Im Register der wirtschaftlichen Eigentümer – in Österreich im WiEReG geregelt – sind jene natürlichen Personen zu erfassen, die als sog. „wirtschaftliche Eigentümer“ bestimmter Rechtsträger anzusehen sind. Bisher konnte grundsätzlich jedermann Einsicht in dieses Register nehmen. Nun aber hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass eine solcherart öffentliche Einsicht im Lichte der gesetzlich verfolgten Zielsetzungen nicht erforderlich und unter Beachtung EU-Grundrechtscharta nicht verhältnismäßig ist. Aufgrund der somit festgestellten EU-Widrigkeit auch der österreichischen Regelungen ist die bisher möglich gewesene öffentliche Einsicht seit November 2022 nicht mehr verfügbar.
Das „Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz“ (WiEReG) zielt – in Umsetzung der maßgeblichen EU-Vorgaben - auf die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ab und verpflichtet bestimmte österreichische Rechtsträger bzw deren „wirtschaftliche Eigentümer“ zur Eintragung im eigens geschaffenen Register der wirtschaftlichen Eigentümer (WiRe). Unter einem wirtschaftlichen Eigentümer versteht man jene natürlichen Personen, denen ein Rechtsträger (zB Gesellschaft, Stiftung oder Trust) letztlich wirtschaftlich zugerechnet werden kann.
Im Jahr 2021 wurden diese Sorgfalts- und Meldepflichten für die betroffenen Unternehmen noch ausgeweitet bzw verschärft, sodass verpflichtend eine jährliche Meldung an das Register der wirtschaftlichen Eigentümer durchzuführen ist. Bei Verstößen drohen empfindliche Zwangsstrafen.
Weiters kann seit Herbst 2020 das „Compliance-Package“ genutzt werden, welches zwar auf den ersten Blick aufwändig erscheint, insbesondere aber bei komplexeren Eigentums- und Kontrollstrukturen (auch administrative) Vereinfachungen bringt. Für weitere Detailinformationen zu den jährlichen Meldepflichten und dem Compliance-Package dürfen wir auf unseren umfangreichen NL-Beitrag „WIEREG | Jährliche Meldepflichten und Compliance-Package“ vom 24.3.2021 verweisen.
Bisherige öffentliche Registereinsicht
Bei Einführung des Registers im Jahr 2018 war die Einsichtnahme zunächst nur Behörden und bestimmten Personengruppen, den sog. „Verpflichteten“ (insb. Kreditinstitute, Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftstreuhänder etc) bei entsprechend „berechtigtem Interesse“ vorbehalten. Die vorsätzliche unbefugte Einsicht war ursprünglich sogar mit einer Strafe bis zu EUR 10.000 bedroht.
Mit dem EU-Finanz-Anpassungsgesetz 2019 (EU-FinAnpG 2019) wurde in Österreich unter anderem die 5. EU-Geldwäscherichtlinie in nationales Recht umgesetzt. Aufgrund geänderter EU-Vorgaben wurde aus dem WiEReG-Register in weiterer Folge ein öffentliches Register, in welches gemäß § 10 WiEReG grundsätzlich jedermann (kostenpflichtig) Einsicht nehmen und sich so über die wirtschaftlichen Eigentümer eines Rechtsträgers informieren konnte.
Um jedoch die wirtschaftlichen Eigentümer einigermaßen zu schützen, wurde mit dem JStG 2018 der neue § 10a WiEReG geschaffen. Demgemäß konnten wirtschaftliche Eigentümer bei individueller Gefährdung schriftlich beantragen, die Einsicht von gewissen Daten im Register einzuschränken. Dies war in Fällen möglich, bei denen der wirtschaftliche Eigentümer nachweisen konnte, dass einer öffentlichen Einsichtnahme (unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls) überwiegende schutzwürdige Interessen seinerseits entgegenstehen würden (Einschränkung der Einsicht). Diese Form der Einschränkung bewirkte, dass in Registerauszügen für die beantragten Rechtsträger die Daten über den betreffenden wirtschaftlichen Eigentümer nicht angezeigt wurden, sondern stattdessen auf die Einschränkung gemäß § 10a WiEReG hingewiesen wurde.
Die bisherige (nationale) Rechtsprechung war hinsichtlich dieser Einschränkung der Einsicht jedoch sehr restriktiv. Demgemäß war die Bewilligung der Einschränkung der Einsicht in das Wirtschaftliche Eigentümer Register gemäß § 10a WiEReG nur bei hinreichendem Nachweis von „außergewöhnlichen Umständen“ möglich und damit in der Praxis auf wenige Ausnahmefälle beschränkt (vgl VwGH 15.12.2020, Ro 2020/13/0010; siehe dazu auch unseren NL-Beitrag „WIEREG | Wann ist eine Einschränkung der Registereinsicht zulässig?“ vom 21.6.2021).
Aufhebung der öffentlichen Einsicht durch den EuGH
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nunmehr mit seinem Urteil vom 22.11.2022 (Luxembourg Business Register, C-37/20, und Sovim, C-601/20) die fragliche Bestimmung der 5. Geldwäscherichtlinie betreffend die öffentliche Registereinsicht aufgehoben:
Im gegenständlichen Fall war die Umsetzung der EU-Vorgaben in Luxemburg strittig. Das Höchstgericht begründet seine Entscheidung damit, dass die öffentliche Einsicht der wirtschaftlichen Eigentümer einen Eingriff in deren Recht auf die Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art 7 sowie deren Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten gemäß Art. 8 der Charta der Grundrechte der EU darstelle. So wurde insbesondere die Möglichkeit, von jedermann umfassende Daten einer natürlichen Person über ein Register abzurufen und gegebenenfalls auf Vorrat zu speichern, als schwerer Eingriff in Art 7 und Art 8 GRC gewertet.
Nach Ansicht des EuGH ist eine öffentliche Einsicht im Hinblick auf die Zielsetzung der 5. Geldwäscherichtlinie nicht erforderlich und nicht verhältnismäßig. Der EuGH stellte daher mit seinem Urteil vom 22.11.2022 fest, dass Art 1 Nr. 15 der 5. Geldwäsche-Richtlinie zur Änderung des Art 30 Abs 5 Unterabs 1 lit c der 4. Geldwäsche-Richtlinie ungültig ist, weil die neue Fassung den unbeschränkten Zugang der Öffentlichkeit zu den in den wirtschaftlichen Eigentümer-Registern gespeicherten Daten ermöglicht. Im Originaltext lautet der zusammenfassende Urteilsspruch wie folgt:
„Art. 1 Nr. 15 Buchst. c der Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU ist ungültig, soweit durch diese Bestimmung Art. 30 Abs. 5 Unterabs. 1 Buchst. c der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission dahin geändert wurde, dass dieser Art. 30 Abs. 5 Unterabs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2015/849 in seiner so geänderten Fassung vorsieht, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer der in ihrem Gebiet eingetragenen Gesellschaften oder anderen juristischen Personen in allen Fällen für alle Mitglieder der Öffentlichkeit zugänglich sind.“
Auswirkungen auf Österreich
Die bisherige uneingeschränkte öffentliche Zugänglichkeit der Register hat gemäß der aktuellen EuGH-Rechtsprechung zu unterbleiben. Mit Aufhebung des Art. 30 Abs. 5 (idF der 5. Geldwäscherichtlinie) ist gleichsam auch die europarechtliche Grundlage für eine öffentliche Einsicht gem. § 10 WiEReG weggefallen. Aus dem EuGH-Urteil folgt aufgrund des Anwendungsvorrangs der EU-Grundrechtscharta zudem, dass § 10 WiEReG in der derzeitigen Fassung nicht mehr angewendet werden darf.
Die WiEReG-Registerbehörde (BMF) hat daher die Anwendung der öffentlichen Einsicht bereits mit 24.11.2022, nach der Veröffentlichung des EuGH-Urteils, offline gestellt. Für Behörden und „Verpflichtete“ (wie insbesondere Kreditinstitute, Rechtsanwälte, Steuerberater/Wirtschaftsprüfer, …) bleibt jedoch der Zugang wie bisher möglich; dies auch vor dem Hintergrund, dass nach wie vor die laufenden Meldungen und Überprüfungen der wirtschaftlichen Eigentümer durch die dazu Verpflichteten vorzunehmen sind.
Wie sich die aktuelle EuGH-Entscheidung generell bzw längerfristig auswirken wird, bleibt abzuwarten. So dürfte es insbesondere notwendig sein, dass die EU den derzeitigen Vorschlag für die 6. Geldwäsche-Richtlinie noch entsprechend anpasst.
Weiterführende Informationen zum WiEReG
Zu den Grundsätzen des WiEReG bzw insbesondere zur Frage der Feststellung der wirtschaftlichen Eigentümer und zur bisherigen Rechtsentwicklung in diesem Bereich finden Sie nähere Informationen in unseren bisherigen Newsletter-Beiträgen:
- 21.06.2021: WIEREG | Wann ist eine Einschränkung der Registereinsicht zulässig?
- 24.03.2021: WIEREG | Jährliche Meldepflicht und Compliance-Package
- 18.08.2019: WIEREG | Jährliche Überprüfung und aktuelle Änderungen
- 18.12.2018: WIEREG | Ende der Schonfrist für Erstmeldungen!
- 20.9.2018: WIEREG | Gesetzesänderungen und aktuelle Hinweise
- 17.5.2018: WIEREG | BMF-Updates und Verlängerung der Meldefrist bis 15.8.2018!
- 17.4.2018: WIEREG | Korrekte Feststellung der wirtschaftlichen Eigentümer!
- 14.3.2018: NEUE MELDEPFLICHT | Registrierung der wirtschaftlichen Eigentümer bis 1.6.2018!
FAZIT
Durch ein kürzlich veröffentlichtes EuGH-Urteil wurde die bisher auch in Österreich sehr weitreichende öffentliche Einsicht in das Register als nicht verhältnismäßig und somit EU-widrig eingestuft. Die öffentliche Einsicht in das österreichische WiEReG-Register ist daher bereits seit 24.11.2022 nicht mehr möglich. Interessant ist dies auch vor dem Hintergrund, dass die österreichische Rechtsprechung (VwGH) zur Einschränkung der Einsicht bisher sehr restriktiv war und diese nur in ganz bestimmten (Ausnahme-)Fällen als zulässig erachtete.
Welche Auswirkungen die EuGH-Entscheidung auf die anstehende 6. Geldwäsche-Richtlinie haben wird, bleibt noch abzuwarten.