NACHHALTIGKEITSBERICHTERSTATTUNG | Wesentlichkeitsanalyse (EFRAG IG 1)
Im Mai 2024 veröffentlichte die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) drei Umsetzungsleitfäden, die die Unternehmen bei der Anwendung der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) unterstützen sollen. EFRAG IG 1: Materiality Assessment Implementation Guidance fokussiert sich auf die Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse gemäß den ESRS.
Über die neuen EU-rechtlichen Berichterstattungspflichten und Updates zur Nachhaltigkeitsberichtserstattung, haben wir Sie im Rahmen unseres Newsletters bis dato wie folgt informiert:
- 20.11.2021: RECHNUNGSLEGUNG | Neue Nachhaltigkeitsberichte für Unternehmen
- 18.01.2022: WIRTSCHAFTSPRÜFUNG | Neue Nachhaltigkeitsberichte aus Prüfersicht
- 15.06.2022: NACHHALTIGKEITSBERICHTERSTATTUNG | Update zu CSRD und EU-Taxonomie
- 12.12.2022: NACHHALTIGKEITSBERICHTERSTATTUNG | Update zur EU-Richtlinie (CSRD)
- 14.04.2023: NACHHALTIGKEITSBERICHTERSTATTUNG | Auswirkungen auf KMU
- 23.05.2024: NACHHALTIGKEITSBERICHTERSTATTUNG | Update zur CSRD
- 19.06.2024: NACHHALTIGKEITSBERICHTERSTATTUNG | Update zur CSDDD
- 17.07.2024: NACHHALTIGKEITSBERICHTERSTATTUNG | Neue Standards für KMU
- 23.09.2024: NACHHALTIGKEITSBERICHTERSTATTUNG | Deutsche Fassung ESRS Set 1 berichtigt
Im folgenden Beitrag möchten wir Ihnen ein Überblick zu den Inhalten des EFRAG-Umsetzungsleitfadens zur Wesentlichkeitsanalyse geben:
EFRAG-Umsetzungsleitfaden IG 1: Wesentlichkeitsanalyse
Am 31.05.2024 veröffentlichte die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) drei Umsetzungsleitfäden, die die Unternehmen bei der Anwendung der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) unterstützen sollen. „EFRAG IG 1: Materiality Assessment“ beinhaltet Anwendungshilfen zur Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse iSd ESRS, „EFRAG IG 2: Value Chain“ legt die Festlegung der Wertschöpfungskette iSd ESRS dar und „EFRAG IG 3: Detailed ESRS Datapoints“ umfasst eine Auflistung der in den ESRS enthaltenen Datenpunkte. Die EFRAG-Umsetzungsleitfäden werden nicht in EU-Recht übernommen und unterliegen keiner verpflichtenden Anwendung.
Die Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse iSd ESRS hat basierend auf dem Prinzip der doppelten Wesentlichkeit zu erfolgen. EFRAG IG 1 fasst die Anforderungen an die Wesentlichkeitsanalyse zusammen und stellt den Prozess anhand Empfehlungen und Beispielen dar. Zudem werden in EFRAG IG 1 Fragen und Antworten, die mit der Wesentlichkeitsanalyse im Zusammenhang stehen, dargelegt.
Wesentlichkeitsansatz iSd ESRS
Der Wesentlichkeitsansatz iSd ESRS fokussiert sich auf die wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chance (impacts, risks and opportunities – IRO) die mit Nachhaltigkeitsaspekten im Zusammenhang stehen. Der Wesentlichkeitsansatz in den ESRS basiert auf dem Prinzip der doppelten Wesentlichkeit. Ein Nachhaltigkeitsaspekt kann daher basierend auf seiner finanziellen Wesentlichkeit (financial materiality) und/oder Auswirkungswesentlichkeit (impact materiality) als wesentlich eingestuft werden.
Ein Nachhaltigkeitsaspekt gilt auf Basis der finanziellen Perspektive als wesentlich, wenn er finanzielle Auswirkungen für das Unternehmen auslöst oder diese zu erwarten sind. Dies liegt dann vor, wenn ein Nachhaltigkeitsaspekt tatsächliche oder erwartbare Risiken oder Chancen birgt, die einen wesentlichen Einfluss auf u.a. die Finanzlage, die Cashflows oder den Zugang zu finanziellen Mitteln haben. Auf Basis der Perspektive der Auswirkungswesentlichkeit gilt ein Nachhaltigkeitsaspekt als wesentlich, wenn er potenzielle oder tatsächliche, positive oder negative Auswirkungen auf die Gesellschaft oder die Umwelt birgt. Bei der Wesentlichkeitsanalyse iSd ESRS sind auch wesentliche Auswirkungen, Risiken und Chancen entlang der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette zu identifizieren. Weitere Umsetzungshilfe in diesem Zusammenhang sind in „EFRAG IG 2: Value Chain“ enthalten.
Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse
Bei der Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse wird in einem ersten Schritt, ein Überblick über die Aktivitäten und Geschäftsbeziehungen sowie den Kontext, in dem diese stattfinden, erlangt. In einem nächsten Schritt werden dann die tatsächlichen und potenziellen Auswirkungen, Risiken und Chancen, die mit Nachhaltigkeitsaspekten in Verbindung stehen, identifiziert. Anschließend werden die Kriterien zur Beurteilung der wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen festgelegt und angewandt. Dabei ist sowohl die finanzielle Wesentlichkeit sowie die Auswirkungswesentlichkeit zu berücksichtigen. Basierend auf den erzielten Ergebnissen der Wesentlichkeitsanalyse erfolgt die Nachhaltigkeitsberichterstattung.
Neben den einzelnen Schritten der Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse, liefert EFRAG IG 1 auch Hinweise welche Rolle Stakeholder im Rahmen der Wesentlichkeitsanalyse spielen und wie diese in den Prozess einzubeziehen sind. Dabei wird zwischen betroffenen Gruppen und Adressaten der Nachhaltigkeitsberichterstattung unterschieden. Für die Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse gibt EFRAG IG 1 auch zusätzliche Hinweise für die Festlegung von Schwellenwerten für die finanzielle Wesentlichkeit sowie für die Auswirkungswesentlichkeit.
Nutzung anderer Quellen im Rahmen der Wesentlichkeitsanalyse
Auch andere Rahmenwerke als die ESRS wenden eine Wesentlichkeitsanalyse an. Dabei unterliegen diesen anderen Prinzipien als jenen der Wesentlichkeitsanalyse iSd ESRS. In diesem Kapitel wird im Konkreten darauf eingegangen wie sich die Wesentlichkeitskonzepte der GRI Standards (GRI – Global Reporting Initiative), der ISSB Standards (ISSB – International Sustainability Standards Board), sowie internationaler Rahmenwerken zu Sorgfaltspflichten, zum Konzept der doppelten Wesentlichkeit gemäß der ESRS verhalten.
Frequently asked questions (FAQs)
Der Umsetzungsleitfaden EFRAG IG 1 enthält 25 Fragen und Antworten, die mit der Wesentlichkeitsanalyse ISd ESRS im Zusammenhang stehen. Diese fokussieren sich auf die Perspektive der Auswirkungswesentlichkeit, die Perspektive der finanziellen Wesentlichkeit, den Prozess der Wesentlichkeitsanalyse, die Einbeziehung von Stakeholdern sowie die Berichterstattung und Artikel 8 der EU-Taxonomie Verordnung.
FAZIT
EFRAG veröffentlichte im Mai 2024 drei Umsetzungsleitfäden (Implementation Guidance), darunter „EFRAG IG 1: Materiality Assessment“. EFRAG IG 1 soll die Unternehmen, die eine Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß ESRS erstellen, bei der Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse unterstützen. Dabei ist die Wesentlichkeitsanalyse auf dem Prinzip der doppelten Wesentlichkeit zu basieren, womit ein Nachhaltigkeitsaspekt als wesentlich zu erfassen ist, wenn dieser wesentliche finanzielle Auswirkungen und/oder wesentliche potenzielle oder tatsächliche, positive oder negative Auswirkungen auf die Gesellschaft oder die Umwelt hat.
Gerne werden wir Sie im Rahmen unseres Newsletters auch weiterhin über die weiteren Entwicklungen zu diesem Themenkomplex informieren.
EFRAG (2024), EFRAG IG 1: Materiality Assessment Implementation Guidance, IG 1 Materiality Assessment_final.pdf (efrag.org)