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DOPPELBESTEUERUNG | BFG verweigert Anrechnungsvortrag

Im Erkenntnis des BFG vom 27.1.2025, RV7/7103662/2023 begehrte eine in Österreich ansässige Kapitalgesellschaft, als Gruppenträgerin den Vortrag von nicht anrechenbaren italienischen und britischen Körperschaftsteuern, die von den Gewinnen der dort gelegenen Betriebsstätten erhoben worden sind. Das BFG verweigerte einen Anrechnungsvortrag, allerdings mit nicht überzeugenden Gründen.

Der Sachverhalt

Eine in Österreich unbeschränkt steuerpflichtige und im Verhältnis zu Großbritannien und Italien in Österreich ansässige Kapitalgesellschaft entrichtete für ihre in Italien und in Großbritannien gelegenen Betriebsstätten im Jahr 2020 ausländische Körperschaftsteuern in Höhe von insgesamt EUR 83.866,oo. Aufgrund einer Verlustsituation im streitgegenständlichen Zeitraum beantragte die Kapitalgesellschaft als Gruppenträgerin beim österreichischen Finanzamt, im Rahmen des Feststellungsbescheides über einen Anrechnungsvortrag abzusprechen. Begründet wurde dies damit, dass ein Anrechnungsvortrag unmittelbar aus Art. 23 Abs. 3 lit a des österreichisch-italienischen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) bzw Art. 23 Abs. 1 lit a des österreichisch-britischen DBA abzuleiten sei. Das Finanzamt verweigerte die bescheidmäßige Feststellung eines Anrechnungsvortrages.

Die Entscheidung des BFG

Das BFG bezog sich auf die bisherige Rechtsprechung des VwGH, wonach die Anrechnung von ausländischen Steuern in jenem Jahr zu erfolgen habe, in dem das Wirtschaftsjahr endet, in dem diese Einkünfte steuerlich erfasst worden sind. Das ergäbe sich  einerseits aus dem in § 2 Abs. 1 EStG und § 4 Abs. 1 EStG iVm § 24 Abs. 1 und 3 KStG geregelten Grundsatz der Periodenbesteuerung, andererseits aus dem Wortlaut der Anrechnungsbestimmung in den DBA, wonach ausländische Steuern auf die von diesen Einkünften erhobenen Steuern anzurechnen sind.

Bei fehlender inländischer Steuerbelastung im Jahr der Erfassung der ausländischen Einkünfte in Österreich könne demnach keine Anrechnung ausländischer Steuern erfolgen (zB VwGH 27.6.2023, Ra 2020/13/0043-8). Dies sei unabhängig davon, ob es sich dabei um Quellensteuern oder im Veranlagungsweg im Ausland erhobene ertragsabhängige Steuern handle.

Der von der österreichischen Kapitalgesellschaft vertretenen Rechtsauffassung, dass die in § 10a Abs. 9 KStG im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung bzw des Methodenwechsels vorgesehene Möglichkeit, ausländische Körperschaftsteuer auf die österreichische Steuerschuld anzurechnen auf den gegenständlichen Fall analog anzuwenden sei, ist das BFG entgegengetreten. Eine analoge Anwendung einer Gesetzesbestimmung auf andere, nicht von dieser Regelung explizit erfassten Sachverhalte, sei nämlich nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, insbesondere bei Bestehen einer echten, das heißt planwidrigen Rechtslücke. Eine solche wurde jedoch vom BFG aufgrund einer durch die Rechtsprechung des EuGH bedingten anderen Zielsetzung des § 10a Abs. 9 KStG nicht erkannt (EuGH 10.2.2011, C-436/08 und C-437/08).

Nach Ansicht des BFG handelt es sich bei der Verweigerung eines Anrechnungsvortrages um eine steuerpolitische Entscheidung des Steuergesetzgebers, der die daraus resultierenden Folgen bewusst in Kauf nehme. Ein fehlender Anrechnungsvortrag habe zwar eine juristische Doppelbesteuerung aufgrund einer intertemporalen Mehrfachbesteuerung beim selben Steuerpflichtigen zu Folge. Ursache dafür seien allerdings die unterschiedlichen Steuerrechtsordnungen der DBA-Vertragsstaaten, weshalb sich für Österreich keine Verpflichtung ergäbe, die daraus resultierende Doppelbesteuerung zu vermeiden.  Auch nach der Rechtsprechung des EuGH sei ein Ansässigkeitsstaat nicht verpflichtet, Vorkehrungen gegen Nachteile zu treffen, die sich aus der Ausübung der aufgrund eines DBA zwischen den Mitgliedstaaten aufgeteilten Besteuerungsbefugnisse ergeben (EuGH 25.2.2022, C-403/19, Société Generale Rn 19; EuGH 10.2.2011, C-436/08 und 437/08, Haribo und Österreichische Salinin AG, Rn 170; EuGH 16.7.2009, C-128/08, Rn 30 und 34, Damseaux). 

Gegen das Erkenntnis wurde kein ordentliches Rechtsmittel zugelassen.

Kritische Würdigung

Die fehlende Möglichkeit eines Anrechnungsvortrages bewirkt, dass in einem Veranlagungszeitraum positive Auslandseinkünfte den Verlustvortrag kürzen und damit in Folgejahren im Inland höhere Einkünfte zu versteuern sind. Die ausländischen Steuern, die in Vorjahren auf die Auslandseinkünfte entfallen sind, dürfen jedoch in Österreich nicht angerechnet werden. Das hat zur Folge, dass bei negativem Welteinkommen Doppelbesteuerung nicht verhindert werden kann. Der Rechtsansicht des BFG, dass der Anrechnungsvortrag auch auf Grundlage des Methodenartikels in den DBA  zu verweigern ist, muss entgegengehalten werden, dass sich Österreich in seinen DBA verpflichtet hat, auf die vom Einkommen einer Person zu erhebende (österreichische) Steuer, jenen Betrag anzurechnen, welcher der im anderen Staat gezahlten Steuer entspricht. Eine Einschränkung auf einen bestimmten Zeitraum lässt sich daraus allerdings nicht ableiten. Die Anrechnungsverpflichtung bezieht sich nämlich nicht auf die in einem bestimmten Veranlagungszeitraum erhobene Steuern, sondern auf jene ausländischen Steuern, die vom ausländischen Einkommen erhoben werden. Wirtschaftlich betrachtet besteuert Österreich die in einem Verlustjahr bezogenen Auslandseinkünfte, nachdem diese den Verlustvortrag gekürzt haben, in einem Folgejahr. Deshalb ist es notwendig  und abkommenskonform, in diesem Jahr die im Ausland auf die Auslandseinkünfte des Vorjahres erhobenen Steuern zur Anrechnung zuzulassen. 

FAZIT

Das jüngste Erkenntnis des BFG, das wiederum die Möglichkeit des Vortrages nicht anrechenbarer ausländischer Steuern versagt, widerspricht unseres Erachtens dem Abkommensrecht. Es kann nicht Sinn und Zweck eines DBA sein, nur aufgrund einer zeitlich unterschiedlichen Wirksamkeit von Auslandseinkünften in der österreichischen Steuererklärung, die Anrechnung ausländischer Steuern zu versagen. Nicht anrechenbare Auslandssteuern belasten das Unternehmensergebnis. Ist absehbar, dass eine Verwertung ausländischer Steuern in Österreich nicht zugelassen wird, müssen ausländische Steuern im Preis für grenzüberschreitende Warenlieferungen und Dienstleistungen berücksichtigt werden. Das beeinträchtigt die Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Unternehmer im Verhältnis zu jenen Staaten, die den Vortrag der in einem Veranlagungszeitraum nicht anrechenbaren Steuern zulassen. Zu diesen Staaten zählen etwa Finnland, Italien, Lettland, die Niederlande, Portugal, Schweden und Spanien. Italien lässt sogar einen Anrechnungsrücktrag zu. Es besteht Handlungsbedarf des österreichischen Gesetzgebers.

Zu dieser Thematik haben wir bereits in der Vergangenheit berichtet: 

Gerne unterstützen wir Sie bei der Verwertung Ihrer ausländischen Steuern in Österreich. Die Verfasser sowie auch unsere Service Line "International Tax" stehen Ihnen gerne zur Verfügung.