BILANZIERUNG | Praxistipps zum Jahresende
Der Jahreswechsel rückt immer näher ... Dies bedeutet für viele Jahresabschlussersteller, sich bereits jetzt mit den Vorbereitungen für die Bilanzierungsarbeiten beschäftigen zu müssen. Neben den Standardthemen sind in vielen Fällen auch Sonderaspekte zu berücksichtigen (zB Unternehmen in der Krise). Eine zeitgerechte und strukturierte Herangehensweise hilft in diesem Zusammenhang, typische Fehler zu vermeiden und bestehende Gestaltungsspielräume optimal zu nutzen. Gerne möchten wir Sie daher auch heuer wieder informieren, worauf Sie bei den Jahresabschlussarbeiten achten sollten und welche Vorbereitungen schon im Vorfeld erfolgen können.
Allgemeines und aktuelle Hinweise
Neben den allgemeinen Bilanzierungs- und Bewertungsfragen, die sich alle Jahre wieder bei der Erstellung des Jahresabschlusses ergeben, sind in Zeiten wie diesen bei vielen Unternehmen auch krisenbedingte Sonderaspekte (Auswirkungen von Rezession, Inflation und Teuerung etc) entsprechend zu berücksichtigen, die besondere Auswirkungen auf den Jahresabschluss (insb. für Bewertungen und Rückstellungsbildungen) haben können.
Größenklassen
Bei der Erstellung, Prüfung und Veröffentlichung von Jahres- und Konzernabschlüssen sind verschiedene größenabhängige Rechtsvorschriften zu beachten. Je nach anwendbarer Größenklasse des Unternehmens gehen damit gewisse Erleichterungen einher. Die diesbezüglichen Größenklassen für die Rechnungslegung von Kapitalgesellschaften finden sich in § 221 UGB. In diesem Zusammenhang sei hier nochmals darauf hingewiesen, dass mit der “UGB-Schwellenwerte-Verordnung” im vergangenen Jahr eine inflationsbedingte Erhöhung der Größenmerkmale “Bilanzsumme” und “Umsatzerlöse” um 25 % erfolgte, welche erstmals für Jahresabschlüsse betreffend Geschäftsjahre beginnend ab 1.1.2024 zur Anwendung kamen (siehe dazu unseren NEWS-Beitrag “BILANZIERUNG | Größenabhängige Erleichterungen gelten ab 1.1.2024!” vom 23.11.2024). Eine etwaige Änderung der bisherigen Größenklasse ist im Rahmen der Vorbereitungsarbeiten zur Bilanzerstellung jedenfalls zu prüfen, da sich daraus unterschiedliche rechtliche Anforderungen ergeben und gegebenenfalls zusätzliche Pflichten (zB Abschlussprüfung, Konzernabschlusserstellung) entstehen oder wegfallen können.
Beachten Sie bitte im Hinblick auf die Konzernabschlussaufstellungspflicht für Unternehmensgruppen gemäß § 244 UGB insb. die Grenzwerte für die größenabhängigen Befreiungen (§ 246 UGB). Auch hier treten die Rechtsfolgen ab dem folgenden Geschäftsjahr ein, wenn zwei der drei Merkmale an zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren über- bzw unterschritten wurden.
Unternehmen in Krisensituationen
Als Teil der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchhaltung & Bilanzierung (GoB) ist der sog. Stetigkeitsgrundsatz zu beachten, der nur bei Vorliegen besonderer Umstände durchbrochen werden darf. Die wirtschaftlichen Folgen von Krisensituationen gelten jedoch NICHT als besonderer Umstand im vorstehenden Sinne, weshalb grundsätzlich auch kein Abgehen von bisher gewählten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden geboten ist. Wird eine Ermessensentscheidung anders als bisher ausgeübt (z.B. im Bereich der Forderungsbewertung), handelt es sich hierbei um keine Methodenänderung und demnach auch um keine anhangangabepflichtige Durchbrechung der Ansatz- und Bewertungsstetigkeit.
Für Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist je nach Schwere der Krise zu überprüfen, inwieweit der allgemeine Rechnungslegungsgrundsatz der Unternehmensfortführung noch aufrechtzuerhalten ist (sog. “Going Concern-Prämisse” iS § 201 Abs 2 Z 2 UGB; siehe dazu unseren gesonderten NEWS-Beitrag “UNTERNEHMENSKRISEN | Rechnungslegung in Krisenzeiten” vom 16.12.2024).
Nachfolgend möchten wir Ihnen auch heuer wieder - im Sinne einer Handlungsanleitung bzw “Checkliste” - einen allgemeinen Überblick zu einzelnen Jahresabschlussposten geben:
Aktivitäten für den Jahresabschluss (CHECKLISTE)
Anlagevermögen
Immaterielle Vermögensgegenstände und Sachanlagen
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Es sei an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass gemäß § 197 Abs 2 UGB ein ausdrückliches Aktivierungsverbot für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände besteht, während entgeltlich von Dritten (ggfs auch konzernintern!) erworbene immaterielle Vermögensgegenstände gemäß § 203 UGB mit ihren Anschaffungs- bzw Herstellungskosten anzusetzen sind. Hinsichtlich der zunehmend an Bedeutung gewinnenden KI-Investitionen und deren bilanzielle Behandlung verweisen wir auf unseren aktuellen NEWS-Beitrag “BILANZIERUNG | Behandlung Künstlicher Intelligenz im Jahresabschluss” vom 17.9.2025.
Aus bilanzpolitischer Sicht ist weiters darauf hinzuweisen, dass unternehmensrechtlich grundsätzlich verschiedene Abschreibungsmethoden (linear, geometrisch degressiv/progressiv, progressiv oder mengen- bzw leistungsabhängig) zulässig sind. Eine gewählte Methoden muss jedoch den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechen (Abschreibungsplan gemäß Wertverzehr im Zeitablauf) und darf nicht willkürlich gewechselt werden, da nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchhaltung und Bilanzierung (GoB) das sog. Stetigkeitsprinzip zu beachten ist.
Im Zusammenhang mit öffentlichen Zuwendungen haben Unternehmen überdies die Möglichkeit, nicht rückzahlbare Investitionszuschüsse nach der Brutto- oder Nettomethode darzustellen. Bei der Nettomethode werden die gewährten Zuschüsse direkt von den Anschaffungskosten des geförderten Vermögensgegenstandes abgezogen. Bei der Bruttomethode hingegen wird der Zuschuss einem eigenen Bilanzposten nach dem Eigenkapital zugeführt, welcher den Charakter eines Rechnungsabgrenzungspostens hat. In der Gewinn- und Verlustrechnung ist der “Verbrauch” der Investitionszuschüsse entweder im Posten „Übrige sonstige betriebliche Erträge“ oder als offener Korrekturposten zu den Abschreibungen auszuweisen (Auflösung im Zeitablauf).
Insoweit einzelne Bilanzierungsmaßnahmen mangels abweichender ertragsteuerlicher Vorschriften eine Maßgeblichkeit der UGB-Bilanz für die Steuerbilanz bewirken, sollten stets auch steuerliche Überlegungen mitgedacht werden (vgl zu dieser Thematik unseren gesonderten NEWS-Beitrag “UNTERNEHMENSBESTEUERUNG | Tipps zum Jahresende” , zuletzt vom 6.11.2024).
Finanzanlagen
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Das Anlagevermögen ist grundsätzlich nur bei voraussichtlich dauernder Wertminderung auf den niedrigeren “beizulegenden Wert” am Bilanzstichtag abzuschreiben (sog. “gemildertes Niederstwertprinzip”). Bei Finanzanlagen dürfen derartige außerplanmäßige Abschreibungen jedoch auch dann vorgenommen werden, wenn die Wertminderung nicht dauerhaft ist (§ 204 Abs 2 UGB).
Umlaufvermögen
Vorräte
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Grundsätzlich sind nach den unternehmensrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden einzeln zu bewerten, jedoch besteht nach § 209 Abs 2 UGB ua für das Vorratsvermögen die Möglichkeit, gleichartige Gegenstände in Gruppen zusammenzufassen und mittels Bewertungsvereinfachungsverfahren zu bewerten (Identitätspreisverfahren, Durchschnittspreisverfahren, FIFO, LIFO, HIFO, LOFO, Festwertverfahren). Je nach Preisentwicklung führen die verschiedenen Verbrauchsfolgeannahmen zu unterschiedlichen Bilanzwerten. Es ist jedoch auch hier wiederum das Stetigkeitsprinzip zu beachten.
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen
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Sonstige Forderungen und Verbindlichkeiten
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Guthaben und Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten
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Rechnungsabgrenzungsposten (ARA/PRA)
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Aktive latente Steuern
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Zudem ist darauf hinzuweisen, dass kleine Kapitalgesellschaften ein generelles Wahlrecht bezüglich des Ansatzes aktiver latenter Steuern haben, wohingegen mittelgroße und große Gesellschaften zum Ansatz aktiver latenter Steuern verpflichtet sind.
Eigenkapital
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Fremdkapital
Investitionszuschüsse
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Sozialkapitalrückstellungen
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Im Zusammenhang mit der Berechnung der Sozialkapitalrückstellungen möchten wir noch darauf hinweisen, dass man hinsichtlich Ansammlungsverfahren zwischen dem Teilwertverfahren oder dem Verfahren der laufenden Einmalprämien (PUC-Methode) wählen kann. Die beiden Methoden unterscheiden sich in der Höhe der Dotierungsbeträge in den einzelnen Perioden, weisen jedoch am Ende der Laufzeit die gleiche Gesamtverpflichtung aus.
Als Zinssatz kann gemäß § 211 Abs 2 UGB zwischen dem marktüblichen Zinssatz am Abschlussstichtag und einem Durchschnittssatz, der sich auf eine angenommene Restlaufzeit von 15 Jahren bezieht, gewählt werden. Für letzteren wird empfohlen, sich gemäß § 253 Abs 2 dHGB an den Abzinsungssätzen der Deutschen Bundesbank zu orientieren.
Steuerrückstellungen
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Sonstige Rückstellungen
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Darüber hinaus möchten wir noch darauf hinweisen, dass keine Verpflichtung zur Rückstellungsbildung von nicht wesentlichen Beträgen besteht. Ein nicht wesentlicher Betrag iS § 198 Abs 8 Z 3 UGB kann dann angenommen werden, wenn dessen Weglassen keinen Einfluss auf Entscheidungen nimmt, die auf Basis des Jahresabschlusses getroffen werden.
Verbindlichkeiten
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Gewinn- und Verlustrechnung
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Anhang
Der Anhang ist Teil des Jahresabschlusses von Kapitalgesellschaften. Die größenabhängigen Erleichterungen für Jahresabschlüsse betreffen insbesondere den Umfang der Anhangangaben:
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Lagebericht
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Im Lagebericht (§§ 243 ff UGB) ist für größere Unternehmen künftig auch die neue Nachhaltigkeitsberichterstattung abzuhandeln (siehe dazu unsere zahlreichen NEWS-Beiträge, zuletzt “ESG | Omnibus - Aktuelle Entwicklungen rund um ESG” vom 10.10.2025).
Weiters dürfen wir an dieser Stelle auch nochmals auf die Offenlegungspflichten von Jahresabschlussdaten beim Firmenbuch hinweisen (siehe dazu im Detail unseren NEWS-Beitrag „OFFENLEGUNG | Neuerungen für Veröffentlichung von Jahresabschlüssen!" vom 21.07.2025).
FAZIT
Viele Bilanzersteller - insbesondere jene, deren Geschäftsjahr mit dem Kalenderjahr übereinstimmt - haben sich bereits jetzt intensiv mit den für die Rechnungslegung aktuellen und relevanten Themen auseinanderzusetzen, wobei im Jahresabschluss in vielen Fällen - freilich unternehmensindividuell und branchenspezifisch - neben den „klassischen“ Fragestellungen auch Sonderaspekte zu berücksichtigen sind (zB Krisenszenarien).
Im Hinblick auf das nahende Jahresende möchten wir an dieser Stelle auch auf unser gesamtes Leistungsportfolio rund um die Jahresabschlussarbeiten hinweisen (Bilanzierung - ICON Wirtschaftstreuhand GmbH). Zudem bieten wir im Rahmen der “ICON TAX Academy” praxisnahe Webinare zu aktuellen Bilanzierungsthemen an:
- Kostenlos | ICON LOUNGE | Praxistipps Bilanzierung am 20.11.2025
- Bilanzierung kompakt: Sonderfragen im Fokus am 02.12.2025
Nutzen Sie die Gelegenheit und machen Sie Ihr Accounting-Team fit für die bevorstehende Bilanzierungssaison. Auf Wunsch kommen wir aber auch gerne zu Ihnen mit maßgeschneiderten Inhouse-Seminaren, die auf ihre individuellen Bedürfnisse abgestimmt sind.
Für weitere Fragen zu diesen oder ähnlichen Themen, insbesondere auch rund um die IFRS-Bilanzierung, stehen Ihnen die Autoren dieses Beitrages und die übrigen ExpertInnen unserer Service Line „Corporate Tax“ sowie auch der Service Line “Audit” gerne zur Verfügung!