher. Vergleicht man die nationalen Bestimmungen jener Länder mit umfangreichen E-Reporting und E-Invoicing Regelungen,  erhält man aktuell noch ein recht inhomogenes Bild. Unterschiede bestehen in Bezug auf den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich, aber auch hinsichtlich verfahrensrechtlicher Bestimmungen und der praktischen Umsetzung (unterschiedliche Anwendungen/Plattformen). 

Durch “ViDA” werden die Mitgliedstaaten angehalten, dem Thema “Digitalisierung der Mehrwertsteuer” einen nationalen rechtlichen Rahmen zu bieten und nationale Alleingänge an die unionsrechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen. Aber nicht nur die Gesetzgebungsorgane, sondern insbesondere auch die Steuerpflichtigen werden durch “ViDA” auf die Probe gestellt und sollten bereits jetzt Schritte in Richtung Digitalisierung der Meldepflichten setzen. 

Bei dieser Gelegenheit möchten wir auf unsere Kooperationen mit „Greenfield“, einem ausgewiesenen Spezialisten für SAP und andere ERP-Systeme, und WTS global sowie WTS Digital hinweisen. Gerne können wir Sie bei erforderlichen Umstellungen bzw bei der Klärung von Detailfragen unterstützen (siehe dazu auch bereits unseren NL-Beitrag „UMSATZSTEUER | SAP-Umstellung mit Verbesserungspotenzial (SAP S/4HANA)“​​​​​​​ vom 24.10.2021).  

Selbstverständlich werden wir Sie im Rahmen unseres Newsletters über die weitere Entwicklung im Bereich der Umsetzung des Reformpakets “ViDA” in der EU auf dem Laufenden halten. Für weitere Fragen zu diesem Themenkomplex stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen Experten der Service Line "Indirect Tax & Customs" natürlich jederzeit gerne zur Verfügung!