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UMSATZSTEUER | Kein RC mehr für ausländische Vermieter seit 20.7.2022!

Am 19.7.2022 wurde das Abgabenänderungsgesetz 2022 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, womit ua auch die Vermietung inländischer Grundstücke durch ausländische Unternehmer neu geregelt wurde. Aufgrund einer Änderung des § 19 Abs 1 UStG kommt es – mit Wirkung ab 20.7.2022 - bei der Vermietung von Grundstücken durch einen Unternehmer, der sein Unternehmen nicht im Inland betreibt, nicht mehr zum Übergang der Steuerschuld (Reverse Charge). Mit dem AbgÄG 2022 wird somit die Rechtslage wieder auf „Vor-Titanium“ rückgeführt: Steuerschuldner ist nun wieder der ausländische Vermieter, der seine Umsatzsteuer (sowie auch die Vorsteuern) im Veranlagungsverfahren zu erklären hat. Nachfolgend erläutern wir die aktuelle Rechtslage und zeigen auf, welche offensichtlichen und auch versteckten Fallen sich in der Änderung des Reverse Charge-Tatbestandes verbergen können.

Am 19.7.2022 wurde das Abgabenänderungsgesetz 2022 (AbgÄG 2022 - BGBl I Nr. 2022/108) kundgemacht, welches auch einige Neuerungen im Bereich der Umsatzsteuer mit sich brachte (vgl dazu auch bereits unseren NL-Beitrag „UMSATZSTEUER | Neue Verzinsung nach dem AbgÄG 2022!​​​​​​​“ vom 25.7.2022). Eine wesentliche Änderung erfolgte auch bei der Vermietung inländischer Grundstücke durch ausländische Unternehmer:
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Bisherige Rechtsentwicklung und aktuelle Gesetzesbestimmungen


Rechtslage bis 31.12.2021

Bis Jahresende 2021 waren Unternehmer, die ein im Inland gelegenes Grundstück besitzen und steuerpflichtig vermieten, als inländische Unternehmer zu behandeln. Die österreichische Finanzverwaltung vertrat in den Umsatzsteuerrichtlinien (Rz 2601b UStR) die Rechtsansicht, dass eine vermietete inländische Immobilie quasi als umsatzsteuerliche Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmers anzusehen sei. Aus diesem Grund erfolgte in diesen Fällen kein Übergang der Steuerschuld (sog. „Reverse Charge“), zumal durch diese Sichtweise ein Tatbestandsmerkmal des § 19 Abs 1 UStG nicht erfüllt war, dass nämlich der leistende Unternehmer weder sein Unternehmen im Inland betreibt noch eine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte im Inland hat.

Rechtslage von 1.1.2022 bis 19.7.2022

Mit der EuGH-Entscheidung in der österreichischen Rechtssache „Titanium“ (EuGH 3.6.2021, C-931/19wurde klargestellt, dass Unternehmer, die ein im Inland gelegenes Grundstück besitzen und steuerpflichtig vermieten, nur dann inländische Unternehmer sind, wenn sie im Inland bzw bei der Immobilie über eigenes Personal für die Leistungserbringung iZm der Vermietung verfügen, das zu autonomem Handeln befähigt. Diesem EuGH-Urteil folgend, wurde auch die in den UStR bis dato vertretene Rechtsansicht bzw die daraus resultierende Verwaltungspraxis geändert (siehe dazu unseren ausführlichen NL-Beitrag „UMSATZSTEUER | Reverse Charge für ausländische Vermieter ab 1.1.2022!“ vom 18.2.2022).

Mit Wirkung ab 1.1.2022 lag daher in Fällen, in denen der Vermieter über kein eigenes Personal verfügt, kein inländischer Unternehmer vor, sodass es zu einem Übergang der Steuerschuld kam. Die Vermietungsumsätze von ausländischen Unternehmern waren daher seit 1.1.2022 „netto“ im allgemeinen Reverse-Charge-Verfahren (RC) gemäß § 19 Abs 1 UStG abzurechnen.

Rechtslage ab 20.7.2022 (AbgÄG 2022)

Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2022 wurde nunmehr die Rechtslage wieder auf "Vor-Titanium" zurückgedreht. Im neu geregelten § 19 Abs 1 UStG idF AbgÄG 2022 („Reverse Charge für ausländische Unternehmer“) wird bei der Verrechnung von sonstigen Leistungen durch ausländische Unternehmer die Anwendung des Reverse Charge bei der Vermietung von Grundstücken ausgenommen.

Steuerschuldner bleibt somit der ausländische Vermieter, der seine Umsätze (wie auch seine Vorsteuern) im Veranlagungsverfahren zu erklären hat. Für die Novellierung des § 19 Abs 1 UStG wurde keine eigene Inkrafttretensbestimmung normiert, sodass die Neuregelung ab dem Tag nach Kundmachung des AbgÄG 2022 im Bundesgesetzblatt, somit ab 20.7.2022, anzuwenden ist.

Neben der Änderung zum Reverse Charge-Verfahren wurde auch die Haftungsbestimmung gemäß § 27 Abs 4 UStG angepasst, derzufolge die Vermietung von Grundstücken durch ausländische Unternehmer auch von der Haftungsverpflichtung des Leistungsempfängers für die auf diese Leistung entfallende Umsatzsteuer ausgenommen wurde.

Vermietungen eines inländischen Grundstückes an Nichtunternehmer (B2C) unterlagen keiner Änderung und sind daher - nach wie vor - in Österreich steuerbar und steuerpflichtig.

Beispiel: Ausländischer Investor vermietet an Hotel-Betreibergesellschaft in Österreich

Ein holländischer Unternehmer (NL) erwirbt ein Appartement in Österreich und vermietet diese Immobilie an eine österreichische Hotel-Betreibergesellschaft. Der ausländische Investor bzw Vermieter optiert zur Umsatzsteuerpflicht:

  • Bis 31.12.2021 (eine vermietete inländische Immobilie stellte bis zu diesem Zeitpunkt quasi eine „umsatzsteuerliche Betriebsstätte“ eines ausländischen Unternehmens dar): NL verrechnet mit Umsatzsteuer und erklärt Umsätze im Veranlagungsverfahren.​​​​​​​
  • 1.1.2022 bis 19.7.2022 (EuGH vom 3.6.2021, Titanium Ltd.): Vermietungsleistungen eines ausländischen Unternehmers führen zu keiner Begründung einer festen Niederlassung, wenn keinerlei personelle Ausstattung vorhanden ist (Rz 2601b UStR idF Wartungserlass 2021)
    • NL begründet keine USt-Betriebsstätte in Österreich -->
    • Vermietung ist ab 1.1.2022 für B2B-Umsätze netto mit RC abzurechnen!
  • Ab 20.7.2022 (AbgÄG 2022: Änderung § 19 Abs 1 UStG iVm § 27 Abs 4 UStG): Für Grundstücksvermietung gilt nunmehr Ausnahmetatbestand, somit seither wieder Verrechnung mit Umsatzsteuer und Veranlagungsverfahren; keine Haftungs- bzw Einbehaltsverpflichtung für Leistungsempfänger;
     

Anwendungsfälle und Zweifelsfragen

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Anwendbarkeit auf alle Grundstücksarten?

Zunächst stellt sich die Frage, ob der Ausschluss von Reverse Charge und Einbehaltungsverpflichtung für sämtliche Grundstücksvermietungen zur Anwendung kommt? Gemäß Rz 639v UStR iVm Art. 13b VO EU Nr. 282/2011 gelten als „Grundstücke“ insbesondere Gebäude, Bauwerke, bestimmte Sachen, Ausstattungsgegenstände oder Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude oder einem Bauwerk installiert sind, und die nicht bewegt werden können, ohne das Gebäude oder das Bauwerk zu zerstören oder zu verändern. Der Grundstücksbegriff ist daher sehr weit auslegbar, und faktisch kann es nunmehr zu Abgrenzungsfragen bei der Fakturierung von Vermietungen durch ausländische Unternehmer kommen, wenn es einen Interpretationsspielraum bei der Anwendung der Grundstückskriterien gibt. Darüber hinaus gilt es zusätzlich zu prüfen, ob die unechte Steuerbefreiung des § 6 Abs 1 Z 16 UStG zur Anwendung kommt bzw dies mittels Option auszuschließen ist.

Mögliche Abgrenzungsthemen könnten sich beispielsweise ergeben bei:

  • Containervermietungen (auf Dauer vs temporär)
  • Lagermiete (als Grundstücksleistung vs B2B-Grundregelleistung)
  • Leasingverträge (Operating Leasing vs Finanzierungsleasing von immobilen Gegenständen)
  • Weiterverrechnung von Übernachtungsleistungen

Beispiel: Weiterverrechnung von Übernachtungsleistungen

Bei Übernachtungsleistungen handelt es sich um Grundstücksleistungen, die gemäß § 3a Abs 9 lit b UStG in Österreich (Grundstück liegt in Österreich) steuerbar und steuerpflichtig sind. Faktisch wird also für einen kurzen Zeitraum ein „Grundstück“ in Form eines Hotelzimmers vermietet.

Besorgt ein ausländischer Unternehmer gegenüber einem weiteren Unternehmen lediglich die Unterbringung in einem österreichischen Beherbergungsbetrieb, so handelt es sich um eine Besorgungsleistung, welche im Normalfall nach den gleichen umsatzsteuerlichen Grundsätzen wie die besorgte Leistung (= Beherbergung) zu fakturieren ist, es sei denn, die Sonderregelung für Reisebüroleistungen wäre anwendbar.

Ohne die Anwendbarkeit einer Sonderregelung war bisher für die Weiterverrechnung von Nächtigungsleistungen in Österreich durch einen im Ausland ansässigen Unternehmer das allgemeine Reverse Charge-Verfahren gemäß § 19 Abs 1 UStG anzuwenden. Nunmehr haben ausländische Unternehmer jedoch auch für die Weiterverrechnung von Nächtigungsleistungen österreichische Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen. Im Zusammenhang mit der Weiterverrechnung der Hotelkosten kann somit künftig für ausländische Unternehmer eine umsatzsteuerliche Registrierungsverpflichtung in Österreich entstehen.
 

FAZIT


​​​​​​​Mit dem AbgÄG 2022 wurde ua auch das UStG 1994 neuerlich novelliert und im Zuge dessen auch die Vermietung inländischer Grundstücke durch ausländische Unternehmer neu geregelt. Durch Änderung des § 19 Abs 1 UStG wird die Vermietung von Grundstücken (durch ausländische Unternehmer) nunmehr vom Reverse Charge ausgenommen. Steuerschuldner bleibt somit der ausländische Vermieter, der seine Umsätze (und auch seine Vorsteuern) im Veranlagungsverfahren zu erklären hat. Für die Anpassung des § 19 Abs 1 UStG wurde keine eigene Inkrafttretensbestimmung vorgesehen, sodass die Neuregelung nach Kundmachung im Bundesgesetzblatt, somit ab 20.7.2022, anzuwenden ist.

Sollten Sie weitergehende Fragen haben oder Unterstützung bei der Umsetzung der umsatzsteuerrechtlichen Änderungen benötigen, stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen Expertinnen unserer Service Line "Indirect Tax & Customs" gerne zur Verfügung!