NEWS  |   |  

GLOBALE MINDESTBESTEUERUNG | Die Umsetzung von Pillar II beginnt!

Im Dezember 2021 hat die OECD nach jahrelangen Vorbereitungen eine Modellgesetzgebung zur Einführung einer globalen Mindestbesteuerung (PILLAR II) veröffentlicht und im März 2022 durch einen Kommentar und eine Beispielesammlung ergänzt. Die EU-Kommission hat darauf mit einem Richtlinienvorschlag reagiert, der jedoch bislang am Veto Ungarns gescheitert ist und es anlässlich des ECOFIN am 4.10.2022 nicht einmal auf die Tagesordnung geschafft hat. Die fehlende Einstimmigkeit im Rat hat Frankreich, Deutschland, Italien, die Niederlande und Spanien („BIG 5“) dazu veranlasst, sich in einer gemeinsamen Erklärung vom 9.9.2022 („Joint Statement“) zu einer raschen unilateralen Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung ab 2023 zu bekennen, um internationale Steueroptimierung und -vermeidung wirksamer bekämpfen zu können. Staaten wie Großbritannien und die Niederlande haben bereits erste Schritte zur nationalen Implementierung von Pillar II gesetzt, andere Staaten stehen in den Startlöchern und haben bereits öffentliche Konsultationen begonnen. Über diese aktuellen Umsetzungsmaßnahmen in verschiedenen Ländern möchten wir Sie im nachfolgenden Beitrag informieren.

Über die bevorstehende globale Mindestbesteuerung („PILLAR II“) haben wir Sie im Rahmen unseres Newsletters bereits mehrfach informiert (vgl zuletzt unseren NL-Beitrag „SCHWEIZ | Umsetzung der OECD-Mindestbesteuerung ab 1.1.2024“ vom 22.9.2022 sowie die am Ende dieses Beitrages angebrachten Hinweise). Nachfolgend möchten wir Sie über aktuelle Entwicklungen in verschiedenen Ländern informieren:
 

Gesetzesentwurf in den Niederlanden


​​​​​​​Als einer der ersten Staaten haben die Niederlande in Umsetzung des „Joint Statement“ im Rahmen eines „Minimum Tax Rate Act 2024“ einen Gesetzgebungsvorschlag zur Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung präsentiert. Die Regelung wurde in ein eigenes Gesetz gegossen, weil die effektive Mindestbesteuerung auf internationalen Rechnungslegungsstandards (zB IFRS) aufbaut und nicht auf den im niederländischen Körperschaftsteuergesetz 1969 vorgesehenen steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften. Damit soll ein von der übrigen Steuergesetzgebung und dem Abkommensrecht der Niederlande losgelöster gesonderter Rahmen zur Umsetzung von Pillar II geschaffen werden.

Die Niederlande beabsichtigen, von der im EU-Richtlinienentwurf vorgesehenen Option zur Einführung einer „Qualified Domestic Minimum Tax“ (QDMT) Gebrauch zu machen. Diese soll sicherstellen, dass allenfalls in den Niederlanden aufgrund besonderer Besteuerungsregime (zB „Innovation Box“) niedrig besteuerte Gewinne innerstaatlich auf den 15 %igen Mindeststeuersatz angehoben werden, um diese Gewinne nicht einem anderen Staat zur Besteuerung überlassen zu müssen. Im Übrigen folgt der Gesetzesentwurf weitestgehend der OECD-Modellgesetzgebung bzw dem Richtlinienvorschlag der EU-Kommission in der Fassung des „Kompromisstextes“ vom 16.6.2022. Der Gesetzesentwurf wird durch einen ausführlichen Kommentar ergänzt. Niederländische Interessensvertretungen können bis zum 5.12.2022 zu dem Entwurf Stellung nehmen.

Die „Income Inclusion Rule“ (IIR) und die „Undertaxed Profits Rule“ (UTPR) sollen für Geschäftsjahre in Kraft treten, die am oder nach dem 31. Dezember 2023 bzw im Fall der UTPR am oder nach dem 31. Dezember 2024 beginnen.
 

Gesetzesentwurf in Großbritannien


​​​​​​​Bereits am 20.7.2022 hatte das britische Finanzministerium einen Gesetzesentwurf zur nationalen Einführung einer globalen Mindestbesteuerung veröffentlicht, der bis 14.9.2022 begutachtet werden konnte und im Rahmen des Finanzgesetzes 2022/23 verabschiedet werden soll. Zum britischen Gesetzesentwurf sind die folgenden Details bekannt:

  • Der britische Gesetzesentwurf entspricht im Wesentlichen der OECD-Modellgesetzgebung und sieht eine „Top-up Tax“ vor, die grundsätzlich auf Basis einer „Income Inclusion Rule“ (IIR) erhoben werden soll. Auch die „Undertaxed Profits Rule“ (UTPR) soll als „backstopp“ übernommen werden, wobei diesbezüglich noch keine detaillierten Regelungen verfügbar sind.
  • Die Einführung einer „Domestic Minimum Tax (DMT) ist geplant, um sicherzustellen, dass Gewinne aus britischen Wirtschaftstätigkeiten auch tatsächlich in Großbritannien besteuert werden können.
  • Einzelne Details zur Berechnung des „GloBE-Income“, der „Effective Tax Rate“ (ETR) und der Berücksichtigung latenter Steuern sind derzeit noch offen. Ebenso die konkrete Festlegung jener Steuerarten, die als „Covered Taxes“ in die Berechnung der ETR Eingang finden.
  • Anders als die Modellgesetzgebung der OECD beschäftigt sich der britische Gesetzesvorschlag auch mit Einzelheiten zur Frage der Koexistenz von Pillar II und den US-amerikanischen Regeln zu „Global-Intangible-Low-Taxed-Income“ (GILTI).
  • Bezüglich der Erklärungs- und Berichterstattungspflichten der von Pillar II erfassten Unternehmensgruppen bekräftigt Großbritannien seine Absicht, die Verwaltungs- und Compliance-Anforderungen für Unternehmen durch Einsatz digitaler Tools weitgehend zu vereinfachen.
  • Großbritannien ist zudem bestrebt, auf internationaler Ebene weitere Vereinfachungen zu bewirken, insbesondere durch die Einführung von „Safe-Harbour-Regelungen“, die sich zB aus dem bereits vorhandenen Country-by-Country-Reporting (CBCR) ergeben können. Auch für Staaten, die ohnehin eine QDTM in ihr nationales Steuerrecht übernehmen, können Ausnahmen geschaffen werden.

Großbritannien beabsichtigt, die Regelungen erstmals für Steuerjahre wirksam werden zu lassen, die am oder nach dem 31. Dezember 2023 beginnen.
 

Viele Staaten setzen bereits erste Schritte


​​​​​​​Staaten, die sich zur Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung nach Maßgabe der OECD-Modellgesetzgebung vom Dezember v. J. politisch bekannt haben, können diese grundsätzlich auch im Alleingang in ihr innerstaatliches Steuerrecht übernehmen. Allerdings wird es notwendig sein, dass sich zumindest eine „kritische Menge“ von Staaten zur Übernahme von Pillar II bekennt. Aus heutiger Sicht sollte diese kritische Menge erreicht werden können, wenngleich das Verhältnis von Pillar II zu den US-GILTI-Regeln, die nicht OECD-konform sein dürften, noch unklar ist. Bislang ist bekannt, dass Australien, Kanada, Malaysia, Neuseeland, Südafrika und die Schweiz eine öffentliche Konsultation zu Einführung einer globalen Mindestbesteuerung gesetzt haben. In Südkorea liegt ein Gesetzesentwurf vor. Hongkong, Indonesien, Singapur und die Schweiz planen die Umsetzung.

Nachdem Österreich Mitglied der „Steering Group“ - also jenes inneren Kreises des aus 141 Staaten bestehenden OECD-Inclusive Framework on BEPS, das Pillar II entworfen hat – war und Vertreter des österreichischen BMF stets ein Bekenntnis zu Pillar II kundgetan haben, ist davon auszugehen, dass auch Österreich dem Vorhaben der „BIG 5“ in der EU folgen und Pillar II übernehmen wird. Ob das schon ab 1.1.2024 der Fall sein wird, bleibt allerdings abzuwarten.
​​​​​​​

FAZIT


Bei der von OECD/G20 entwickelten globalen Mindestbesteuerung auf Grundlage einer bereits vorliegenden Modellgesetzgebung handelt es sich um ein hochkomplexes Regelwerk. Ausgangspunkt für die Berechnung der „Global Minimum Top-up Tax“ ist ein von bekannten steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften losgelöstes modifiziertes handelsrechtliches Ergebnis. Dies ist wohl ein Grund dafür, weshalb die Staaten Pillar II in eigene Gesetze gießen und nicht in das bestehende Körperschaftsteuerrecht übernehmen werden. Während noch Anfang des Jahres Unklarheit darüber bestand, ob es Pillar II tatsächlich in die Steuerrechtsordnungen dieser Welt schaffen wird, ist angesichts der von vielen Staaten bereits gesetzten bzw zumindest geplanten Umsetzungsschritte nicht mehr zu bezweifeln, dass die globale Mindestbesteuerung Bestandteil der Rechtsordnungen vieler Staaten werden wird.

Es ist davon auszugehen, dass auch Österreich – wohl in enger Anlehnung an die Modellgesetzgebung der OECD – entsprechende Umsetzungsschritte vornehmen wird.

Wir beobachten die diesbezüglichen globalen und nationalen Entwicklungen sehr aufmerksam und werden Sie auch weiterhin mit relevanten Informationen versorgen.

Abschließend möchten wir Sie noch auf folgende zu diesem Themenbereich bereits erschienene Newsletter-Beiträge hinweisen:

Für weitere Fragen zu diesem Themenbereich stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen ExpertInnen der Service Line "International Tax" gerne zur Verfügung! ​​​​​​​