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BILANZIERUNG | Praxistipps zum Jahresende

Wieder neigt sich ein Jahr dem Ende und für viele Jahresabschlussersteller stehen in Kürze die Bilanzierungsarbeiten an. Gerne möchten wir Sie auch heuer wieder darüber informieren, worauf Sie bei den Jahresabschlussarbeiten unbedingt achten sollten und welche Vorbereitungen schon im Vorfeld getroffen werden könnten, um hoffentlich auch als Bilanzierer ein paar geruhsame Weihnachtsfeiertage genießen zu können …

Neben den allgemeinen Bilanzierungs- und Bewertungsfragen, die sich alle Jahre wieder für die Erstellung des Jahresabschlusses ergeben, sind auch heuer wieder Sondereffekte aus Folgewirkungen kriegerischer Konflikte wie der Teuerungs- und Energiekrise zu berücksichtigen. Zusätzlich zu den unmittelbaren Auswirkungen auf Absatz und Beschaffungsmärkte sind auch die Auswirkungen staatlicher Hilfsinstrumente (zuletzt: Energiekostenzuschuss II | Finale Richtline zum EKZ II veröffentlichen!) auf die Vermögen-, Finanz- und Ertragslage zu berücksichtigen.

Insoweit einzelne Bilanzierungsmaßnahmen mangels abweichender ertragsteuerlicher Vorschriften eine Maßgeblichkeit der UGB-Bilanz für die Steuerbilanz bedeuten, sollten stets auch steuerliche Überlegungen mitgedacht werden (vgl dazu im Detail auch unseren gesonderten NL-Beitrag "UNTERNEHMENSBESTEUERUNG | Tipps zum Jahresende" vom 27.11.2023"​​​​​​​).​​​​​​​

​​​​​​​Aktivitäten für den Jahresabschluss

Als Teil der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchhaltung ist der sog. Stetigkeitsgrundsatz zu beachten, der nur bei Vorliegen besonderer Umstände durchbrochen werden darf. Die wirtschaftlichen Folgen der oa Krisensituationen gelten aber NICHT als besonderer Umstand im vorstehenden Sinne, weshalb grundsätzlich auch kein Abgehen von bisher gewählten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden geboten ist. Wird hingegen eine Ermessensentscheidung anders als bisher ausgeübt (zB im Bereich der Forderungsbewertung), handelt es sich hierbei um keine Methodenänderung und demnach auch um keine anhangangabepflichtige Durchbrechung der Ansatz- und Bewertungsstetigkeit.

Anlagevermögen

Immaterielle Vermögensgegenstände und Sachanlagen

  • Es empfiehlt sich die Durchführung einer Anlageninventur in einem 3-Jahres-Zyklus.
  • Durchsicht der Anlagenzugänge auf Instandhaltungsaufwendungen oder ev. sofort abschreibbare „geringwertige Vermögensgegenstände“
    • Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2022 beginnen gilt bereits die GWG-Grenze iHv. 1.000 EUR. 
  • Kontrolle der Anlagenabgänge auf korrekte Erfassung und Darstellung der Erlöse und Buchwertabgänge in der GuV.
  • Abschreibungspläne kontrollieren (insb. Nutzungsdauern, unterjährige Inbetriebnahmen/Abgänge, Verlauf des Wertverzehrs)
    • Die degressive Abschreibung gem. § 7 Abs. 1a EStG konnte nur bis 31.12.2022 unabhängig von der im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss vorgenommenen Abschreibung in Anspruch genommen werden.
  • Überprüfung erforderlicher außerplanmäßiger Abschreibungen (bei gesunkenem beizulegendem Wert) oder gebotener Zuschreibungen nach erfolgter Wertaufholung (auch für Vermögensgegenstände des Finanzanlagevermögens).
    • generelle Zuschreibungspflicht, ausgenommen Firmenwert!
  • Die bilanzierten Investitionszuschüsse sind analog dem zugehörigen Anlagegut aufzulösen.

Finanzanlagen 

  • Rechtzeitige Anforderung von Unterlagen zur Entwicklung und Bewertung der Finanzanlagen (Beteiligungen und Wertpapiere)
    • Zur steuerlichen Anerkennung von Beteiligungsabwertungen auf den niedrigeren Teilwert bedarf es entsprechender Unternehmensbewertungen „nach wissenschaftlich anerkannten Methoden“ iSd ständigen VwGH-Rechtsprechung!
  • Berichtstermine mit etwaigen Tochtergesellschaften abstimmen

Umlaufvermögen

Vorräte

  • Inventurtermin festlegen und ggfs auch mit dem Abschlussprüfer abstimmen („Inventurbeobachtung“)
  • Rechtzeitige Aufbereitung der Informationen zur Bewertung noch nicht abrechenbarer Leistungen und unfertiger Erzeugnisse sowie terminliche Abstimmung mit den jeweiligen Projektverantwortlichen
  • Herstellungskosten haben grds auch nach Unternehmensrecht anteilige Material- und Fertigungsgemeinkosten zu inkludieren. Aufgrund des Vorsichts- bzw Imparitätsprinzips jedoch zu beachten sind eventuell gebotene Abwertungen durch retrograde Bewertung bzw Eliminierung anderweitig entstandener Überbewertungen.
    • Durch einen “Fixkostenüberhang” im Vergleich zur Normalauslastung kann es zu überhöhten Vorratsbewertungen kommen. Diese müssen erkannt und korrigiert werden (Leerkosten iZm Unterbeschäftigung). Ein Indiz könnte beantragte Kurzarbeit darstellen.  
    • Durch die Lieferkettenprobleme in der Vergangenheit wurden teils auch zu überhöhten Einkaufspreisen die Lager aufgebaut, nur um lieferfähig zu bleiben. Die aktuellen Wiederbeschaffungspreise sind zu erheben. 
    • Überbewertungen können auch durch geänderte bzw. weggebrochene Absatzmärkte zustande kommen.
  • Ein Ansatz von Verwaltungs- und Vertriebskosten ist nur noch in Ausnahmefällen möglich, insbesondere dann, wenn zusätzliche Angaben im Anhang nicht genügen, um ein möglichst getreues Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln und es sich um Aufträge handelt, deren Ausführung sich über mehr als zwölf Monate erstreckt. 

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen

  • Noch vor Jahresende offene Forderungen (ev. auch telefonisch) einmahnen bzw Hinweise für drohende Forderungsausfälle bzw. Einzelwertberichtigungen einholen. 
  • Pauschalwertberichtigungen müssen GoB-konform sein (sachgerechte Schätzung bzw ggfs statistische Erfahrungswerte)
    • steuerlich seit 1.1.2021 nunmehr ebenfalls anerkannt!
  • Ermittlung von Restlaufzeiten für den korrekten Bilanzausweis.
  • Abzinsung langfristiger Forderungen mit einem laufzeitkonformen Zinssatz.
  • Bei Forderungen gegenüber Unternehmen oder Personen mit einem Naheverhältnis (z.B. verbundene Unternehmen, Gesellschafter etc.) ist zu prüfen ob schriftliche und fremdüblich ausgestaltete Verträge vorliegen. 
    • Durch Ausgleich der Verrechnungskonten vor dem Bilanzstichtag kann eine verbotene Einlagenrückgewähr (steuerlich: verdeckte Gewinnausschüttung) vermieden werden. 
  • Forderungen mit einer Laufzeit von mehr als fünf Jahren sind jedenfalls als „Ausleihungen“ im Finanzanlagevermögen auszuweisen (§ 227 UGB).
  • Rechtzeitige Einholung externer Bestätigungen (Bankbriefe, Steuerberater- und Rechtsanwaltsbriefe.

Guthaben bei Kreditinstituten

  • Eine Fremdwährungsbewertung gemäß imparitätischem Realisationsprinzip ist durchzuführen.
  • Ermittlung von Restlaufzeiten für den korrekten Bilanzausweis.
  • Ermittlung und Aufbereitung der gegebenen Sicherheiten für den Anhang.

PRA

  • Auch unternehmensrechtlich besteht Aktivierungspflicht für Disagios (aktive Rechnungsabgrenzung) und planmäßige Abschreibung über die Kreditlaufzeit;

Aktive latente Steuern 

  • Bei Ansatz aktiver latenter Steuern auf Verlustvorträge ist durch eine Steuerplanung deren zeitnaher Verbrauch darzulegen. 
  • Der mit 1.1.2023 gesenkte KöSt-Satz von 25 % auf 24 % bzw ab 1.1.2024 auf 23 % ist bei der Berechnung der latenten Steuern erst ab jenem Zeitpunkt zu berücksichtigen, ab welchem sich die Bilanzabweichung voraussichtlich auflösen wird (vgl dazu unseren NL-Beitrag „BILANZIERUNG| Latente Steuern nach der ökosozialen Steuerreform“ vom 19.2.2022).

Eigenkapital

  • Eine Auflösung von Kapital- und Gewinnrücklagen bzw. die Zubuchung von eigenkapitalstärkenden Maßnahmen durch Gesellschafterzuschuss setzt Beschlüsse VOR dem Bilanzstichtag voraus.
  • Ausschüttungen aus dem Bilanzgewinn des laufenden Geschäftsjahrs sind erst nach Feststellung des Jahresabschlusses möglich, allerdings gibt es ggfls die Möglichkeit Vorabbeschlüsse (gem. AFRAC 4 - Dividendenaktivierung) zu fassen um bereits beim Mutterunternehmen das Ergebnis als Beteiligungsertrag erfassen zu können. 
    • Ausschüttungsbeschränkungen sind zu beachten!

Fremdkapital

Investitionszuschüsse

  • Wie bereits im Pkt. Anlagevermögen angeführt, sind Investitionszuschüsse anlag zum Anlagegut über die Nutzungsdauer verteilt aufzulösen
    • Außerplanmäßige Abschreibungen sind ebenfalls zu berücksichtigen. 
  • Die Entwicklung der passivierten Zuschüsse ist in einem Spiegel darzustellen und bei Wesentlichkeit als Anhangangabe zu ergänzen. 

Sozialkapitalrückstellungen

  • Pensionsrückstellungen (oder vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen) sind auch weiterhin zwingend nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu berechnen (§ 211 UGB), sodass die dafür benötigten Gutachten bei den dazu befugten Aktuaren zeitgerecht beauftragt werden sollten! 
    • Hinsichtlich der Parameter – insbesondere des Gehaltstrends – empfehlen wir eine Abstimmung mit dem Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüfer!
  • Demgegenüber dürfen Rückstellungen für Abfertigungsverpflichtungen und Jubiläumsgeldzusagen (oder vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen) auch durch finanzmathematische Berechnung ermittelt werden, „sofern dagegen im Einzelfall keine erheblichen Bedenken bestehen“ (§ 211 Abs 1 UGB idgF). Derartige Bedenken könnten nach den Gesetzeserläuterungen beispielsweise dann vorliegen, wenn aufgrund einer großen Mitarbeiteranzahl oder hohen Fluktuation die vereinfachte finanzmathematische Bewertung die Risiken nicht hinreichend berücksichtigen würde bzw der daraus resultierende Fehlbetrag wesentlich wäre.

Steuerrückstellungen

  • Vorbereitung der Unterlagen zur Steuerrechnung (steuerliche Mehr-Weniger-Rechnung zur Berechnung der Körperschaftsteuerrückstellung sowie allenfalls auch anzusetzender latenter Steuern)

sonstige Rückstellungen

  • Rechtzeitige Erhebung von rückstellungsrelevanten Sachverhalten
    • Eine Bewertung offener Rechtsverfahren dem Grunde und der Höhe nach durch den RA, 
    • Drohverlustpotential mit Projektverantwortlichen klären, 
    • Urlaubs- und Zeitausgleichsstände abstimmen,
    • Vertragsstrafen durch z.B. verzögerte Lieferungen/Leistungen oder durch Insolvenzen von Subunternehmern erheben,
    • Nichterfüllung von Covenants prüfen, 
    • die Inanspruchnahme von Haftungszusagen (z.B. Patronatserklärungen etc.) abstimmen,
    • etc.
  • Rückstellungen sind grundsätzlich mit dem „Erfüllungsbetrag“ anzusetzen, also jenem Betrag, den der Unternehmer voraussichtlich aufbringen muss, um die betreffende Verpflichtung zu erfüllen. Preis- und Kostensteigerungen, die bereits bekannt sind oder sich konkret abzeichnen sind zu berücksichtigen.
  • Langfristige Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr sind auch unternehmensrechtlich abzuzinsen, und zwar mit einem „marktüblichen Zinssatz“ (steuerlich hingegen unverändert mit 3,5 %)
  • Pauschalrückstellungen sind bei GoB-Konformität iS § 201 Abs 2 Z 7 UGB ebenfalls zulässig (zB Gewährleistungsrückstellung auf Basis von betrieblichen Erfahrungswerten über Produktionsfehler oä)
    • wobei derartige Pauschalvorsorgen nunmehr – analog zu PWB für Forderungen (siehe oben) - auch steuerlich anerkannt werden (§ 9 Abs 3 EStG).

Verbindlichkeiten

  • Verbindlichkeiten sind grundsätzlich mit dem „Erfüllungsbetrag“ anzusetzen (analog Rückstellungen, siehe oben). 
  • Ermittlung von Restlaufzeiten für den korrekten Bilanzausweis.
  • Ermittlung und Aufbereitung der gegebenen Sicherheiten für den Anhang

Anhangangaben für Kapitalgesellschaften

  • Kleinstkapitalgesellschaften iSd § 221 Abs 1a UGB (sog. „Micros“) haben überhaupt keinen Anhang zu erstellen (sondern div. Pflichtangaben betreffend Haftungsverhältnisse und sonstige wesentliche finanzielle Verpflichtungen gem. § 237 Abs 1 Z 2 und 3 UGB ggfs in der Bilanz anzumerken).
  • Kleine Kapitalgesellschaften haben nur die Angaben gemäß § 237 UGB zu machen (somit Befreiungen bzw Erleichterungen betreffend Informationen zu Finanzinstrumenten, Organe und Arbeitnehmer ua).
  • Mittelgroße und große Kapitalgesellschaften haben neben dem allgemeinen Rechnungslegungsgrundsatz des „true and fair view“ alle in §§ 237 bis 241 UGB je nach Größenklasse und Rechtsform verlangten Anhangangaben zu beachten (vgl zur Offenlegung von Anhangangaben auch unseren NL-Beitrag „OFFENLEGUNG | Rechtzeitige Veröffentlichung von Jahresabschlüssen“ vom 19.6.2023).

Insoweit Sie im Zuge der Erstellung des Jahresabschlusses zu der Erkenntnis gelangen, dass ao Ereignisse eingetreten sind, oder nach dem Bilanzstichtag eingetreten sind, sind diese jedenfalls im Anhang zu erläutern. Zu den diesbezüglichen Pflichten dürfen wir auf unseren Newsletter Bilanzierung |Ereignisse nach dem Abschlussstichtag vom 10.3.2019 verweisen. 

FAZIT

Viele Bilanzersteller beschäftigen sich bereits sehr ausführlich - freilich unternehmensindividuell und branchenspezifisch - mit den aktuellen Themen, zumal neben den „klassischen“ Fragestellungen insbesondere auch die korrekte Berücksichtigung der Aus- bzw. Nachwirkungen der Inflation und der Energiekrise bewerkstelligt werden müssen. Für Fragen und Unterstützung stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen MitarbeiterInnen unserer Service Lines "Audit" und "Corporate Tax​​​​​​​" natürlich gerne zur Verfügung! ​​​​​​​